Reinhard Bösch im Nationalrat
APA/HELMUT FOHRINGER
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Politik

Bösch kann sich Rückkehr von Strache vorstellen

Der Dornbirner Reinhard Bösch (FPÖ) ist seit 1. November nicht mehr Nationalratsabgeordneter. Im ORF Vorarlberg-Interview sagt der 65-Jährige, dass er sich eine Rückkehr von Heinz-Christian Strache zu den Freiheitlichen vorstellen kann.

1989 zog Bösch erstmals in den Vorarlberger Landtag ein, damals war er bereits Stadtparteiobmann der Dornbirner FPÖ. 1994 wechselte er in den Bundesrat, im Jahr 1999 saß er zum ersten Mal im Nationalrat. Seit 1. November ist er in Politikpension. In all diesen Jahren hat Bösch viele Entwicklungen innerhalb der FPÖ erlebt, darunter auch das Aus von Strache nach dem Ibiza-Video.

„Schade, dass sich Strache in eine Falle locken ließ“

Auf die Frage, ob er nach dem Ibiza-Video von Strache persönlich enttäuscht gewesen ist, sagt Bösch: „Das ist die falsche Bezeichnung für meine Gefühle nach dem Video. Dass Heinz- Christian Strache in diese Falle getappt ist, ist sehr bedauerlich. Wir haben aber gleich die Konsequenzen gezogen. Die beiden Hauptprotagonisten Strache und Gudenus sind augenblicklich zurückgetreten.“ Es sei schade, dass sich die beiden Politiker in diese Falle haben locken lassen. „Das sie dort so offenherzig – vermutlich unter Alkoholeinfluss – geredet haben, das habe ich sehr bedauert“, sagt Bösch.

Bösch hält es für möglich, dass Strache irgendwann einmal innerhalb der FPÖ rehabilitiert wird. Das werde aber noch ein bisschen brauchen.

ORF Vorarlberg: Herr Bösch, diese Woche war Sondersitzung im Nationalrat. Wie geht es Ihnen damit, dass Ihre Kolleginnen und Kollegen in Wien diskutieren und Sie nicht dabei sind?

Bösch: Das ist ein wenig außergewöhnlich. Aber es geht mir ausgezeichnet dabei.

ORF Vorarlberg: Sie haben sich nicht komplett zurückgezogen. Sie sitzen noch in der parlamentarischen Bundesheerkommission. Warum sind Sie da geblieben?

Bösch: Das Bundesheer und die Landesverteidigung ist ein großes Anliegen für mich. In der Kommission kann ich in den nächsten Jahren noch viel Beitragen, dass die Situation im Heer besser wird.

ORF Vorarlberg: Wie haben Sie die Entwicklung des Bundesheers in den letzten Jahren und Jahrzehnten erlebt?

Bösch: Das Bundesheer hat leider Gottes nach 1990 eine dramatische Kürzungsphase erlebt. Es hat nicht nur eine Verringerung bei der Mobilmachung gegeben, also der Soldaten, die in einem Einsatzfall auf die Beine gestellt werden können. Es gab auch dramatische Einsparungen im gesamten Bereich des Bundesheeres, im Material, in der Bewaffnung. Leider Gottes ist auch in vielen Bereichen die Gehaltsituation sehr schlecht geworden. Das Bundesheer hat nun einen dramatischen Aufholbedarf. Ich hoffe, dass die Aufholphase jetzt beginnen wird.

ORF Vorarlberg: Bleiben Sie sonst noch dem Bundesheer erhalten?

Bösch: Ich bin noch Experte im Expertenstab des Generalstabschefs.

ORF Vorarlberg: Was hat Ihnen mehr Spaß gemacht: Oppositionspolitiker oder Regierungspolitiker?

Bösch: Das Ziel jeder Partei muss es sein, zu regieren. Das ist auch das Ziel von uns Freiheitlichen. Und ich habe mich deshalb auch immer gefreut, wenn wir Teil einer Regierung waren. Wir streben das auch weiterhin an. Ich werde alles tun, was ich kann, um dabei zu helfen.

ORF Vorarlberg: Sie haben innerhalb der FPÖ viel erlebt, etwa die Parteispaltung oder Ibiza. Wann hat es am wenigsten Spaß gemacht, Politiker in der FPÖ zu sein?

Bösch: Das möchte ich nicht kleinreden. Die Abspaltung des BZÖ war damals ein schwerer Schaden für die FPÖ. Es ist aber gelungen, mit einer konsequenten und harten Arbeit das dritte Lager wieder zu vereinen. Und wir sind, glaube ich, jetzt auf einem guten Weg.

ORF Vorarlberg: Haben Sie einmal gezögert, als Sie mit Heinz-Christian Strache den Weg weitergegangen sind?

Bösch: Nein. Für mich war immer klar, dass ich ein Freiheitlicher bleibe.

ORF Vorarlberg: In wem haben Sie sich mehr geirrt? In Heinz-Christian Strache oder in Sebastian Kurz?

Bösch: Ich habe damals, als wir mit der ÖVP in eine Regierung eingetreten sind, eigentlich Vertrauen zu beiden gehabt. Diese Rechnung ist leider Gottes nicht aufgegangen. Wir haben dann das Zerbrechen der Koalition im Jahre 2019 erleben müssen, was ich sehr bedauert habe. Das ist der ÖVP und Sebastian Kurz in den Jahren darauf nicht gut bekommen.

ORF Vorarlberg: Und waren Sie von Heinz-Christian Strache nach dem Ibiza-Video persönlich enttäuscht?

Bösch: Das ist die falsche Bezeichnung für meine Gefühle nach dem Video. Dass Heinz- Christian Strache in diese Falle getappt ist, ist sehr bedauerlich. Wir haben aber gleich die Konsequenzen gezogen. Die beiden Hauptprotagonisten Strache und Gudenus sind augenblicklich zurückgetreten.

ORF Vorarlberg: Wie würden Sie denn Ihre Gefühle beschreiben in diesem Moment?

Bösch: Ich würde sagen, es ist schade, dass diese beiden Politiker sich in diese Falle haben locken lassen. Dass sie dort so offenherzig – vermutlich unter Alkoholeinfluss – geredet haben, das habe ich sehr bedauert.

ORF Vorarlberg: Werden die beiden irgendwann rehabilitiert?

Bösch: Das kann ich jetzt nicht voraussagen. Ich halte es für möglich, dass es hier irgendwann eine Änderung der Situation in Richtung der Freiheitlichen Partei geben wird. Das wird aber noch ein bisschen dauern.

ORF Vorarlberg: Für Kritik sorgte immer wieder ihre Mitgliedschaft in der Burschenschaft Teutonia. Sie wird vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DÖW) als rechtsextrem eingestuft. Wäre es manchmal einfacher gewesen, wenn Sie gar nicht beigetreten wären?

Bösch: Nein. Also der Beitritt zur Teutonia habe ich nie bedauert. Dass ich dafür einen Preis zahlen muss, das ist ein Faktum. Aber diesen Preis habe ich gerne bezahlt.

ORF Vorarlberg: Verstehen Sie die Kritik? Zum Beispiel 2019, als die Teutonia von Ostmark sprach? Verstehen sie die Aufregung?

Bösch: Die verstehe ich eigentlich überhaupt nicht. Das ist eine hysterische Linie, die hier von einigen Leuten gefahren wird.

ORF Vorarlberg: Auf der Homepage der Teutonia ist bei der Geschichte nach 1945 von einer Niederlage die Rede. Und nicht von Befreiung. Ist es hysterisch, das zu kritisieren?

Bösch: Aus meiner Ansicht ja. Es ist nicht nur eine Niederlage, sondern auch eine Befreiung, das ist ein Faktum. Es gibt aber ein ganzes Spektrum an Gefühlen in Bezug auf das Jahr 1945, die man auch respektieren sollte.

ORF Vorarlberg: Auch 2018 war die Aufregung groß. In einem Interview haben Sie gesagt, dass man Gebiete in Nordafrika übernehmen sollte, auch militärisch, um darin Flüchtlinge aufzunehmen, damit sie nicht übers Mittelmeer fahren. Stehen Sie weiterhin zu diesem Vorschlag?

Bösch: Das war ein wenig unglücklich formuliert von mir. Aber es ist ein Faktum gewesen, dass wir in Nordafrika große Migrantenströme haben, die dort stranden und die Raub, Mord und Vergewaltigung ausgesetzt sind. Dort hätte es Sicherheitszonen gebraucht, um das zu verhindern. Und wenn es hier einen Beschluss gegeben hätte, entweder von der UNO oder von der EU oder von der Afrikanischen Union, wie auch immer, solche Räume zu sichern und anzubieten, dann wäre das die Idee gewesen.

ORF Vorarlberg: Ist die Idee noch aktuell?

Bösch: Die Idee ist sehr aktuell.

ORF Vorarlberg: Wie haben Sie den Rauswurf aus der Landesregierung 2009 nach dem sogenannten Exiljudensager von Dieter Egger erlebt?

Bösch: Das war eine Entscheidung, die Dieter Egger für sich selbst getroffen hat. Und er ist auch dazu gestanden, was er dort gesagt hat. Ich habe nur das Moralisieren der ÖVP in diesem Bereich nicht verstanden. Die Begründungen, die Herbert Sausgruber geliefert hat, waren nicht stichhaltig. Ich würde mir wünschen, dass er diese Begründungen auch heute in Bezug auf die Skandale seiner ÖVP wieder ausgräbt und für Ordnung sorgt.

ORF Vorarlberg: Wie würde das Land jetzt ausschauen, wäre die FPÖ noch Teil der Landesregierung und nicht die Grünen?

Bösch: Das Land würde sicherlich besser ausschauen. Wir erleben gerade, dass die Grünen die ÖVP vor sich hertreiben. In gewissen Bereichen die ich für schädlich halte. Mit einem übertriebenen Klimafanatismus wird die Wirtschaft nachhaltig geschädigt. Nicht nur hier bei uns in Vorarlberg sondern österreichweit. Ich halte das für den falschen Weg. Wir müssen eine Klimapolitik mit Hausverstand machen, die es uns ermöglicht, weiterhin wettbewerbsfähig zu sein.

ORF Vorarlberg: Klimafanatismus bedeutet, dass Sie die Gefahren des Klimawandels nicht so groß sehen?

Bösch: Der Klimawandel ist ein Faktum. Das ist aber ein Faktum in der gesamten Erdgeschichte. Wir sollten uns darum kümmern. Dagegen ist überhaupt nichts einzuwenden. Niemand von uns hat etwas gegen saubere Luft und gegen sauberes Wasser. Und dass wir uns bemühen, CO2 einzusparen und klimaneutral zu werden, das ist alles zu unterstützen. Nur darf es nicht so weit gehen, dass wir dabei unsere Wirtschaft vollkommen an die Wand fahren. Das würde in weiterer Folge dazu führen, dass wir Massenarbeitslosigkeit haben, dass wir eine Teuerung haben, dass wir Inflation haben. Alle diese Dinge, die wir derzeit erleben, würden ins Unermessliche steigen.

ORF Vorarlberg: Gibt es den menschengemachten Klimawandel?

Bösch: Dass die Menschen vor allem seit der Industrialisierung auch einen Einfluss auf das Klima haben, ist ganz klar. Vor allem auch durch den Bevölkerungszuwachs. Wir haben jetzt schon etwa acht Milliarden Menschen auf der ganzen Erde. Es waren vor knapp 100 Jahren höchstens ein Drittel davon. Das wird sicherlich auch eine Rolle spielen

ORF Vorarlberg: Sie haben durch den Rückzug jetzt neue Freizeit gewonnen. Was machen Sie jetzt mit der Zeit?

Bösch: Ich habe nicht nur eine Frau, sondern auch Kinder und Enkelkinder. Mit meiner Zeit werde ich sehr viel machen. Ich habe auch ein Haus und einen Garten. Und ich habe Hobbys, im Wesentlichen Reiten, Jagen, Fischen, aber auch Bergwandern und Radfahren.

Das Gespräch führte Michael Prock, vorarlberg.ORF.at