Dort, wo der Bregenzer Auwald am dichtesten ist, taucht eine gespenstische Silhouette aus dem Dickicht auf: Ein Panzer aus Beton steht bedrohlich mitten im Wald. Der Zahn der Zeit hat an dem Bauwerk genagt, manche Ecken sind schon abgebröckelt, und das Metallrohr, das früher die Kanone darstellen sollte, wurde von Unbekannten durch einen Ast ersetzt.
Wozu diente der Betonpanzer?
Wer den bemoosten Panzer erspäht, mag sich wohl fragen, ob es sich dabei um ein vergessenes Mahnmal handeln könnte oder gar ein verrottendes Kunstwerk? Die Antwort auf dieses Rätsel liegt natürlich in der Vergangenheit des Orts, denn früher befand sich im Auwald ein Übungsgelände des österreichischen Bundesheeres.
Im Auwald wurde mit echten Panzern geübt
„Zum Üben der Panzernahbekämpfung sind einmal im Jahr Panzer aus Salzburg gekommen“, erzählt Militärhistoriker Erwin Fitz über den Übungsplatz im Auwald. „Man konnte dort viele Dinge üben – vor dem Panzer seitwärts abrollen, sich in einer Stellung überrollen lassen oder Nebeltöpfe werfen.“
Mit Molotowcocktails beworfen
Eines aber konnte mit den echten Panzern nicht geübt werden: „Nämlich, Molotowcocktails auf das Heck des Panzers zu werfen, damit die Flammen durch den Grill angesaugt werden und der Motor zum Brennen kommt“, erklärt Fitz. „Das wäre halt bei jedem Panzer nur einmal gegangen, und so viele Panzer haben wir nicht“, scherzt der Militärhistoriker.
Deshalb hat man damals das in Brand Setzen russischer Panzer mit dem Betonfahrzeug geübt, führt Fitz aus: „Molotowcocktails waren ein Gemisch aus Öl und Benzin in einer Glasflasche.“ Mit einer brennenden Lunte im Flaschenhals wurden diese auf das feindliche Fahrzeug geworfen, wo die Flasche zerbrach und das Gemisch sich entzündete: „Das zu simulieren war der Zweck des Betonpanzers.“
Weshalb ein Panzer im Wald steht
Mitten im Bregenzer Achwald steht ein sowjetischer T-34-Panzer. „Vorarlberg heute“ ist der Frage nachgegangen, weshalb.
Bregenz verpachtete den Auwald ans Heer
Gebaut wurde der Betonpanzer Ende der 1950er Jahre direkt an Ort und Stelle, unweit des Bregenzer Wocherhafens. Damals gab es einen Pachtvertrag zwischen dem Bundesheer und der Stadt Bregenz für die Nutzung als Garnisonsübungsplatz. Regelmäßig wurde dort für den Ernstfall trainiert.
Bis heute findet man im Auwald auch noch weitere Relikte, die inzwischen fast vollständig vom Wald verschluckt worden sind – zum Beispiel eine Wand, die für Granatenwurfübungen errichtet wurde, und einen gesprengten Bunker, von dem nur noch ein paar Mauerreste übrig sind.
Noch heute ziehen sich Gräben durch den Wald
Der Wald ist durchzogen von bis zu zwei Meter tiefen Gräben. „Das waren Laufgräben und Stellungen, die sich quer durch das Übungsgelände zogen. Zum Teil wurden sie wieder zugeschüttet und dann wieder aufgegraben.“ Die Überbleibsel haben sich erstaunlich lange gehalten, meint der Historiker: „Die letzten Übungen hier sind 1992 abgehalten worden, und seither hat die Natur das Gebiet wieder zurückerobert.“
Pachtvertrag 1992 nicht mehr verlängert
Im Laufe der Jahre wurde das Übungsgelände immer kleiner, vor allem durch den Bau der Achsiedlung. 1992 verlängerte die Stadt Bregenz den Pachtvertrag nicht mehr. Seither ist der Wald ein reines Naherholungsgebiet. Aber wer sich abseits der Trampelpfade bewegt, kann sie noch finden: die steinernen Zeugen der Vorarlberger Militärgeschichte.