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Inserate: Neuer Wirbel um alte Dokumente

Im Landesarchiv erfasste Schriftwechsel könnten neues Licht auf die Inseratenaffäre um den ÖVP-Wirtschaftsbund werfen, berichtete die „Neue Vorarlberger Tageszeitung“ am Freitag: Die Dokumente ließen vermuten, dass sich Unternehmen für Inserate in der „Vorarlberger Wirtschaft“ Gegenleistungen des Landes erwartet hätten. Das politische Echo kam sofort.

Der erste der beiden in dem online erschienenen Artikel genannten Schriftwechsel fand im November 2015 statt. Darin habe der Geschäftsführer von Spar Vorarlberg „fehlenden Rückhalt“ durch die ÖVP-Teilorganisation zum Anlass genommen, im folgenden Jahr keine Inserate mehr in dessen Magazin „Vorarlberger Wirtschaft“ zu schalten. Man erkläre sich damit auch solidarisch mit dem Messepark, so Spar. Die Pläne zu dessen Ausbau waren damals nämlich festgefahren.

Natter leitete Beschwerden an Rüdisser weiter

Der damalige Wirtschaftsbund-Direktor Walter Natter habe das Schreiben an den Landesobmann des Wirtschaftsbundes weitergeleitet, den damaligen Landesstatthalter und Wirtschaftslandesrat Karlheinz Rüdisser – und zwar direkt an dessen Büro im Landhaus. Obwohl der Vorgang laut Land nur die Interessenvertretung durch die Parteiorganisation betrifft, sei aus unbekannten Gründen eine Akte angelegt worden. Und diese wanderte nach Rüdissers Ausscheiden aus dem Amt ins Landesarchiv. Obwohl die Archivdokumente versiegelt seien, habe die „Neue“ Einsicht in Kopien nehmen können, und das Amt der Landesregierung habe den Inhalt bestätigt.

Inserate: Neuer Wirbel um alte Dokumente

Im Landesarchiv erfasste Schriftwechsel könnten neues Licht auf die Inseratenaffäre um den ÖVP-Wirtschaftsbund werfen, berichtete die „Neue Vorarlberger Tageszeitung“ am Freitag: Die Dokumente ließen vermuten, dass sich Unternehmen für Inserate in der „Vorarlberger Wirtschaft“ Gegenleistungen des Landes erwartet hätten. Das politische Echo kam sofort.

Seilbahnen verbanden Projektliste mit Inserat

Laut dem Artikel leitete Natter auch ein Schreiben von zwei Seilbahnunternehmen aus Lech an das Büro des Landesstatthalters weiter. Es enthalte eine Liste von Projekten, deren Unterstützung man seitens der Seilbahnen offenbar bereits erwartet hatte und die man nun erneut einforderte. Angeschlossen ist ein halbseitiges Inserat für die „Vorarlberger Wirtschaft“. Den „Unterstützungsbeitrag“ solle man bitte auf beide Unternehmen aufteilen, heißt es weiter.

Die „Neue“ bringt das in Zusammenhang mit einer später vom Verfassungsgerichtshof gekippten Verkleinerung eines Naturschutzgebietes in Lech, damit dort Anlagen für Skilifte errichtet werden können. Rüdisser hatte dazu 2022 im „Kurier“ erklärt, es habe während seiner Amtszeit „keine wie immer gearteten Interventionen – weder vom Wirtschaftsbund noch von den genannten Unternehmen – in der Form gegeben, dass Inseratenschaltungen mit Begehrlichkeiten rund um Betriebserweiterungen verknüpft worden sind.“ Das erscheine im Licht der Archivdokumente „erstaunlich“, so die „Neue“.

Rüdisser: „Habe darauf nicht reagiert“

Antworten von Rüdisser auf diese Schreiben gibt es offenbar nicht. Gegenüber ORF Radio Vorarlberg sagte Rüdisser, dass er während seiner Zeit als Regierungsmitglied unzählige solcher E-Mails erhalten habe. Mangels Zuständigkeit habe er aber nicht darauf reagiert.

SPÖ will Anfrage einbringen

Erwartungsgemäß schlug der Artikel hohe Wogen. So forderte SPÖ-Spitzenkandidat Mario Leiter den Stopp der geplanten Neuauflage des Wirtschaftsbund-Magazins. „Der heute publik gewordene Mailverkehr zwischen dem Geschäftsführer von Spar Vorarlberg und dem Wirtschaftsbund wirft viele Fragen auf und schadet dem Wirtschaftsstandort. Wir werden dazu am Montag eine Anfrage im Landtag einbringen und fordern eine lückenlose Aufklärung von der Landesregierung“, so der designierte SPÖ-Parteivorsitzende.

Mario Leiter Sommergespräch
ORF Vorarlberg
SPÖ-Spitzenkandidat Mario Leiter kritisierte bereits im ORF-„Sommergespräch“ die geplante Neuauflage des Wirtschaftsbund-Magazins

FPÖ: „Schädlichem und ungerechtem System Ende bereiten“

FPÖ-Landesobmann Christof Bitschi sagte, durch die neuen Enthüllungen in der ÖVP-Wirtschaftsbundaffäre scheine nun endgültig belegt, dass für Inseratenschaltungen in der Wirtschaftsbund-Zeitung von den Auftraggebern „offensichtlich mit Gegenleistungen von ÖVP-Regierungsmitgliedern gerechnet worden“ sei. Diesem „schädlichen und ungerechten ‚System-ÖVP‘“ müsse ein Ende bereitet werden. Die Vorarlbergerinnen und Vorarlberger hätten ein Recht auf eine saubere Politik und saubere Politiker, so Bitschi.

Christof Bitschi
FPÖ
Bitschi (FPÖ) sieht einen Beleg dafür, dass Gegenleistungen erwartet wurden

NEOS hält weitere Ermittlungen für nötig

Für NEOS-Klubobmann Johannes Gasser sind nun „offensichtlich doch weitere Ermittlungen nötig“. Es mache den Anschein, als ob durch Inserate in der Wirtschaftsbund-Zeitung politische Gefälligkeiten im Landhaus bei der ÖVP bestellt werden könnten: „Auch die neuen Berichte werfen Fragen über das wahre Wesen der Verflechtungen zwischen Wirtschaft und Politik in Vorarlberg auf.“ NEOS erwartet eine vollständige Aufklärung und eine transparente Darstellung des Sachverhalts von der ÖVP.

NEOS Johannes Gasser SPÖ Michael Ritsch
STEFANIE STURN
NEOS-Klubobmann Johannes Gasser ärgert sich über die erneut aufkommenden Berichte über käufliche Politik

Grüne: Messepark „zurück an den Start“

„Bei mir läuten alle Alarmglocken. Für den Messepark heißt das für uns zurück an den Start“, teilte Grünen-Klubobfrau Eva Hammerer mit. „Solange nicht klar ist, ob politische Vertreter beeinflusst wurden, kann beim Messepark keinesfalls eine Entscheidung getroffen werden.“ Die Grünen fordern im Zuge dessen einen neuen Anlauf für eine Reform des Rechts für Untersuchungsausschüsse: „Volle politische Aufklärung braucht ein brauchbares U-Ausschuss-Recht. Die neuen Erkenntnisse zeigen erneut deutlich, wie dringend diese Reform nötig ist“, fordert Hammerer die ÖVP und die Opposition auf, zurück an den Verhandlungstisch zu gehen.

Eva Hammerer, die Grünen
Maurice Shourot
Grünen-Klubobfrau Eva Hammerer zieht aus dem Schriftwechsel den Schluss, der Messepark müsse zurück an den Start

Wirtschaftsbund-Direktor kritisiert Artikel scharf

Christoph Thoma, der Direktor des ÖVP-Wirtschaftsbunds, zeigt sich in einer Aussendung „verwundert“ über die Berichterstattung. „Im Kern führt der Artikel ins Treffen, dass ein Mitglied einer Interessenvertretung – und das ist der Wirtschaftsbund – von eben jener Interessenvertretung Unterstützung für seine Anliegen verlangt. Was daran erstaunlich, verwerflich oder gar ‚brisant‘ sein soll, weiß ich nicht“, so Thoma.

Schließlich würden sich die Verfasser ja gerade darüber beschweren, dass der Wirtschaftsbund sie nicht genug in ihren Anliegen unterstütze. Im Jahr 2015 nicht geschaltete Inserate mit heutigen Entscheidungen der Landesregierung in Verbindung zu bringen, sei „unrichtig und entbehrt jeder sachlichen Grundlage“.

Christoph Thoma
Vorarlberger Volkspartei / Dietrich
Wirtschaftsbund-Direktor Christoph Thoma (ÖVP) zeigt sich verwundert über den Artikel – dieser enthalte „Konstruktionen ohne jegliches Fundament“