Chronik

An Haaren gezogen: Klimaschützerin bekommt recht

Der Klimaprotest in der Dezember-Landtagssitzung hat ein juristisches Nachspiel. Ein Beamter des Verfassungsschutzes hatte eine Demonstrantin beim Versuch, sie aus dem Saal zu tragen, an den Haaren gezogen. Dagegen legte die Frau Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht ein – und bekam recht. Die Landespolizeidirektion will möglicherweise Rechtsmittel einlegen.

Die Aktion des Beamten war laut Landesverwaltungsgericht (LVwG) unverhältnismäßig. Der Frau – Marina Hagen-Canaval von der Protestgruppe Extinction Rebellion – wurden 730 Euro zugesprochen, das Geld zahlt der Bund. Hagen-Canaval stand während der Landtagssitzung mit anderen Klimaschützerinnen und Klimaschützern auf der Tribüne des Landtags und las eine Rede vor. Nach einer Weile ging ein Beamter des Verfassungsschutzes zu ihr und ergriff sie am Arm, wobei er einen Teil ihres offenen, langen Haares mitgriff.

Klimaprotest
Extinction Rebellion

Handlung in zwei Teile unterteilt

Das Gericht beurteilte die Handlung des Beamten unter anderem durch die Analyse von Videoaufnahmen und unterteilte diese in zwei Teile. Demnach zog der Beamte die Frau zunächst am Oberarm zu sich, wobei er einen Teil ihres Haares mitgriff. Dann zog er sie ein zweites Mal mit seiner Hand an ihrem linken Unterarm zu sich hin, während sie bereits auf dem Boden saß und in seinem Griff nach wie vor Teile der offen getragenen langen Haare der Beschwerdeführerin verblieben.

Spätestens nach dem ersten zu sich Hinziehen hätte der Beamte bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennen müssen, dass sich Teile des Haares der Beschwerdeführerin in seinem Griff verfangen hatten, so das Gericht. Er hätte nicht – ohne seinen Griff zu lösen, um ausschließen zu können, dass nunmehr keine Haare in diesem verfangen sind – ein zweites, zusätzliches Mal die Beschwerdeführerin zu sich herziehen dürfen. Das gelte umso mehr, als der Beamte von einer anderen Person verbal auf die verfangenen Haare aufmerksam gemacht wurde.

Zudem sei es für die Beamten essenziell – gerade bei politisch sensiblen Themen wie hier die politische Äußerung zum Klimawandel – alles zu vermeiden, was als Voreingenommenheit aufgrund politischer Aktivitäten aufgefasst werden könnte. Laut dem Gericht sei aber das nicht eindeutig geschehen.

Polizei: Einschreiten war korrekt und angepasst

Die Landespolizeidirektion erklärte, sie habe das Video in voller Länge gesichtet – bereits vor Einbringung der Beschwerde beim LVwG. Für die LPD sei aus dem Video klar hervorgegangen, dass der Beamte die Frau lediglich am Unterarm ergriff und sich die langen, offen getragenen Haare der Frau in diesem Griff verfingen, so die Landespolizeidirektion in einer Stellungnahme.

Dem Video mit dem Originalton könne man weiters entnehmen, dass der Beamte, als er über einen Zuruf auf das Verfangen der Haare aufmerksam wurde, seinen Griff sofort gelöst und sich bei der Frau entschuldigt habe. „Die LPD ist nach wie vor der Meinung, dass das Einschreiten korrekt und der Situation angepasst war“, heißt es.

LPD prüft Rechtsmittel

Das unbeabsichtigte Verfangen von Haaren im Zuge einer polizeilichen Körperkraftanwendung lasse sich nicht in jedem Fall verhindern und sei auch nicht geeignet, hier eine Voreingenommenheit zu begründen. Dem Beamten könne kein Vorwurf gemacht werden. Selbst unbeteiligte Besucherinnen und Besucher der Landtagssitzung hätten das Einschreiten des Beamten als äußerst zurückhaltend gelobt.

Die Landespolizeidirektion prüft derzeit die Einbringung eines Rechtsmittels an den VwGH, um die Entscheidung des LVwG allenfalls prüfen zu lassen.

Klimaschützer im Landtagssitzung
ORF/Giesinger
Protest der Klimaschützerinnen und -schützer im Landtag