129. Sitzung des Nationalrates in der 27. Gesetzgebungsperiode, Nationalratsabgeordneter Norbert Sieber (ÖVP) am Rednerpult
Parlamentsdirektion/Ulrike Wieser
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Politik

Sieber hofft auf automatisiertes Pensionssplitting

Norbert Sieber aus Bregenz sitzt für die ÖVP im Nationalrat und ist Vorsitzender im Familienausschuss und Familiensprecher seiner Partei. Im Interview mit dem ORF Vorarlberg lobt er die Zahlungen der Bundesregierung für die Familien und hofft, dass das automatisierte Pensionssplitting bald beschlossen wird.

Seit 2002 ist der Bregenzer Landwirt Norbert Sieber Nationalratsabgeordneter für die ÖVP – außer einer Pause von 2008 bis 2013. Als Vorsitzender im Familienausschuss und Familiensprecher seiner Partei lobt er im Interview die Zahlungen der Bundesregierung für die Familien.

Sieber hofft, dass das automatisierte Pensionssplitting bald beschlossen wird – also, dass sich Männer und Frauen während der Kinderbetreuung die Pensionszahlungen teilen. Im Interview mit Michael Prock spricht er außerdem über den „Marsch fürs Leben“ und die Meinungsfreiheit:

ORF Vorarlberg: Zuerst Corona, jetzt die Teuerung. Wie geht es Österreichs Familien denn momentan?

Norbert Sieber: Österreichs Familien geht es im Verhältnis zu all diesen Krisen sehr gut.

ORF Vorarlberg: Geht es den Familien vergleichsweise gut, weil die Politik das Richtige tut? Oder geht es den Familien trotz der Politik gut?

Norbert Sieber: Ich glaube, in Österreich kann man mit gutem Gewissen und gutem Recht sagen: Den österreichischen Familien geht’s mit der österreichischen Politik gut und das nicht erst die letzten Jahre, sondern schon seit vielen Jahren. Wir haben es geschafft, die Familien neben den Bereichen der finanziellen Unterstützung und auch der Sachgüter-Unterstützung, zum Beispiel der Schulbuch-Aktion auch bei den Steuern entsprechend zu entlasten. Der Familienbonus plus ist in dem Bereich ein wahrer Meilenstein und darauf bin ich als Familiensprecher meiner Partei und Vorsitzender des Familien-Ausschusses auch sehr stolz.

ORF Vorarlberg: In Vorarlberg wurde gerade das neue Kinder Bildungs- und Betreuungs-Gesetz verabschiedet. Einer der Kritikpunkte lautet, dass der Rechtsanspruch fehlt. Braucht es diesen Rechtsanspruch?

Norbert Sieber: Die Kritik, dass der Rechtsanspruch fehlt, kann ich von manchen Seiten verstehen, glaube aber, dass sie nicht gerechtfertigt ist. Denn wenn wir uns anschauen: von den Drei- bis Sechsjährigen sind wir bei über 90 %, die bereits betreut werden, und bei den unter Dreijährigen sind wir auch gut unterwegs. Der Knackpunkt, das Nadelöhr ist eigentlich die Betreuungsqualität, sind die Betreuerinnen, die hier ausgebildet werden müssen. Wir haben einfach im Moment zu wenig und ein Rechtsanspruch, den ich nicht erfüllen kann, macht wenig Sinn.

47. Sitzung des Nationalrates der 27. Gesetzgebungsperiode – Fragestunde. Frage Nationalratsabgeordneter Norbert Sieber (V)
Parlamentsdirektion/Thomas Topf
Norbert Sieber (ÖVP) während der Fragestunde im Rahmen der Sitzung des Nationalrates am 9. Juli 2020.

ORF Vorarlberg: Wird es umgekehrt zum finanziellen Nachteil, wenn man beim Kind zu Hause bleibt über die ersten Jahre?

Norbert Sieber: Hier ist es so, dass Frauen oder Männer, die die Betreuungsaufgaben übernehmen, abgesichert sind. Das sind für viele Frauen die besten Zeiten ihres Lebens. Vier Jahre Kinderbetreuung sind theoretisch möglich, wenn die Kinder nicht überschneidend sind. Ich glaube, dass dies europaweit eine super Leistung, ein super Angebot ist, dass auch gerne in Anspruch genommen wird.

ORF Vorarlberg: Und dann gibt es noch das Pensions-Splitting. Soll das jetzt automatisiert kommen?

Norbert Sieber: Steht so im Regierungsprogramm. Es gibt hier noch in einigen Punkten verschiedene Zugänge.

ORF Vorarlberg: Wo hapert es denn da?

Norbert Sieber: Nun, es sind die Details. Zum Beispiel: Ein Mann trennt sich von seiner Frau, das Kind ist ein Jahr alt, dann heiratet er wieder, bekommt wieder ein Kind. Wie funktioniert das Pensions-Splitting dann in dieser zweiten Beziehung? Es sind hier viele Details, die einfach geklärt werden müssen.

129. Sitzung des Nationalrates in der 27. Gesetzgebungsperiode, Nationalratsabgeordneter Norbert Sieber (ÖVP) am Rednerpult
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Nationalratsabgeordneter Norbert Sieber (ÖVP) am Rednerpult während der Nationalratssitzung am 18. November 2021

ORF Vorarlberg: Kurze Aufregung gab es über einen Film, den Sie zeigen wollten im September. Das ist ja dann nicht zustande gekommen. Haben Sie diese Aufregung verstanden?

Norbert Sieber: Ganz ehrlich überhaupt nicht. Jeder, der sich diesen Film „What is a Woman“ einmal angesehen hat, wird meiner Meinung sein, dass man hier jetzt mit großen Kanonenkugeln auf Spatzen geschossen hat. Matt Walsh ist ein Regisseur, der dieses Thema zum Gender durchaus pointiert und manchmal auch humoristisch, auch oft einmal überspitzt darstellt. Aber das ist leider momentan in unserer Gesellschaft nicht unbedingt genehm, um nicht von einer „Cancel Culture“ zu sprechen.

ORF Vorarlberg: Sind wir schon so weit?

Norbert Sieber: Ich hoffe nicht. Ich wehre mich dagegen und werde diese Themen auch in Zukunft ansprechen, weil es mir ein Anliegen ist. Es kann nicht sein, dass so wie jüngst in Deutschland, wo junge Menschen, Mädchen und Burschen, die sich nicht ganz sicher sind, in welcher Geschlechterrolle sie sind, aufgefordert werden, Pubertätsblocker zu nehmen. Das ist aus meiner Sicht vollkommen unverantwortlich und ich werde mich da mit allem, was ich habe, dagegen auch wehren.

ORF Vorarlberg: Ihre Nationalrats-Kollegin Gudrun Kugler ist kürzlich beim „Marsch fürs Leben“ mitmarschiert in Wien. Würden Sie da auch mitgehen?

Norbert Sieber: Ich war schon zweimal dabei, ist eine tolle Veranstaltung, und jeder soll sich einmal ein Bild davon machen. Aber beim „Marsch fürs Leben“ macht mich eines sehr nachdenklich: Dass hier ein vollkommen friedlicher Marsch in Österreich so bekämpft wird.

ORF Vorarlberg: Und dass Identitäre wie Martin Sellner mitmarschieren, nicht?

Norbert Sieber: Ich persönlich kenne den nicht und ich weiß, so wie auch bei den Märschen gegen das Impfen, wo Leute mitmarschiert sind: Diese Leute versuchen, diese Bewegung zu vereinnahmen. Ich lehne das ab. Wenn ich was zu sagen hätte, würde der nicht mitmarschieren.