Berufsfischer am Bodensee
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Tiere

Dreijähriges Felchen-Fangverbot im Bodensee

Im Bodensee dürfen ab Jänner 2024 keine Felchen mehr gefangen werden. Das Fangverbot gilt für drei Jahre, wie die Internationale Bevollmächtigtenkonferenz für die Bodenseefischerei (IBKF) beschloss.

Die Felchenfänge hätten im vergangenen Jahr 89 Prozent unter dem Mittel der vergangenen zehn Jahre gelegen. Wurden früher noch 100 bis 200 Tonnen Felchen aus dem Obersee gefischt, waren es vergangenes Jahr nur noch 20 Tonnen, sagt der Leiter des Fischereizentrums in Hard, Nikolaus Schotzko.

Die Situation der Felchen im Bodensee sei besorgniserregend. Zum Rückgang der Felchen im Bodensee haben mehrere Faktoren geführt: Seit in den 90er-Jahren ein „Umkippen“ des Bodensees quasi durch Überdüngung befürchtet wurde, entziehen moderne Kläranlagen dem zufließenden Wasser so viele Nährstoffe, dass den Felchen das Futter ausgeht. Sie wachsen immer langsamer und sind nur noch halb so groß wie früher: Wog ein Felchen früher noch 420 Gramm, sind es heute noch 230 Gramm.

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Auslegen von Netzen für die Beprobung heutiger Felchenarten, die für den Vergleich des Erbguts mit den historischen Proben verwendet wurden
David Frei/eawag.ch
Felchen im Landesfischereizentrum in Hard
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Landesfischereizentrum in Hard
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Gefangene Felchen
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Felchen
Dreadlock – stock.adobe.com

Quaggamuschel frisst alles weg

Ein weiterer Grund, warum die Felchen zu wenig zu fressen haben, ist die Quaggamuschel, die sich in den vergangenen Jahren im Bodensee stark verbreitet hat. Sie frisst den planktonfressenden Fischen – wie zum Beispiel dem Felchen – die Nahrung weg. Durch die Quggamuschel könnte letztlich für alle Lebewesen im See zu wenig Nahrung bleiben. Am Michigansee in den USA etwa hat die Quaggamuschel bereits die Fischbestände zerstört.

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Die Quaggamuschel setzt sich meist in Klumpen fest
Peter Rey, Hydra-Institut Konstanz
Der Grund des Bodensees ist an manchen Stellen mit Quagga-Muscheln übersät
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Quagga-Muscheln Nahaufnahme
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Eine einzelne Quaggamuschel wird 2-3 cm groß und ist verwaschen gestreift
Peter Rey, Hydra-Institut Konstanz

Stichling sorgt für Nachwuchsprobleme

Die Felchen haben aber nicht nur zu wenig zu fressen, auch ihr Nachwuchs ist in großer Gefahr. Der Stichling – ein sechs bis sieben Zentimeter großer Fisch – frisst die Eier der Felchen und macht auch vor den Felchenlarven, die von den Brutanstalten in den See gesetzt werden, keinen Halt.

Dazu kommen die Kormorane, die etwa so viel Fisch aus dem Bodensee fressen, wie die Fischer aus dem See holen. Die Vögel fangen, was sie schnappen können und lassen zu große Fische verletzt im Wasser zurück, klagen die Fischer seit Jahrzehnten. Aber die Kormorane dürfen in Naturschutzgebieten wie am Bodenseeufer nicht bejagt werden.

Beschluss einstimmig

Die IBKF habe sich seit Jahresbeginn schon öfter über die Lage ausgetauscht. Die Entscheidung über das Vorgehen wurde bei der jährlichen IBKF-Konferenz in Ittingen in der Schweiz getroffen. Die Beschlüsse über die Ausübung der Fischerei im Bodensee-Obersee müssen im Sinne der Gemeinsamkeit der Fischerei und Anwendung gleichlautender Bestimmungen einstimmig gefasst werden. Damit ist gewährleistet, dass die Interessen aller Vertragsstaaten bei jedem Beschluss gewahrt bleiben. Die Beschlüsse der IBKF müssen jeweils in nationales Recht umgesetzt werden.

Felchenzucht-Anlagen werden diskutiert

Der Blaufelchen gilt als der Bodenseefisch schlechthin. Weil mit den Felchen-Netzen auch andere Speisefische wie Rotaugen, Trüschen, Saiblinge und Barsche gefangen werden, sollen laut IBKF zusätzliche Netztypen erlaubt werden. So können die Fischer weiterhin frischen Fisch aus dem Bodensee anbieten. Die Nachfrage nach dem Speisefisch ist gerade bei Urlaubern groß, weshalb auch schon über Fischzucht-Anlagen am Bodensee diskutiert wurde. Fischer beklagen seit Jahren die geringe Ertragslage.