Simplon in Hard
Wirtschaftspresseagentur
Wirtschaftspresseagentur
Wirtschaft

Simplon tauscht Geschäftsführung aus

Der Fahrradhersteller Simplon mit Hauptsitz in Hard trennte sich Ende Februar von den beiden Geschäftsführern Stefan Vollbach und Thomas Zenker. Alleiniger Nachfolger wurde Stephan Wabnegger, berichtet die Wirtschaftspresseagentur (wpa). Die Trennung sei aufgrund unterschiedlicher Ansichten über die strategische Ausrichtung erfolgt.

Simplon war in den vergangenen drei Jahren wie viele andere Unternehmen der Radsportbranche auch massiven und noch nie erlebten Herausforderungen ausgesetzt. Auf der einen Seite stand anfangs eine explodierende Nachfrage nach Fahrrädern und hier speziell Mountainbikes und E-Bikes. Auf der anderen Seite kamen aufgrund der Pandemiebekämpfung die internationalen Lieferketten vor allem aus Asien völlig durcheinander. Komponenten wurden entweder gar nicht oder mit monatelanger Verzögerung geliefert.

Auslieferungstermine konnten nicht fix zugesagt werden, es gab Probleme an breiter Front. In so einer Situation immer die richtige Entscheidung zu treffen, beschreiben Manager als äußerst schwierig. Eine konkrete Planung war in dieser Zeit fast unmöglich, man musste ständig irgendwo „ein Feuer löschen“, wie der frühere Geschäftsführer Stefan Vollbach in vorangegangenen wpa-Interviews schilderte. Zuletzt kündigte Vollbach wie berichtet an, Teile der Produktion verstärkt nach Europa zurückholen zu wollen.

Durcheinandergewirbelte Lieferketten

Die Probleme beschreibt auch der neue Simplon-Geschäftsführer Stephan Wabnegger in seinem Statement: „Die vergangenen Jahre haben materielle Herausforderungen für die gesamte Branche und damit auch für Simplon gebracht. Insbesondere die weltweit aus dem Takt geratenen Warenströme haben unsere Lieferfähigkeit teilweise deutlich eingeschränkt.“

Wabnegger lobt im Zuge dessen die Belegschaft: „Nur aufgrund der außergewöhnlichen Zusammenarbeit mit Händlern, Geschäftspartnern und dem unermüdlichen Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ sei es gelungen, langsam wieder zur operativen Normalität in Produktion und Auslieferung zurückzukehren.

„Gesteckte Ziele noch nicht erreicht“

Obwohl sich die Situation zum Teil bereits entschärft habe und man „leicht optimistisch“ in die Zukunft blicke, habe man die gesteckten Ziele noch nicht erreicht, so Wabnegger. Deshalb hätten sich die Eigentümer auch zur Trennung von Vollbach und Zenker entschieden.

Es gelte, die Prozesse weiterhin zu optimieren und die Organisation grundlegend neu zu strukturieren, um in Zukunft agiler auf die Herausforderungen reagieren zu können. Man wolle wieder „Teamplay, Leistungsfähigkeit und kompromisslose Exzellenz leben“.

Gleichzeitig dankte er Vollbach und Zenker im Namen der Gesellschafter für ihren „unermüdlichen Einsatz“. „Ohne sie wäre das starke Wachstum der vergangenen Jahre, die Markteinführung herausragender neuer Modelle und die Entwicklung der Marke Simplon nicht denkbar gewesen“, so Wabnegger.

Hunderte Fahrräder auf Lager

Der neue Simplon-Geschäftsführer, der über Berufserfahrung in der Wintersport- und Seilbahnbranche sowie in der Bau- und Sanitärbranche verfügt, sagte der wpa, dass die nächsten Monate für Simplon „intensiv“ bleiben, da man intern und extern eine Reihe von Veränderungsprojekten mit Hochdruck vorantreiben werde. „Wir wollen Produktion und Belegschaft stabilisieren.“ Es sei korrekt, dass Simplon in Vorarlberg Lager mit mehreren hundert noch unverkauften Fahrrädern habe. Ob das Geschäftsjahr 2021/22 (Sept) positiv abgeschlossen werden könne, sei noch offen.

Man wolle Simplon jedenfalls „deutlich neu ausrichten“, sagte Wabnegger. Die alleinige Vertriebsschiene über Händler soll zwar bestehen bleiben. Allerdings wolle man die Endkundinnen und -kunden zukünftig deutlich stärker auch direkt ansprechen. „Gekauft wird trotzdem weiterhin beim Händler.“

Umsatz und Belegschaft beinahe verdrei- und vervierfacht

Stefan Vollbach (Jg. 1964) war seit Jänner 2015 Geschäftsführer und danach auch Minderheits-Miteigentümer. In seiner Zeit wuchs Simplon von etwa 20 Millionen Euro auf zuletzt 57 Millionen Euro Umsatz an. Die Belegschaft vergrößerte sich von 55 auf über 200 Mitarbeitende. Im September 2020 kam der zweite jetzt ausgeschiedene Geschäftsführer Thomas Zenker (Jg. 1967) als Geschäftsführer und danach auch als Minderheits-Miteigentümer an Bord.

Deutscher Finanzinvestor hält die Mehrheit

Die Simplon Fahrrad GmbH gehört zu 100 Prozent der Simplon Holding GmbH. Dahinter steht als Mehrheitseigentümer mit 50,7 Prozent der deutsche Eigenkapitalinvestor Hannover Finanz. Die restlichen größeren Anteile halten Doris, Christian und Heinz Hämmerle von der Simplon-Gründerfamilie. Geringere Anteile entfallen auf Vollbach und Zenker sowie auf die Kindermann Value Creation GmbH.

Dem Vernehmen nach herrschte unter den großen Miteigentümern Einigkeit zur Ablöse von Zenker und Vollbach. Der Exit-Zeitplan der Hannover Finanz bei Simplon dürfte durch die Marktturbulenzen der vergangenen Jahre jedenfalls nur mehr schwer zu halten sein.