Kuchen
imago images/Shotshop
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Politik

Das Ringen um das Stück vom Steuerkuchen

In Österreich wird wieder über den Finanzausgleich verhandelt. Bund, Länder und Gemeinden rittern um jeden Cent Steuergeld. Der Kuchen, den es zu teilen gibt, ist zwar groß, trotzdem wird gerungen. Doch worum geht es eigentlich genau? Ein Erklärungsversuch.

Der österreichische Finanzausgleich lässt sich mit einer Szene aus dem Film „Asterix und Kleopatra“ beschreiben: Asterix, Obelix und Miraculix müssen sich einen Kuchen teilen. Obelix teilt ihn – zwei Drittel für ihn, ein Drittel für die anderen beiden. „Drei Teile, Obelix!“, mahnt ihn Asterix. „Es sind ja drei Teile“, antwortet Obelix.

Mit den Verhandlungen zum Finanzausgleich verhält es sich ähnlich. Rund 100 Milliarden Euro Steuerkuchen müssen neu an Bund, Länder und Gemeinden verteilt werden. Der aktuelle Schlüssel lautet: 68 Prozent Bund, 20 Prozent Länder, zwölf Prozent Gemeinden. Drei Teile, über deren Größe jetzt diskutiert wird.

Die wichtigste Zutat des Kuchens

Der Kuchen besteht aus Geld – das aus verschiedenen Töpfen kommt. Die mit Abstand wichtigste Zutat sind die sogenannten gemeinschaftlichen Steuereinnahmen. Das betrifft vor allem Einnahmen aus der Umsatzsteuer und Einkommenssteuer und macht insgesamt rund 94 Milliarden Euro aus, rechnet Thomas Prorop vor. Er ist Geschäftsführer des Zentrums für Verwaltungsforschung (KDZ).

„Diese Steuern nimmt zwar der Bund ein, sie gehören aber nicht nur ihm, sondern auch den Ländern und Gemeinden. Es sind eben gemeinschaftliche Abgaben, die allen Gebietskörperschaften gemeinsam gehören“, erläutert Prorop. Und diese Einnahmen werden momentan nach dem oben beschriebenen Schlüssel 68/20/12 geteilt.

Verhandlungsmasse Transferzahlungen

Zu diesen 94 Milliarden Euro kommen weitere Beträge im Finanzausgleich hinzu. Dazu zählen die Transferzahlungen – also Geld, das aus dem Bundesbudget für bestimmte Ausgaben an die Länder und Gemeinden überwiesen wird.

Andere Steuereinnahmen

In Österreich ist es in der Regel so, dass der Bund Steuern für alle einnimmt und dieses Geld dann gemeinsam verteilt wird. Beim Finanzausgleich werden aber auch andere Steuereinnahmen berücksichtigt, sagt Prorop. Dabei ist die Steuerautonomie der anderen Gebietskörperschaften aber sehr gering ausgeprägt. „Der einzige, der an der Einnahmenschraube drehen kann, ist der Bund“, sagt der Experte. Mit wenigen Ausnahmen auf Gemeindeebene. Dieser Betrag macht rund 20 Milliarden Euro aus und fließt ebenfalls in die Verhandlungen ein.

Verhandlungen im Laufe der Zeit

Seit 1945 ist es Tradition in Österreich, dass sich der Bund mit Ländern und Gemeinden darauf einigt, wie die Staatseinnahmen verteilt werden. Allerdings hat sich die Stimmung bei den Verhandlungen verändert, sagt Verfassungsjurist Peter Bußjäger. „Das hängt wahrscheinlich auch mit der Veränderung der Medienwelt zusammen. Heutzutage werden Inhalte über Verhandlungen bereits im Vorfeld und währenddessen über Medien veröffentlicht. Das war früher nicht der Fall. Der Tonfall hat sich sicher verändert“, ist Bußjäger überzeugt. Allerdings müsse man auch die Begleitumstände berücksichtigen. Nach 1945 befand sich der Staat in einer schwierigen Situation und war besonders auf Kooperation ausgerichtet. „Heute sehen wir die Verteilungskämpfe viel stärker.“

Auch Berichterstattung verändert

Universitätsprofessor Bußjäger ortet auch eine Änderung der Berichterstattung. „Früher haben sich die Wiener Medien auch stärker dem Fokus der Bundesländer gewidmet. Das hat sich verändert. In der jüngeren Vergangenheit sind bisweilen aggressive Kommentare zu lesen, die von einem gewissen Unverständnis für die Aufgaben und Situation der Länder geprägt waren“, betont Bußjäger.

Wie es weiter geht

Für Thomas Prorok vom KDZ gibt es drei Möglichkeiten, wie die Verhandlungen enden. Er geht davon aus, dass sich Bund, Länder und Gemeinden heuer noch einigen. Sollte das aber nicht der Fall sein, werden die aktuellen Regeln fortgeführt – was in der Vergangenheit auch schon der Fall gewesen ist. „Dann würde man etwas fortführen, mit dem eigentlich niemand kann. Das wäre also nicht zufriedenstellend“, erklärt Prorok.

Und dann steht noch ein drittes Szenario im Raum: Wiens Bürgermeister Michael Ludwig hat bereits mit einer Verfassungsklage gedroht. Das heißt eigentlich Normenkontrolle, damit kann der Verfassungsgerichtshof (VfGH) beauftragt werden, eine Regelung auf deren Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen.

Klar ist: Am Ende wird der Kuchen wieder in drei Teile geteilt. Ob für Obelix noch mehr bleibt oder Asterix und Miraculix größere Stücke erhalten, steht noch nicht fest.