Frau zündet Opferkerze an
IMAGO/Wolfgang Maria Weber
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Religion

Kirchenaustritte: Auch Pandemie und Teuerung sind Ursachen

Auch in Vorarlberg schrumpft die Zahl der Kirchenmitglieder massiv. Pastoralamtsleiter Martin Fenkart nennt auch die Coronavirus-Pandemie und die Teuerung als Gründe für die Austritte in jüngster Zeit. Was den Wandel der Kirche zu mehr Vielfalt und mehr Frauenrechten angehe, sieht Fenkart einen Vorsprung der Kirche in Vorarlberg.

Laut aktueller Kirchenstatistik sind vergangenes Jahr 91.000 Menschen in Österreich aus der römisch-katholischen Kirche ausgetreten. Das ist ein Rekordwert an Austritten. Auch in Vorarlberg wurde mit rund 4.700 Austritten ein neuer Höchstwert registriert, der einen langjährigen Trend fortsetzt, sagt der Pastoralamtsleiter der Diözese Feldkirch, Martin Fenkart.

Austritte reißen Loch ins Budget

Vor gut zehn Jahren waren noch mehr als zwei Drittel aller Bürgerinnen und Bürger Vorarlbergs römisch-katholisch, heute sind es heute nur noch etwas mehr als die Hälfte. Die Diözese zählte im vergangenen Jahr 217.000 Katholikinnen und Katholiken. Fenkart befürchtet, dass der Abwärtstrend bei den Kirchenaustritten auch in nächster Zeit anhalten wird.

Da sich die Kirche zum größten Teil über Kirchbeiträge finanziert, reißen die Austritte auch ein Loch von 300.000 Euro ins Budget der Diözese Feldkirch. Die Diözese nahm im vergangenen Jahr knapp 33 Millionen Euro ein, fast 27 Millionen davon stammen aus Kirchenbeiträgen.

Coronavirus-Pandemie und Teuerung

Die Gründe für die Austritte sind vielfältig. Viele verschiedene Themen hätten die Kirchenmitglieder in letzter Zeit irritiert, sagt Fenkart – dazu gehöre auch die Diskussion um die Coronavirus-Impfungen. „Für einige Menschen hat die Kirche da zu viel gesagt, für andere zu wenig. Für die einen war die Einhaltung der Regeln zu rigide, für die anderen zu locker“, beschreibt Fenkart die unterschiedlichen Reaktionen.

Dazu seien der Krieg in der Ukraine und dadurch die Teuerung gekommen. Auch die Teuerung führe zu Kirchenaustritten, sagt Fenkart: „Wenn jemand sagt, ich habe eigentlich wenig Kontakt zur Kirche und sehe den Mehrwert nicht, heute den Kirchenbeitrag zu bezahlen“, dann entscheide er oder sie sich schneller, aus der Kirche auszutreten.

„Kirche der Vielfalt“ in Vorarlberg

Auf die Frage, ob die Kirche auch deshalb Mitglieder verliere, weil sie zu wenig auf die Veränderungen in der Gesellschaft, die vielschichtiger werde, und die veränderte Rolle der Frau eingehe, sagt Fenkart: „Ich glaube, wir können als Kirche in Vorarlberg in dem Kontext sagen, dass wir schon eine Kirche der Vielfalt sind und dass es für uns ganz wichtig ist, im Dialog mit ganz vielen Menschen zu sein.“

„Innovative Zeichen“

Auch was den Umgang mit Frauen in der Kirche angeht, sieht Fenkart einen Vorsprung in Vorarlberg. Er glaube, dass in der Kirche in Vorarlberg vieles möglich sei, was woanders nicht gehe, so Fenkart. „Wir bleiben im Rahmen des Kirchenrechtes und trotzdem gibt es in Vorarlberg über 20 Gemeindeleiterinnen und Gemeindeleiter, Frauen und Männer, nicht nur Priester, die in den Pfarrgemeinden zusammen auch mit vielen Ehrenamtlichen Kirche gestalten.“ Außerdem habe die Kirche in den letzten zwei Jahren über 20 Begräbnisleiterinnen ausgebildet. „Das sind durchaus sehr innovative Zeichen“, so Fenkart.