Blum Werk 2
Blum
Blum
Wirtschaft

Fehlende Nachfrage: Blum drückt auf die Bremse

Der Beschlägehersteller Blum ist von den derzeitigen Auftragsrückgängen regelrecht überrumpelt. Seit der Finanzkrise 2008 gab es keine so unsichere Wirtschaftslage für das Unternehmen wie derzeit. Breitangelegter Personalabbau soll es aber vorerst keinen geben.

Der Beschlägehersteller Blum sieht sich angesichts unsicherer Prognosen und nur schwer zu interpretierender Signale in Bezug auf die wirtschaftliche Entwicklung seiner Absatzmärkte dazu gezwungen, vorsichtig auf die Bremse zu steigen. Darüber informierten die beiden Blum-Geschäftsführer Philipp Blum und Martin Blum bei einem kurzfristig angesetzten Pressegespräch am Stammsitz in Höchst.

„Stochern im Nebel“

„Wir stochern derzeit so wie die gesamte Branche im Nebel, was die zukünftige Nachfrage betrifft. Deshalb reagieren wir frühzeitig.“ Nach den extremen Steigerungen in den vergangenen zwei Jahren bremse sich die Nachfrage auf Kundenseite deutlich ein. „Wir haben damit gerechnet, dass diese Zuwächse nicht ewig anhalten und irgendwann einmal zurückgehen werden. Wir sind jedoch überrascht von der Geschwindigkeit, mit der das jetzt passiert“, so die beiden Blum-Geschäftsführer. Konkrete Zahlen zu den Auftragsrückgängen wurden nicht genannt. Bei Blum begründet man dies mit der schweren Interpretation der Zahlen angesichts der massiven Zuwächse in der jüngeren Vergangenheit. Man könne das noch nicht in Relation setzen.

Teilbereiche der Produktion werden gedrosselt

Blum habe zuletzt hohe Lagerbestände aufgebaut, um in unsicheren Zeiten lieferfähig zu bleiben. Das sei eine der Lehren aus der CoV-Pandemie-Bekämpfung, die zu massiven Verwerfungen in den Lieferketten geführt hätte. Jetzt allerdings stocke die Nachfrage. Deshalb werde man nunmehr frühzeitig Teilbereiche der Produktionskapazitäten um bis zu 20 Prozent zurückfahren, damit man die ohnehin schon vollen Lager nicht noch weiter fülle und damit zukünftig Probleme bei der Logistik schaffe. Denn unabhängig davon erschwere derzeit auch eine interne IT-Umstellung im Bereich Material- und Produktionsmanagement die Ein- und Auslagerungsprozesse zusätzlich.

Verschieben des Personals und Abbau von Überstunden

Die jetzt angesetzten Maßnahmen betreffen wie gesagt Teilbereiche der Produktion in den Werken in Vorarlberg und Polen. Aktuell seien rund 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von diesen Maßnahmen betroffen. Martin Blum geht jedoch davon aus, dass sich diese Zahl noch erhöhen werde. Zu den Maßnahmen gehöre ein verstärktes Verschieben des Personals zwischen den Werken, der Abbau von Überstunden sowie der vermehrte Einsatz von flexiblen Zeitkonten. Bis zu 60 Minus-Stunden können beziehungsweise müssen die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort ansammeln. „Wir schließen nicht ganze Schichten oder Produktionsbereiche, sondern passen punktuell und teilweise tagweise an“, so die Blum-Geschäftsführung. Die geforderte Flexibilität bringe zwar Diskussionen in der Belegschaft mit sich. Allerdings sei diese Flexibilität der Schlüssel dazu, um auf solche Situationen zu reagieren.

Derzeit kein Personalabbau geplant

Blum versuche unter allen Umständen, mit solchen und ähnlichen Maßnahmen einen Personalabbau zu verhindern. „Das ist derzeit von uns nicht geplant, aber wir können nicht in die Zukunft schauen.“ Allerdings lasse man Effekte wie die natürliche Fluktuation stärker wirken als bisher und baue nur dort Personal auf, wo es absolut notwendig sei.

Situation schwer einzuschätzen

Die Situation sei für Blum auch deshalb so schwer einzuschätzen, da Märkte und Kundenzielgruppen sich sehr unterschiedlich verhalten würden. Selbst jahrzehntelange Blum-Kunden mit viel Branchenerfahrung seien derzeit ratlos, was die Zukunft bringe. So gebe es gerade im günstigen Einstiegsbereich der Blum-Produkte, also in der „Fläche“, deutliche Rückgänge, währenddessen höherpreisige Produkte nach wie vor gefragt seien. Und Möbel seien stärker unter Druck als Küchen.

China völlig unberechenbar

In den USA laufe das Geschäft nach wie vor gut. Der chinesische Markt sei für Blum sehr wichtig, allerdings sei er aufgrund der Covid-Politik der chinesischen Regierung völlig unberechenbar geworden und verzeichne derzeit wenig Konsum. Nach Russland liefere man gegenwärtig gar keine Waren mehr. Und nicht nur in Europa mache sich eine starke Verunsicherung der Kunden breit. Das sei eine der wenigen Gewissheiten: „Das Konsumklima trübt sich ein. Nur wenige Menschen investieren gegenwärtig in eine Küche, wenn sie nicht müssen“, so Philipp und Martin Blum. Dazu komme gerade in Europa die Verunsicherung aufgrund des bevorstehenden Winters und der Energieversorgung.

Blum erzielte im Geschäftsjahr 2021/22 (30.6.) einen Umsatz von 2,64 Milliarden Euro, ein Plus von 11,2 Prozent. Weltweit wurden zum Bilanzstichtag 9.422 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. In Vorarlberg waren es fast 7.000 Beschäftigte.