Südtiroler Siedlung Bludenz von oben
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Kultur

Südtirolersiedlung: Zeitgeschichte und Zukunftsprojekt

Die Südtiroler Siedlungen erzählen ein bedeutendes Stück Zeitgeschichte. Ab 1939 wurden knapp 50 solcher Niederlassungen für Umsiedler aus Südtirol errichtet. Neun davon stehen in Vorarlberg. Eine der größten ist jene in Bludenz, noch heute leben dort rund 800 Menschen. Die Gebäude sind alt und großteils unbeheizbar – nun wird die Siedlung saniert.

Die Gebäude in der Südtiroler Siedlung in Bludenz mit rund 400 Wohnungen sind in die Jahre gekommen, ein großangelegtes Sanierungsprojekt steht an. Mit zwei Gebäuden wurde bereits gestartet. Dabei galten die Gebäude der Südtirolersiedlungen bisher als nahezu unsanierbar. Doch ein Team aus Planerinnen und Energieexperten fokussiert auf drei Hauptelemente: Sanierung der Hülle, Ausbau von bisher ungenütztem Raum und gute energetische Lösungen.

„Bei diesen Projekten versuchen wir möglichst viel zu erforschen, um die Ergebnisse dann umlegen zu können auf andere Projekte von Südtirolersiedlungen in Vorarlberg und in Österreich“, sagt Alexandra Schalegg von der Alpenländischen Wohnbaugesellschaft. Und dazu gehören eben auch energetische Lösungen: Eines der derzeit im Umbau befindlichen Gebäude bekommt eine Erdwärmeheizung, das andere eine Außenwandheizung. Bereits jetzt gehe man in beiden Fällen von hohem Nutzen aus, sagt Schalegg.

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Südtiroler Siedlung Bludenz von oben
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Die Südtiroler Siedlung in Bludenz ist eine der größten im Land
Südtiroler Siedlung Bludenz
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Rund 800 Menschen leben hier
Südtiroler Siedlung Bludenz
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Obwohl Südtirolersiedlungen bisher als fast unsanierbar galten…
Südtiroler Siedlung Bludenz, Haus von innen, wird saniert
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… wird das Projekt in Bludenz in Angriff genommen.
Südtiroler Siedlung Bludenz, Haus wird saniert
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Zwei Häuser werden bereits saniert
Südtiroler Siedlung Bludenz
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Die Bewohner werden in die Umgestaltung miteingebunden
Südtiroler Siedlung Bludenz von oben
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Während die Siedlung früher eher an den Rand der Stadt gebaut wurde, gilt die Lage heute als sehr gut

„Müssen mit dem gebauten Bestand weiterleben“

Auch Architekt Johannes Kaufmann sagt, die Sanierung von älteren Gebäuden werde zunehmen wichtiger. „Das wird uns in den nächsten Jahren in der Baubranche begleiten. Wir müssen mit diesem gebauten Bestand – den wir in den letzten 100 Jahren aufgebaut haben – mit dem müssen wir weiterleben und wir müssen wieder lernen, nicht nur alles schön zu reden, was neu ist und alles krank zu reden, was alt ist.“ Man müsse diese alten Häuser analysieren und fachlich gut begleitet umbauen, so Kaufmann.

Bewohner werden einbezogen

Begleitend zur Gebäudesanierung werden mit den Bewohnerinnen und Bewohnern neue Visionen für das Zusammenleben im Quartier entwickelt. Die Bewohner leben gerne in der Siedlung, vor allem Ältere vermissen jedoch gemeinsame Aktivitäten und das gemeinsame Beisammenhocken am Abend. Neue Möglichkeiten für Begegnungen in der Siedlung sollen entstehen – das „Café Meran“ soll reaktiviert werden und ein breiter, sich schlängelnder Weg würde neue Plätze schaffen.

Südtirolersiedlung in Bludenz soll saniert werden

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„Lage ist wirklich top“

Die Revitalisierung der Siedlung ist eine Mammutaufgabe, doch nur so wird einzigartiger Lebensraum erhalten. Den Wert der Lage würden wohl auch heutige Investoren erkennen. Früher lag die Siedlung außerhalb der Stadt, sagt Landschaftsarchitektin Gudrun Sturn, der Wert des Grundstücks sei nicht besonders groß gewesen, als man die Siedlung baute.

„Heutzutage schaut das anders aus. Man redet davon, dass die Stadt in fünf Minuten zu Fuß erreichbar ist, gleich anschließend sind die besten Villen-Lagen von Bludenz. Die Lage ist wirklich top, man hat einen wunderbaren Blick auf die Berge gegenüber, man hat große Flächen dazwischen“, schwärmt Sturn. An das Potenzial der Südtirolersiedlung wird also geglaubt. Und mit vereinten Kräften wird daran gearbeitet, dass Wohnen in der Siedlung leistbar bleibt und klimafit wird.

Wie die Südtiroler Siedlungen entstanden sind

In Südtiroler-Siedlungen wurden Anfang der 1940er Jahre im Deutschen Reich (Deutschland und Österreich) Wohneinheiten in einheitlicher Bauweise für die zugezogenen Südtiroler errichtet. Adolf Hitler und der italienische Faschistenführer Benito Mussolini schlossen 1939 ein Abkommen („Hitler-Mussolini-Abkommen“): Es zwang die Südtiroler, sich zu entscheiden, ob sie unter den Bedingungen des italienischen Faschismus in Südtirol bleiben oder in das Deutsche Reich auswandern wollen.

80 Prozent (166.488 Südtiroler) entschieden sich für die Option – und bis Kriegsende wanderten etwa 75.000 von ihnen aus. So wurden etwa 11.000 von ihnen in eilends errichteten Wohnsiedlungen in Vorarlberg untergebracht. Diese Siedlungen stehen bis heute in den größeren Gemeinden und Städten Österreichs und sind als „Südtiroler-Siedlungen“ bekannt.