Statt Spott wäre Sorge angebrachter, analysiert die Chefredakteurin des ORF Vorarlberg, Angelika Simma-Wallinger die Auswirkungen des Debakels: „Es gibt neben den Verantwortlichen in der SPÖ einen großen Verlierer und das ist das Vertrauen in die Politik. Nur mehr ein Drittel der Österreicherinnen und Österreicher glauben laut Demokratiemonitor, dass das politische System sehr gut funktioniert, das ist ein Tiefstwert, der seit gestern nicht gestiegen sein wird.“
Wenn 600 Stimmen nicht richtig ausgezählt werden können, was läuft dann noch falsch, fragen sich viele. Andreas Babler und auch ein zukünftiger neuer SPÖ-Chef in Vorarlberg, der im Sommer gewählt wird, haben in den nächsten Monaten jedenfalls zu tun, um diese Panne auszubügeln, meint Simma-Wallinger.
Jenny: Definitiver Tiefpunkt für die SPÖ
Für den Vorarlberger Politologen Marcelo Jenny von der Universität Innsbruck ist das Wahlfiasko definitiv ein Tiefpunkt für die SPÖ. Man habe damit den positiven Eindruck, der am Wochenende beim Parteitag in Linz entstanden ist, massiv zerstört: „Das, was man sich an Goodwill jetzt gerade in der öffentlichen Meinung aufgebaut hat, wenige Tage danach wieder so drastisch zu zerstören – das ist schon schlimm.“
Eine Folge könne aber sein, dass sich beide Seiten jetzt sehr bemühen werden, sehr rasch wieder ein geeintes Bild nach außen zu zeigen. Jenny rechnet damit, dass der Wahlkampf für die SPÖ in Vorarlberg sicher nicht leichter wird. Bei der Suche nach einem neuen Landesvorsitzenden werde die SPÖ – wie auch jede andere Partei – jedenfalls sehr genau auf das Auszählen der Stimmen achten.
Stainer-Hämmerle: Glaubwürdigkeit der Politik leidet
Das Wahldebakel bei der SPÖ ist auch für erfahrene Expertinnen und Experten etwas noch nie Dagewesenes. Die Vorarlberger Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle von der Fachhochschule Kärnten befürchtet, dass die ohnehin schon angeschlagene Glaubwürdigkeit gegenüber der Politik darunter leide.
Große Auswirkungen auf die Vorarlberger SPÖ und ihre Suche nach einem eigenen neuen Landesvorsitzenden sieht Stainer-Hämmerle aber nicht: „Sollte nur ein Kandidat antreten, wie es derzeit gesagt wird, ist auch der Auswertungsvorgang ein einfacherer. Dennoch wäre es sehr wichtig, dass natürlich der Vorgang sehr transparent geschieht und vor allem alle Kontrollmechanismen auch rechtzeitig greifen.“
Spannend wird aus Sicht von Stainer-Hämmerle, wie das Babler-Lager und das Doskozil-Lager in Vorarlberg künftig miteinander umgehen werden.