Die Österreichische Kinderliga ist ein nationales Netzwerk aus Ärztinnen und Ärzten, Psychologen und anderen Fachkräften aus allen medizinischen Bereichen. Das Bündnis setzt sich für die psychische und physische Gesundheit von Jugendlichen und Kindern ein. Eine Untersuchung der Kinderliga hat nun ergeben, dass es beim Zugang von Kindern zu Therapiemöglichkeiten große Unterschiede gibt.
In Vorarlberg gehen demzufolge die Kinder und Jugendlichen deutlich öfter zur Physiotherapie als in anderen Bundesländern. Pro 1.000 Kinder und Jugendliche sind der Sozialversicherung mehr als 300 Stunden Physiotherapie verrechnet worden – nur in Tirol waren es mehr. Das liege aber nicht daran, dass die Kinder beispielsweise in Wien fitter als bei uns sind, sondern daran, dass das Kassa-Angebot an Physiotherapie in Vorarlberg besser ist, heißt es bei der Kinderliga.
Träger können unterschiedlich mit der SV abrechnen
Ganz anders sieht es beispielsweise bei der Therapie von Sprachstörungen aus: Für Logopädie wurden pro 1.000 Kinder nur 128 Stunden mit der Sozialversicherung abgerechnet. Bei der Ergotherapie waren sogar nur 22 Stunden. In keinem anderen Bundesland waren es weniger. Laut Kinderliga auch, weil Ergotherapie und Logopädie oft von Trägern angeboten werden, die nicht mit der Sozialversicherung abrechnen können.
Der Unterschied zwischen Ergo- und Physiotherapie liegt in der Zielsetzung. „Physio“ heißt Funktion: Durch Übungen und Behandlungen soll die Funktion des Körpers wiederhergestellt werden. „Ergo“ dagegen bedeutet Handlung. Ergotherapie soll die Selbstständigkeit einer Person wiederherstellen.
„Familien, aber auch die versorgenden Einrichtungen, klagen seit vielen Jahren über lange Wartezeiten auf Therapie, über Auswahl nach Lebensalter, Wohnort, aber auch Aufnahmesperren in Ambulatorien oder spezialisierten Einrichtungen. Es wurden in letzter Zeit von Seiten der Regierung, einiger Bundesländer und der Sozialversicherung Schritte in Richtung Angebotserweiterung gesetzt. Dies hat aber noch keine spürbare Entlastung der Situation bewirkt, sondern war teilweise nur ein Tropfen auf den heißen Stein", erklärt Caroline Culen, Geschäftsführerin der Österreichischen Kinderliga.
Kinderliga fordert eigenes Kinderministerium
„Nach wie vor gibt es keine Chancengerechtigkeit für Kinder und Jugendliche in Bezug auf Bildung, Gesundheit, Teilhabe u.v.m.“, sagt Christoph Hackspiel, Präsident der Österreichischen Kinderliga und fordert einmal mehr die Forderung nach einem eigenen Kinderministerium, dessen Aufgabe es sein müsste, in allen politischen Belangen die Kinderverträglichkeit, die Nachhaltigkeit von Entscheidungen und die Chancengerechtigkeit zu berücksichtigen.
Chancen-Ungleichheit kostet Milliarden
Weiters fordert Hackspiel eine Kindermilliarde für den Ausbau der oft mangelnden Versorgung und den Abbau langer Wartelisten für Therapien, sowie für die umfassende Stärkung des Bildungs- und Sozialsystems: „Chancen-Ungleichheit bedeutet nicht nur individuelles Leid, sondern stellt auch volkswirtschaftliche Milliardenverluste für unsere Gesellschaft dar und ist eine Gefährdung des sozialen Friedens“, so Hackspiel.