Reinhold Einwallner, SPÖ
Graph Art Line e.U. & die Planerei 2014
Graph Art Line e.U. & die Planerei 2014
Politik

Einwallner für U-Ausschuss im Land

Reinhold Einwallner kam als 17-Jähriger zur SPÖ. Mittlerweile sitzt er für die Sozialdemokraten im Nationalrat. Im ORF-Interview spricht er über die aktuellen Umfragewerte der SPÖ und er erklärt, warum es aus seiner Sicht zwingend einen Wirtschaftsbund-Untersuchungsausschuss in Vorarlberg braucht.

ORF Vorarlberg: Herr Einwaller, wie lautet Ihre Bilanz des vergangenen Jahres im Nationalrat?

Einwallner: Es war ein sehr turbulentes Jahr. Es war einerseits vom Angriffskrieg der Russen auf die Ukraine geprägt, mit all den Folgen, vor allem die Teuerungswelle. Und aus Vorarlberger Sicht war das Jahr vor allem geprägt von der Wirtschaftsbundaffäre und der Korruption rund um die ÖVP.

ORF Vorarlberg: Sie waren selbst in Sitzungen des Untersuchungsausschusses, unter anderem an den Vorarlberger Tagen. Wie haben Sie diese Tage erlebt?

Einwallner: Der Untersuchungsausschuss ist die Königsdisziplin des Parlamentarismus. Ein Ausschuss ist also an sich schon eine Herausforderung. Bei den Vorarlberger Tagen lag der Fokus zudem sehr stark auf der Befragung des Landeshauptmanns, was noch einmal herausfordernd war. Die Stimmung war hoch angespannt und sehr interessant. Ich bin überzeugt, dass wir einiges aufgezeigt haben in diesem Untersuchungsausschuss.

ORF Vorarlberg: Der Untersuchungsausschuss ist geprägt von vielen Unterbrechungen, jede Frage wird diskutiert. Es gibt Diskussionen um Aktenlieferungen und gegenseitige Vorwürfe auf Pressekonferenzen vor den Ausschusssitzungen. Was bleibt am Ende – außer dem Eindruck, dass der Ton in der Politik ziemlich rau ist?

Einwallner: Diese extreme Zuspitzung in den Auseinandersetzungen ist natürlich ein bisschen schade, weil das Wesentliche eigentlich verloren geht. Untersuchungsausschüsse sind das wichtigste Kontrollinstrument, das wir als Parlamentarier haben. Diese vielen Unterbrechungen sind ein bisschen der Verzögerungstaktik der ÖVP geschuldet, die kein Interesse an Transparenz hat. Da prallen natürlich Positionen aufeinander. Untersuchungsausschüsse sind wichtig. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass immer Verbesserungsvorschläge daraus resultieren.

ORF Vorarlberg: Sie kennen Untersuchungsausschüsse schon aus dem Landtag. Sie waren Vorsitzender des Hypo-Untersuchungsausschusses. Jetzt ist ein Wirtschaftsbund-Untersuchungsausschuss im Gespräch. Sind die Themen vergleichbar?

Einwallner: Das Instrument Untersuchungsausschuss ist in Vorarlberg bisher ein einziges Mal eingesetzt worden. Bei der Hypo, aber zu einem Thema, das sich eher auf die Finanzmärkte bezieht. Es war sehr abstrakt. Aber man hat schon gesehen, dass man das Instrument noch verbessern muss. Und das hat man leider nicht gemacht. Wir haben das zwar gefordert, weil man gesehen hat, was nicht funktioniert. Aber die Diskussion läuft leider immer noch. Wahrscheinlich besteht kein Interesse der ÖVP, einen U-Ausschuss einzusetzen, der richtig Zähne hat und Missstände aufklären kann.

ORF Vorarlberg: Soll es auch einen Untersuchungsausschuss in Vorarlberg geben, auch wenn diese Zähne fehlen?

Einwallner: Man muss alles unternehmen, damit die Zähne kommen. Ich glaube aber, auch wenn die Verhandlungen scheitern, sollte man sehr intensiv darüber diskutieren, ob ein Untersuchungsausschuss eingeführt wird. Es braucht eine Untersuchung über die politische Verantwortung der Missstände, die ja regelmäßig belegt werden.

ORF Vorarlberg: Was heißt intensiv nachdenken? Soll es einen Untersuchungsausschuss geben?

Einwallner: Ich bin jetzt nicht in der Situation, das zu entscheiden. Aber wenn es keine Einigung mit den Regierungsparteien im Land gibt, sollte man trotzdem versuchen, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen.

ORF Vorarlberg: Sie sind schon einige Jahre in der SPÖ. Warum sind Sie in der SPÖ?

Einwallner: Es sind wirklich einige Jahre. Ich bin mit 17 in die SPÖ eingetreten. Die SPÖ ist für mich die Partei, die sich mit meiner persönlichen Lebenseinstellung am stärksten deckt. Ich bin ein Gerechtigkeitsfanatiker. Menschen sollen die gleichen Chancen haben, egal woher sie kommen, egal wie dick die Geldtasche der Eltern ist. Dieser solidarische Gedanke ist die Kernidee der Sozialdemokratie. Und das hat mich immer wieder bestärkt, mich für die SPÖ zu engagieren.

ORF Vorarlberg: Warum sehen das nicht einmal mehr 30 Prozent der Wählerinnen und Wähler in Österreich so?

Einwallner: Ich könnte jetzt umgekehrt sagen, dass alle Umfragen uns im Moment als stimmenstärkste Partei sehen. Aber ja, Politik muss sich immer hinterfragen, ob die Themen noch aktuell sind. Wir als Sozialdemokratie haben die richtigen Themen. Die betreffen die Menschen unmittelbar. Aber die fixe Bindung an Parteien wird schwächer. Das Wahlverhalten hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Es ist nicht mehr so wie früher, dass man immer die gleiche Partei wählt. Das führt eben zu Schwankungen bei Wahlergebnissen und Umfragen.

ORF Vorarlberg: Warum kann sich die SPÖ nicht absetzen, wenn in Teuerungszeiten und in Zeiten unsicherer Zukunft eigentlich klassische sozialdemokratische Themen gefragt sind?

Einwallner: Wir sind schon die Partei mit den konkretesten Lösungsvorschlägen. Wir fordern zum Beispiel einen Gaspreisdeckel. Und man muss die Teuerung strukturell abfedern, nicht mit Einmalzahlungen. Wir haben das Vertrauen seit der letzten Wahl wieder stark zurückgewonnen und ich bin überzeugt, dass wir als stimmenstärkste Partei aus der nächsten Nationalratswahl herausgehen werden.

ORF Vorarlberg: In den Umfragen kann die SPÖ aber nicht wirklich von der Schwäche der ÖVP profitieren.

Einwallner: Man soll nicht immer auf die Umfragen schielen. Ich halte einen anderen Punkt für ganz wichtig: Wir haben einen hohen Anteil an Nichtwählern. Und diese Menschen müssen wir davon überzeugen, dass sie sich wieder beteiligen und wählen gehen. Das ist unser Auftrag in der Politik. Wir dürfen diese Menschen nicht vergessen, wenn wir um Zuspruch für unsere Ideen werben.

ORF Vorarlberg: Das wohl brennendste Thema momentan ist die Teuerung. Die Regierung arbeitet mit vielen Hilfsprogrammen. Wissen Sie, wieviel Sie bekommen haben?

Einwallner: Naja, die 500 Euro, die wir alle bekommen haben. Und im Betrieb habe ich Kurzarbeit eingeführt. Ich bin auf keinen Fall überfördert, wenn Sie darauf hinaus wollen.

ORF Vorarlberg: Eigentlich wollte ich fragen, ob Sie noch den Überblick über alle Förderungen und Hilfen haben, die es gibt. Weil es doch einige sind, gerade für Unternehmer.

Einwallner: Bei den Einmalzahlungen sehe ich ein anderes Problem. Sie verpuffen sehr schnell. Darum sind nachhaltige Entlastungen umso wichtiger. Wir sehen jetzt, dass der Markt nicht funktioniert. In den letzten Jahrzehnten dachte man: Alles regelt der Markt. Aber einen Schmarren macht der Markt. Er regelt nicht den Strompreis, regelt nicht den Gaspreis, regelt nicht den Mietpreis. Da braucht es Politik, die in den Markt eingreift. Alles, was zur Daseinsvorsorge zählt, darf nicht dem freien Markt überlassen werden. Denn sonst profitieren ganz wenige auf Kosten aller anderen. Darum sollte die Politik Regeln schaffen, damit der Markt die Preise nicht in utopische Höhen treibt.

ORF Vorarlberg: Also auch sogenannte Übergewinne abschöpfen?

Einwallner: Da sind wir genau beim Thema. Es kann nicht sein, dass aufgrund von Spekulationen und eines Zufalls Gewinne entstehen, wie jetzt durch den Krieg in der Ukraine. Die OMV macht Milliardengewinne. Die Abschöpfung dieser Gewinne ist dringend notwendig, um andere Dinge damit zu finanzieren. Jetzt gibt es einen Ansatz der Bundesregierung, aber wir bewegen uns auch da am unteren Limit im Rahmen, den die EU vorgegeben hat. Mit diesen zögerlichen Schritten kommen wir nicht weiter.

ORF Vorarlberg: Pumpspeicherkraftwerke sind ausgenommen, Illwerke-VKW sind also von der Steuer nicht betroffen. Ist diese Ausnahme gerechtfertigt?

Einwallner: Die Illwerke haben unter den Energiebetreibern eine Sonderrolle in Österreich. Wir sind in der glücklichen Situation, dass sie dem Land gehören. Der Gewinn kommt also entweder als Dividende ins Budget oder als Übergewinnsteuer über den Finanzausgleich. Grundsätzlich sollte man alle Energiebetreiber gleich behandeln. Viel wichtiger ist aber, dass man vernünftig mit dem Geld umgeht.

ORF Vorarlberg: Also auch die Illwerke-VKW besteuern?

Einwallner: Das ist jetzt eigentlich eine Frage, ob linke oder rechte Hosentasche. Also ob man die Gewinne über eine Dividende oder eine Steuer einstreift. Aber grundsätzlich sehe ich es schon so: Wenn man eine österreichweite Lösung einführt, sollte sie auch für alle gelten. Ohne Ausnahmen für Vorarlberg. Aber wie gesagt, entscheidender ist, was man mit diesen Einnahmen macht. Wir haben einen Energiewende-Fonds vorgeschlagen. Er soll Forschung, Entwicklung und innovative Projekte in diesem Bereich fördern.

ORF Vorarlberg: Zum Schluss würde ich mit Ihnen gerne noch über die Vorarlberger SPÖ sprechen. Gabriele Sprickler-Falschlunger sucht seit einiger Zeit eine neue Vorsitzende oder einen neuen Vorsitzenden. Warum ist die Suche so schwierig?

Einwallner: Ich glaube nicht, dass sie schwierig ist. Sie hat nach den Turbulenzen um die Vorsitzführung gesagt, dass sie übernimmt und zeitgerecht bis zur nächsten Landtagswahl das Amt wieder übergeben wird. Das war von Anfang an ihr Ziel. Wir haben jetzt 2022, bald 2023. Die Wahl ist im Jahr 2024. Die Zeit drängt also noch nicht. Sie hat den Wechsel für das Jahr 2023 angekündigt. Ich bin überzeugt, dass dieser Wechsel gut über die Bühne geht.

ORF Vorarlberg: Hat Sie mit Ihnen auch darüber gesprochen?<<

Einwallner: Wir sind in regelmäßigen Gesprächen, da geht es natürlich auch um personelle Dinge.

ORF Vorarlberg: Würden Sie den Parteivorsitz übernehmen?

Einwallner: Die Entscheidung treffen die Gremien. Persönlich sehe ich mich jetzt nicht in dieser Rolle. Man lernt in der Politik, dass man nie etwas zu 100 Prozent ausschließen soll. Aber es gehört nicht zu meinen Planungen für die nächsten Jahre.