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ORF.at/Birgit Hajek
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Gesundheit

Überstunden in Spitälern: Frage nach der Verantwortung

Überstunden lassen sich in Krankenhäusern oftmals nicht vermeiden, denn das Personal ist knapp. Ob Primarärzte, die laut Verträgen auch für die Einhaltung der Arbeitszeiten sorgen müssen, oder die Krankenhausleitung: Wer verantwortlich ist, wenn die Arbeitszeiten überschritten werden, ist allerdings nicht klar. Die Ärztekammer fordert Aufklärung und hat ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben.

Wie die „Vorarlberger Nachrichten“ am Wochenende berichteten, liegt ein neues Rechtsgutachten über die Dienstverträge der Primarärztinnen und Primarärzte in den Spitälern vor. Die Ärztekammer Vorarlberg hat es in Auftrag gegeben, weil die Primarärztinnen und Primarärzte in ihrer jeweiligen Abteilung zur Verantwortung gezogen werden können, wenn das Arbeitsgesetz nicht eingehalten wird. Das wäre bei Überstunden der Fall.

Primarärzten fehlen „wesentliche Hoheiten“

Im Ernstfall würde das bedeuten, dass die Ärztinnen und Ärzte persönlich dafür haften würden und mit einer Geldstrafe belegt werden könnten. „Das Problem dabei ist, dass den Primarärztinnen und Primarärzten wesentliche Hoheiten fehlen, nämlich Personal- und Dienstposthoheit“, erklärt Hermann Blaßnig, Sprecher der Spitalsärzte und Ärztekammervizepräsident. „Somit ist es für sie schwierig, diese verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung zu übernehmen“, betont er. Das sei aus Sicht der Ärztekammer nicht statthaft.

Gesetzeskonformer Betrieb muss möglich sein

Laut Wolfgang Mazal, Experte für Arbeits- und Sozialrecht an der Universität Wien, sei es die Aufgabe der Primarärztinnen und Primarärzte, darauf zu achten, dass in den Krankenhäusern ein gesetzeskonformer Betrieb möglich sei. Das bedeute, dass es Dienstpläne geben müsse, die sicherstellen, dass genügend Personal vor Ort sei. Sollte das nicht der Fall sein, müsse das bei der Krankenhausbetriebsgesellschaft gemeldet werden, betont er.

Ärzte geben Gutachten in Auftrag

Das Personal in den Spitälern ist knapp. Überstunden lassen sich oft nicht vermeiden. Die Ärztekammer will Klarheit und hat ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben.

Aus der Diskussion über die Übernahme der Verantwortung bei Überstunden ergebe sich darüber hinaus eine zweite rechtliche Frage, sagt Blaßnig. Man müsse sich fragen, ob die Primari aus dem Krankenanstalten-Arbeitsgesetz ausgenommen seien, wenn sie selbst einspringen und regelmäßig Dienste machen müssten, damit der Betrieb organisiert werden könne. Bisher sei man der Auffassung gewesen, dass die Primarärztinnen und Primarärzte „so viele Dienste machen können, wie sie wollen, weil sie dem Gesetz nicht unterliegen. Und das ist so offensichtlich nicht der Fall“, gibt er zu bedenken.

Ärztekammer will Klausel aus Verträgen streichen

Aus dem Gutachten, das die Vorarlberger Ärztekammer deswegen in Auftrag gegeben hat, geht hervor, dass die Arbeitsgesetz-Klauseln für Primarärztinnen und Primarärzte zwar rechtskonform seien, aber im derzeitigen Fall wohl nicht die beabsichtigte Wirkung zeigen würden. „Wenn eine Weisung erfolgt, dass trotz Warnungen des Primararztes die Arbeitszeiten überschritten werden sollen, würde die Strafbarkeit wiederum auf den Rechtsträger des Krankenhauses übergehen“, erklärt Mazal. Dann wäre der jeweilige Primararzt nicht strafbar.

Für die Ärztekammer Vorarlberg steht fest, dass die Klausel aus den Dienstverträgen der Primari verschwinden müsse, ansonsten fürchte man, bald kein Führungspersonal mehr zu haben. Ob das tatsächlich passieren wird, hänge jetzt von der Krankenhausbetriebsgesellschaft ab. In einer schriftlichen Stellungnahme heißt es, dass es auch in anderen Bundesländern eine solche Klausel gebe, man sich das Gutachten aber ansehen werde.