Brutalität, Gewalt gegen Frauen, Hausfriedensbruch, Haustür, Kriminalität, Wohnungstür, Überfall
ORF.at/Christian Öser
ORF.at/Christian Öser
„Orange the World“

16 Tage Zeichen setzen gegen Gewalt an Frauen

Die 16 Tage gegen Gewalt an Frauen umfassen die Zeit zwischen dem 25. November – dem internationalen Gedenktag für alle Frauen und Mädchen, die Opfer von Gewalt wurden – und dem 10. Dezember – dem internationalen Tag der Menschenrechte. Auch in Vorarlberg wird der Aktionszeitraum genutzt, um Gewalt gegen Frauen zu thematisieren.

„Orange the World“ (OTW) ist eine Kampagne der Frauen der Vereinten Nationen gegen Gewalt an Frauen. Nach wie vor zählt Gewalt an Frauen zu den am weitesten verbreiteten Menschenrechtsverletzungen. 16 Tage lang wird die Farbe Orange in verschiedenen Zusammenhängen verwendet, um auf das Thema Gewalt gegen Frauen aufmerksam zu machen.

16 Tage Zeichen setzen gegen Gewalt an Frauen

Auch im Jahr 2023 ist in Österreich immer noch jede dritte Frau Gewalt ausgesetzt. In Vorarlberg muss die Polizei mitunter sogar mehrmals am Tag wegen häuslicher Gewalt einschreiten. Den Tag gegen Gewalt an Frauen nehmen jetzt einige Institutionen zum Anlass, um auf dieses massive Problem hinzuweisen. 16 Tage lang.

Kaum ein Tag ohne häusliche Gewalt

In Vorarlberg muss die Polizei teilweise mehrmals am Tag aufgrund häuslicher Gewalt einschreiten: Vergangenes Jahr wurden in Vorarlberg insgesamt 518 Betretungs- und Annäherungsverbote ausgesprochen, heuer sind es mit Stand vom 23. November bereits 439.

Die ifs Gewaltschutzstelle in Vorarlberg verzeichnet heuer einen Anstieg der Fälle, berichtet deren Leiterin Angelika Wehinger auf Anfrage des ORF Vorarlberg. Im vergangenen Jahr wurden 935 Personen von der Gewaltschutzstelle begleitet, heuer sind es bis November bereits 957. Etwa 84 Prozent der Opfer sind weiblich und rund 90 Prozent der gefährdenden Personen sind männlich.

Bei den einstweiligen Verfügungen wurde der Vorjahreswert bereits überschritten: Bis 23. November waren es bereits 131, im Jahr 2022 leitete das ifs noch 111 Unterstützungen bei der Erlassung von einstweiligen Verfügungen.

Häusliche Gewalt ist überwiegend männlich

Betretungs- und Annäherungsverbote werden in Vorarlberg hauptsächlich gegen Männer angeordnet, zeigt die Statistik. Vergangenes Jahr waren über 92 Prozent der gefährdenden Personen männlich und knapp 8 Prozent weiblich. Dieser Wert bleibt bisher auch heuer annähernd gleich.

Notwohnung sehr stark ausgelastet

In der ifs Frauennotwohnung suchten im vergangenen Jahr 50 Frauen und 45 Kinder Schutz vor Gewalt, insgesamt kamen so 5.054 Belegtage durch Frauen und 5.806 Belegtage durch Kinder zusammen. Die durchschnittliche Verweildauer der Klientinnen steigt seit 2019 stetig an und hat sich seither mehr als verdoppelt. Die Komplexität der Themen, mit denen sich die Frauen auseinandersetzen müssen, aber auch die Dauer der Gerichtsverfahren hat zugenommen, berichtet Alexandra Breuß vom ifs. Auch im Jahr 2023 ist die Frauennotwohnung bislang sehr stark ausgelastet.

Orange the World
www.orangetheworld.at

Jede dritte Frau ist von Gewalt betroffen

Gewalt gegen Frauen ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, das in Österreich besonders groß ist. Nach wie vor sind die Zahlen zu Femiziden im Vergleich zu anderen EU-Ländern extrem hoch.

  • In Österreich ist jede dritte Frau von körperlicher und/oder sexueller Gewalt innerhalb oder außerhalb von intimen Beziehungen (erlebt ab dem Alter von 15 Jahren) betroffen – laut Statistik sind es nahezu 35 Prozent der weiblichen Bevölkerung.
  • Mehr als jede vierte Frau musste eine Form von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz erfahren (26,59 Prozent).
  • Mehr als jede fünfte Frau ist von Stalking betroffen (21,88 Prozent).

Der Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen, auch englisch Orange Day genannt, ist ein am 25. November jährlich abgehaltener Gedenk- und Aktionstag zur Bekämpfung von Diskriminierung und Gewalt jeder Form gegenüber Frauen und Mädchen.

Im Schnitt drei Femizide im Monat

Im Jahr 2022 wurden laut polizeilicher Kriminalstatistik in Österreich 29 Frauen – häufig von ihren (Ex-)Partnern oder Familienmitgliedern – ermordet. Monatlich werden mittlerweile etwa drei Frauen ermordet. Beim überwiegenden Teil der Morde an Frauen bestand ein Beziehungs- oder familiäres Verhältnis zwischen Täter und Opfer. Im Jahr 2023 wurden laut Medienberichten bereits 26 Frauen ermordet, davon waren mutmaßlich 25 Femizide, und es gab 41 Mordversuche bzw. Fälle schwerer Gewalt an Frauen (Stand: 15.11.2023).

Martinsturm orange beleuchtet
Privat

Gewaltschutzinfo via Kassabon

Die Initiative „16 Tage gegen Gewalt“ wird auch heuer von SPAR Vorarlberg unterstützt, um auf regionale Hilfsangebote für Betroffene von Gewalt aufmerksam zu machen: An rund 100 SPAR-Standorten im ganzen Land zum Thema Gewaltschutz informiert, die Notrufnummern und Websites für Betroffene von Gewalt sind auf den Kassabons abgedruckt und digital in der SPAR-App sichtbar.

„Mit über einer Million Kassabons täglich können wir niederschwellig viele Menschen erreichen und für das Thema sensibilisieren", erklärt Frauenlandesrätin Katharina Wiesflecker (Grüne): "Wir müssen alles unternehmen, damit von Gewalt betroffene Frauen gut über Hilfsangebote informiert sind und diese auch in Anspruch nehmen. Die Gewalt an Frauen muss endlich gestoppt werden.“

OTW-Aktivitäten in Vorarlberg

  • Dokumentarfilmpremiere “In deinen Händen“ mit Podiumsdiskussion zum Thema „Gewalterfahrungen bei der Geburt“ am Mittwoch, 29. November um 19.00 Uhr im Spielboden Dornbirn. Inhaltliche Details sowie Karten-Reservierung unter www.spielboden.at
  • Dekoration der Fußgängerbrücke Illsteg in Feldkirch von 25.11. – 10.12.2023 mit orangen Bändern durch Soroptimist International Club Feldkirch Montfort. Die Damen des Clubs sind am 25.11. vor Ort und informieren über verschiedene Arten von Gewalt und deren Anzeichen sowie über Prävention und Hilfsangebote. Soroptimist International Austria ist die weltweit größte Serviceorganisation berufstätiger Frauen mit dem Ziel, unter dem Motto „Bewusstmachen – Bekennen – Bewegen“ Frauen eine Stimme zu geben.
  • OTW-Fackelzug von der FHV zur Europapassage in Dornbirn am Donnerstag, 30. November ab 17.30 Uhr. Mahnwache mit Lesungen, Rückweg zur FHV, Ende ca. 18.45 Uhr.
  • Ende November bis 10. Dezember 2023, Kunstaktion vor der Hypo-Bank Bregenz Kunstaktion orange Autohülle über dem „Betonporsche von Gottfried Bechtold“
  • Lesung mit Diskussionsrunde am Donnerstag, 7. Dezember um 19.00 Uhr im WirkRaum Dornbirn in Bahnhofstraße 9, veranstaltet von der Caritas Vorarlberg. Die Autorin Eva Reisinger liest aus ihrem Buch „Männer töten“, die Aktivistin Verena Hofer präsentiert ihre Kampagne „Feminismus nervt“. An diesem werden unterschiedliche Ansätze beleuchtet, wie Frauen schreibend und postend Machtverhältnisse umdrehen und die Opferrolle hinter sich lassen. Provokant, bitterböse oder humorvoll überspitzend gelingt es so, Denkräume zu eröffnen, die erahnen lassen, wie sich eine Welt ohne Gewalt gegen Frauen anfühlen könnte.
Das Frauenmuseum Hittisau und die Vorarlberger Bürgermeisterinnen nehmen an der UN-Kampagne „Orange the World“ teil und setzen ein Signal gegen die Gewalt an Frauen.
Frauenmuseum Hittisau Wolfgang Schwarzmann

Orange Beleuchtungen von Wahrzeichen

  • Dornbirn: Rathaus
  • Bregenz: Martinsturm
  • Bludenz: Hl. Kreuzkirche und St. Laurentiuskirche
  • Bürs: Alter Fabriksturm
  • Thüringen: Villa Falkenhorst
  • Lustenau: Rathaus

Orange Fahnen hängen:

  • Dornbirn: FH Vorarlberg
  • Bregenz: Rathaus
  • Bludenz: Stadtzentrum sowie bei der Hl. Kreuzkirche
  • Lustenau: Rathaus

Lustenau nimmt zusammen mit drei anderen Großgemeinden in Vorarlberg an „Stoppt Gewalt an Frauen“ teil und hat eine Arbeitsgruppe dazu eingerichtet. Es werden Flyer mit Statements bekannter engagierter Lustenauer Bürger verteilt und Plakate aufgehängt. Zusätzlich gibt es eine Ausstellung.

Ausstellung in Bregenz

„Angst Trauer Wut – Zuhause im Patriarchat“ von Conny Holzer ist eine Kunstausstellung zum Thema Femizide vom Fachbereich „Frauen & Gleichstellung“ der Landeshauptstadt Bregenz: Vom 23.11. bis 8.12.2023 im Honolulu Hotel, Montfortstraße 13, Bregenz. Öffnungszeiten der Ausstellung von Mittwoch bis Samstag von 17.00 bis 22.00 Uhr, Eintritt frei. Öffentliche Führungen mit der Künstlerin am Samstag, 2. Dezember um 18.00 Uhr und am Donnerstag, 7. Dezember um 17.30 Uhr.

Bregenz  am 30.11.2020 LKH Landeskrankenhaus Bregenz Gewalt gegen Frauen
Mathis Fotografie
Orange Fahne vor dem Landeskrankenhaus Bregenz

16 Aktionstage im Bregenzerwald

Für 16 Tage schließen sich Organisationen im Bregenzerwald zusammen, um ein klares Signal gegen Gewalt zu setzen. Das Frauenmuseum Hittisau, die Initiative „Der Bregenzerwald lässt kein Kind zurück“, die ifs-Gewaltschutzstelle und ifs-Frauenberatungsstelle mit Zweigstelle in Egg sowie das Kulturbüro Bregenzerwald beteiligen sich. Ziel ist es, auf die Beratungsmöglichkeiten im Bregenzerwald aufmerksam zu machen und Menschen für das Thema Gewalt zu sensibilisieren.

„Gemeinsam gegen Gewalt im Bregenzerwald und überall“ lautet das Motto – inhaltliche Einzelheiten sind waelderkinder.com abrufbar.

Impulsvortrag und Podiumsdiskussion

Höhepunkt der 16-tägigen Aktion im Bregenzerwald ist ein Impulsvortrag mit anschließender Podiumsdiskussion mit Fokus „Wenn Sucht zur Gewalt wird“ am 7. Dezember in der Neuen Mittelschule Hittisau. Fachpersonen aus Polizei, Suchtberatung, Kinderschutz und Rechtswesen diskutieren über ihre Erfahrungen die komplexen Zusammenhänge von Suchterkrankungen und familiärer Gewalt sowie Präventionsansätze. Die Veranstaltung wird von Stefania Pitscheider Soraperra (Frauenmuseum Hittisau) moderiert und verspricht tiefe Einblicke und konstruktive Ansätze für die Prävention und das Handeln in Krisensituationen. Auch wird der Film „Tür zu“ von Sevda Chkoutova präsentiert.

Orange Sticker auf Gemeindepost

Die Bregenzerwälder Bürgermeisterinnen und Bürgermeister setzen ein sichtbares Zeichen gegen Gewalt. Jeder Brief, der die Gemeindeämter verlässt, ist mit einem Sticker beklebt. In den einzelnen Gemeinden finden sich orange Warnleuchten, die präsent in den Fenstern des Gemeindeamtes und in öffentlichen Gebäuden wie Kirchen und Büchereien aufgestellt werden. Verwendet werden dafür die energiesparenden Baustellenleuchten.