Betonpanzer im Bregenzer Auwald
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Geschichte

Der Russenpanzer im Bregenzer Auwald

Versteckt im Bregenzer Auwald steht ein stummer Zeuge des Kalten Krieges: Die Nachbildung eines russischen T-34-Panzers aus Beton ist längst eher bemoost als bedrohlich. Das versteckte Relikt gibt jenen, die sich dort ins Gebüsch verirren, heute nur noch Rätsel auf. Einstmals aber diente der Betonklotz der Landesverteidigung.

Dort, wo der Bregenzer Auwald am dichtesten ist, taucht eine gespenstische Silhouette aus dem Dickicht auf: Ein Panzer aus Beton steht bedrohlich mitten im Wald. Der Zahn der Zeit hat an dem Bauwerk genagt, manche Ecken sind schon abgebröckelt, und das Metallrohr, das früher die Kanone darstellen sollte, wurde von Unbekannten durch einen Ast ersetzt.

Wozu diente der Betonpanzer?

Wer den bemoosten Panzer erspäht, mag sich wohl fragen, ob es sich dabei um ein vergessenes Mahnmal handeln könnte oder gar ein verrottendes Kunstwerk? Die Antwort auf dieses Rätsel liegt natürlich in der Vergangenheit des Orts, denn früher befand sich im Auwald ein Übungsgelände des österreichischen Bundesheeres.

Im Auwald wurde mit echten Panzern geübt

„Zum Üben der Panzernahbekämpfung sind einmal im Jahr Panzer aus Salzburg gekommen“, erzählt Militärhistoriker Erwin Fitz über den Übungsplatz im Auwald. „Man konnte dort viele Dinge üben – vor dem Panzer seitwärts abrollen, sich in einer Stellung überrollen lassen oder Nebeltöpfe werfen.“

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Historische Aufnahme von Panzerübungen am Garnisons-Übungsplatz im Bregenzer Auwald
Erwin Fitz
„Panzernahbekämpfung“ wurde früher auch im Bregenzer Auwald geübt
Historische Aufnahme von Panzerübungen am Garnisons-Übungsplatz im Bregenzer Auwald
Erwin Fitz
Dabei ließen sich Soldaten z. B. in einer Röhre versteckt von den Panzern überrollen, um sie dann von hinten anzugreifen
Betonpanzer im Bregenzer Auwald
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Übrig geblieben ist davon die Betonnachbildung eines russischen T-34. Dort, wo das Kanonenrohr war, steckt heute ein morscher Ast.
Militärhistoriker Erwin Fitz vor dem Betonpanzer
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An dem Betonfahrzeug konnten die Soldaten üben, wie man einen solchen Panzer mit einem Molotowcocktail in Brand setzt, erklärt Militärhistoriker Erwin Fitz
Ein brennender T-34, der mit einem Molotow-Cocktail in Brand gesetzt wurde. Historische Aufnahme.
Bundesarchiv
Dazu warf man eine Glasflasche mit einem Öl-/Benzingemisch und einer Lunte auf das Heck des Panzers – quasi auf den Kühlergrill. Die Flammen wurden nach unten gesaugt und setzten den Motor in Brand.
Historische Aufnahme von Panzerübungen am Garnisons-Übungsplatz im Bregenzer Auwald
Erwin Fitz
Natürlich konnte man bei den Übungen im Auwald keinen echten österreichischen Panzer mit solchen Brandsätzen bewerfen
Betonpanzer im Bregenzer Auwald
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Deshalb wurde das Betonmodell mit den Molotowcocktails beworfen
Der Garnisons-Übungsplatz im Bregenzer Auwald
Stadtarchiv Bregenz
Gebaut wurde der Betonpanzer Ende der 1950er Jahre direkt an Ort und Stelle auf dem Garnisonsübungsplatz im Auwald
Historische Aufnahme von Panzerübungen am Seeufer des Garnisons-Übungsplatzes im Bregenzer Auwald
Erwin Fitz
Auch am Seeufer beim Bregenzer Wocherufer wurde damals mit echten Panzern geübt
Historische Aufnahme von Panzerübungen am Garnisons-Übungsplatz im Bregenzer Auwald
Erwin Fitz
Die letzten Übungen auf dem Garnisonsübungsplatz im Auwald fanden 1992 statt

Mit Molotowcocktails beworfen

Eines aber konnte mit den echten Panzern nicht geübt werden: „Nämlich, Molotowcocktails auf das Heck des Panzers zu werfen, damit die Flammen durch den Grill angesaugt werden und der Motor zum Brennen kommt“, erklärt Fitz. „Das wäre halt bei jedem Panzer nur einmal gegangen, und so viele Panzer haben wir nicht“, scherzt der Militärhistoriker.

Deshalb hat man damals das in Brand Setzen russischer Panzer mit dem Betonfahrzeug geübt, führt Fitz aus: „Molotowcocktails waren ein Gemisch aus Öl und Benzin in einer Glasflasche.“ Mit einer brennenden Lunte im Flaschenhals wurden diese auf das feindliche Fahrzeug geworfen, wo die Flasche zerbrach und das Gemisch sich entzündete: „Das zu simulieren war der Zweck des Betonpanzers.“

Weshalb ein Panzer im Wald steht

Mitten im Bregenzer Achwald steht ein sowjetischer T-34-Panzer. „Vorarlberg heute“ ist der Frage nachgegangen, weshalb.

Bregenz verpachtete den Auwald ans Heer

Gebaut wurde der Betonpanzer Ende der 1950er Jahre direkt an Ort und Stelle, unweit des Bregenzer Wocherhafens. Damals gab es einen Pachtvertrag zwischen dem Bundesheer und der Stadt Bregenz für die Nutzung als Garnisonsübungsplatz. Regelmäßig wurde dort für den Ernstfall trainiert.

Bis heute findet man im Auwald auch noch weitere Relikte, die inzwischen fast vollständig vom Wald verschluckt worden sind – zum Beispiel eine Wand, die für Granatenwurfübungen errichtet wurde, und einen gesprengten Bunker, von dem nur noch ein paar Mauerreste übrig sind.

Noch heute ziehen sich Gräben durch den Wald

Der Wald ist durchzogen von bis zu zwei Meter tiefen Gräben. „Das waren Laufgräben und Stellungen, die sich quer durch das Übungsgelände zogen. Zum Teil wurden sie wieder zugeschüttet und dann wieder aufgegraben.“ Die Überbleibsel haben sich erstaunlich lange gehalten, meint der Historiker: „Die letzten Übungen hier sind 1992 abgehalten worden, und seither hat die Natur das Gebiet wieder zurückerobert.“

Pachtvertrag 1992 nicht mehr verlängert

Im Laufe der Jahre wurde das Übungsgelände immer kleiner, vor allem durch den Bau der Achsiedlung. 1992 verlängerte die Stadt Bregenz den Pachtvertrag nicht mehr. Seither ist der Wald ein reines Naherholungsgebiet. Aber wer sich abseits der Trampelpfade bewegt, kann sie noch finden: die steinernen Zeugen der Vorarlberger Militärgeschichte.