Frau in Bludenz erstochen
Dietmar Mathis
Dietmar Mathis
Chronik

Femizid in Bludenz: Tat mit langer Vorgeschichte

Am Dienstagabend hat ein 36-jähriger Mann in Bludenz seine 32-jährige Ehefrau erstochen. Das Paar hatte drei gemeinsame Kinder. Es ist der traurige Höhepunkt einer langen Gewaltgeschichte in der Familie. Bis kurz vor der Tat saß der Mann in Untersuchungshaft. Nun wurde erneut eine Untersuchungshaft gegen den Tatverdächtigen verhängt.

Dem 36-Jährigen sind zwei Delikte vorgeworfen worden. Einmal gefährliche Drohung gegen seine Frau und einmal gegen eine andere Person. Wegen der Drohung gegen seine Frau ist er in Untersuchungshaft gelandet, weil Gefahr bestanden hat, dass er die mögliche Tat wiederholt – also wegen Tatbegehungsgefahr. Diese Drohung gegenüber seiner Frau konnte ihm vor Gericht aber nicht nachgewiesen werden.

Frau starb an massivem Blutverlust

Der Mann ist freigesprochen und aus der U-Haft entlassen worden. Für den zweiten Vorwurf ist er zu neun Monaten Haft verurteilt worden, allerdings nicht rechtskräftig. Der Mann ist also frei gekommen. Laut Experten gibt es da eigentlich keine Möglichkeit, ein Betretungsverbot auszusprechen, da Österreich ja ein Rechtsstaat ist. Eine Woche nach seiner Haftentlassung hat er zugestochen.

Nun wird der Mann in die Justizanstalt Feldkirch überstellt und die Staatsanwaltschaft wird die Ermittlungen übernehmen. Laut dem vorläufigen Obduktionsergebnis ist die Frau am massiven Blutverlust, der durch zahlreiche Stich- und Schnittverletzungen an Blutgefäßen und Organen hervorgerufen wurde, verstorben. Ein toxikologisches Gutachten steht noch aus. Der Mann hatte bei der Tat weniger als 0,5 Promille im Blut. Mittlerweile wurde gegen den Tatverdächtigen eine Untersuchungshaft verhängt.

Vorerst Gewalt psychischer Natur, die sich hochschaukelt

Die Tötung von Frauen durch ihnen nahestehende Männer sind nur die Spitze des Eisbergs, sagt Angelika Atzinger, die Leiterin des Vereins Amazone. Es passiert nicht aus heiterem Himmel. Schon im vorhinein gibt es Gewalt, ganz zu Beginn meist noch psychischer Natur, die schaukelt sich dann hoch. Das große Problem ist: Beziehungsgewalt bleibt oft unsichtbar.

Atzinger appelliert an Betroffene sich Hilfe zu suchen. Die Frauen-Helpline gegen Gewalt ist 24 Stunden und ganz unbürokratisch erreichbar. Wenn man selbst nicht inkludiert, sondern Zeuge einer Tat wird, dann sollte man jedenfalls nicht schweigen, betont Atzinger: „Grundsätzlich ist es gerade bei Beziehungsgewalt sehr oft so, dass es unsichtbar bleibt. Aber wenn ich trotzdem mitkriege oder den Verdacht habe, dass Gewalt ausgeübt wird, dann finde ich es ganz wichtig, den Betroffenen das Angebot zu machen, zur Verfügung zu stehen und in Kontakt zu sein. Im besten Fall natürlich so, dass der Gewalttäter es nicht mitbekommt.“

Im Zweifelsfall Polizei verständigen

Wenn man nun Schreie aus der Nachbarwohnung mitbekommt, ist oft jedoch nicht klar, geht es um Gewalt oder ist es eine Streitsituation. Atzinger sagt aber, im Zweifelsfall muss auf jeden Fall die Polizei verständigt und gut hingeschaut werden: „Nicht inaktiv bleiben und im Zweifelsfall einmal zu oft die Polizei anrufen.“ Vom Einmischen, Klopfen oder Klingeln rät die Expertin ab: „Wenn gerade die Situation eskaliert, ist es natürlich nicht so ratsam, dass ich mich selber in das Geschehen einmische. Aber das kommt natürlich immer auf die Situation an.“

Pauschal sagen könne man es nicht. „Wenn ich mir in der Situation unsicher bin, was ich tun kann, dann ist es sehr ratsam, vielleicht auch bei der Frauen-Hotline anzurufen, die 24 Stunden erreichbar ist und die kann dann ganz schnell und unbürokratisch Hilfestellung geben, was die Möglichkeiten sind, wenn ich mir unsicher bin und Angst habe, etwas zu unternehmen“, so Atzinger.