Hanno Loewy, Direktor des jüdischen Museums in Hohenems, im ORF-Interview am 09.10.2023 nach dem Angriff der Hamas auf Israel
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Loewy: Angriff auf Israel wäre vorhersehbar gewesen

Hanno Loewy, Direktor des Jüdischen Museums Hohenems, zeigt sich im Zusammenhang mit dem Terrorangriff der Hamas fassungslos, dass Geheimdienst und Militär die Angriffe nicht haben kommen sehen. Diese hätten damit rechnen müssen, dass es an einem Tag wie dem 50. Jahrestag des Yom Kippur-Kriegs zu Gewalt komme.

Der Schock sitzt tief nach dem Überraschungsangriff der im Gazastreifen herrschenden radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel. Noch immer ist die Lage teilweise unübersichtlich. Für Menschen, die Freunde und Angehörige in Israel haben, ist das eine katastrophale Situation, schildert der Direktor des Jüdischen Museums in Hohenems, Hanno Loewy.

Er habe viele Freunde dort, Israelis und Palästinenser, „die völlig verzweifelt sind, die jetzt nur noch Angst haben“, sagte Loewy im Interview mit dem ORF Vorarlberg: „Alle sind natürlich geschockt. Die einen trauern um Angehörige oder, noch viel schlimmer, warten auf Nachricht, wo Angehörige geblieben sind. Es sind unheimlich viele Menschen vermisst. Und die Behörden und das Militär geben keine Auskunft“, schildert Loewy.

„Damit hätten sie rechnen müssen“

Der Angriff der Hamas sei keine Reaktion auf eine aktuelle politische Situation, vielmehr sei er von langer Hand geplant worden. Das Datum sei seit 50 Jahren bekannt. „Dass die israelischen Geheimdienste, das Militär auf diese Gewalt nicht vorbereitet war, ist das eigentlich für mich Unglaubliche, Unfassbare. Weil damit hätten sie rechnen müssen, dass da was passiert an diesem Tag. Dass ist etwas, das die Menschen völlig fassungslos macht, dass diese Regierung mit vielen Dingen beschäftigt war, nur nicht damit, die Menschen im Land zu schützen, sondern damit beschäftigt war, diese Gesellschaft zu spalten“, kritisierte der Kulturwissenschafter in Hinblick auf den von Ministerpräsident Benjamin Netanyahus Regierung vorangetriebenen umstrittenen Justizumbau. Es ziehe sich ein tiefer Riss durch die israelische Gesellschaft, die nun völlig unter Schock stehe.

Hanno Loewy zum Israelkonflikt

Der Direktor des jüd.Museums in Hohenems ,Hanno Loewy zeigt sich geschockt vom Angriffskrieg in Israel.Er hat Verwandte und Freunde in Israel und Palästina. Der Angriff der Hamas sind für keine Reaktion auf die akutelle Politik Israels – er rehcnecht das Israel Gruppen nach Gaza schicken wird um die Geiseln zu befreien

Frieden rückt in weite Ferne

Etwas wie einen Nahost-Frieden sah Loewy nun in noch weitere Ferne gerückt. „An eine Zwei-Staaten-Lösung glaubt eigentlich niemand mehr, sie wird von beiden Seiten unmöglich gemacht“, so Loewy. Teil des Problems sei, dass die Menschen, die dort lebten und eine Form des Zusammenlebens entwickeln müssten, permanent von außen gegeneinander in Stellung gebracht würden. Es gebe sowohl bei den Israelis als auch den Palästinensern nur eine winzig kleine Minderheit, die über einen gemeinsamen Staat nachdenke. Aus seiner Sicht führe aber nur ein Weg aus der Gewaltspirale, nämlich ein gleichberechtigtes Zusammenleben, davon sei man weiter entfernt als je zuvor.

Beide Seiten können nicht weglaufen – wohin auch?

Mit den Bildern und Videos von Gräueltaten, die in Umlauf sind, wolle die Hamas Angst und Schrecken verbreiten und ihren Führungsanspruch durch ihre Gewaltbereitschaft untermauern. „Was sie nicht versteht, vielleicht nicht verstehen will, ist dass das nur die Bereitschaft zu mehr Gewalt motiviert. Angst ist für niemanden ein guter Ratgeber“, so Loewy. Evolutionär seien Menschen bei Angst dazu bestimmt, wegzulaufen. „Aber weder die Israelis noch die Palästinenser können weglaufen – wohin auch? Beide Seiten träumen dennoch davon, dass die andere Seite verschwindet“. Er rechne nach weiteren Tagen mit Gefechten mit einem Einmarsch Israels in Gaza.