Wolf auf Baumstamm
APA/dpa/Julian Stratenschulte
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Chronik

Veterinär: Effektiver Herdenschutz statt Wolfsabschuss

Der Abschuss von Wölfen wird von verschiedensten Seiten diskutiert. Der ehemalige Vorarlberger Landesveterinär Erik Schmid nimmt sich das Schweizer Modell als Vorbild: dort steht der Herdenschutz der Nutztiere vor dem Wolfsabschuss im Vordergrund.

Anfang Juli hat ein Wolf im Silbertal mehrere Ziegen gerissen. Dass man „Problemwölfe“ schnell abschießen dürfen soll, ist für Schmid der falsche Weg. Für ihn steht der Herdenschutz an erster Stelle.

„Wir müssen zuerst unsere Haustiere schützen, und erst wenn das nicht funktioniert, kann man Wölfe abschießen“, sagt Schmid im ORF Vorarlberg-Interview. Es stehe auch schon seit fast 20 Jahren im Tierschutzgesetz, dass der Tierhalter seine Tiere vor Raubtieren zu schützen habe.

Hunde und Elektrozaun als Schutzmaßnahmen

Für Schmid geht der Schweizer Kanton Wallis den richtigen Weg. Für eine Herde mit 300 Schafen sind drei Herdenschutzhunde, zwei Hütehunde und zwei Hirtinnen zuständig. In der Nacht werden die Schafe in einen Pfercht mit einem elektrischen Zaun eingesperrt, außerhalb des Nachtpferchts patrouillieren die Hunde. Wenn ein Wolf kommt, müsse er zuerst an den Hunden und dann am Elektrozaun vorbei, erklärt Schmid die Schutzmaßnahmen.

Dieser Herdenschutz ist natürlich mit Kosten verbunden. Pro Schaf und Saison wird mit 100 Euro gerechnet, das sind bei einer Herde dieser Größenordnung somit 30.000 Euro. Schmid weist darauf hin, dass es vonseiten der EU hier großzügige Förderungen gebe.

Schafherde
ORF

Das Schweizer Modell würde auch in Vorarlberg funktionieren, betont Schmid. Damit würde es deutlich weniger Wolfsrisse geben. „Es gibt sicher auch Einzelwölfe, die es nicht lernen, dass Haustiere tabu sind. Die kann man dann auch guten Gewissens abschießen“, sagt der ehemalige Landesveterinär. Das sei mit dem derzeitigen rechtlichen Rahmen der EU möglich.

WWF-Experte für Herdenschutz

Auch Christian Pichler vom WWF (Weltweiter Fonds für die Natur) plädiert dafür, Herdenschutz durch Hirten, Hunde und Zäune zu forcieren und auch finanziell adäquat zu fördern. In Österreich würden vor allem Schafe großteils ungeschützt auf den Weiden gehalten.
Als Vorbild sieht er Pilotprojekte im Tiroler Oberland. Hier betreuen sechs Hirten und neun Hunde 1.400 Schafe. Die Tiere werden in der Nacht in wolfsichere Übernachtungsplätze geführt.

Aus ökologischer Sicht sei es gut, dass sich der Wolf wieder ansiedelt, so Pichler. Er habe lange als natürlicher Gegenspieler des Wildes gefehlt. Folge davon sei, dass sich Parasiten und Krankheiten vermehrt bei Wildtieren ausbreitet. Auch sei die Zahl der Rehe, Hirsche und Wildschweinen so sehr gewachsen, dass es bei wichtigen Schutzwäldern massiven Verbiss gebe.