Kälbertransport
M. Perfectti – stock.adobe.com
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Chronik

Kälbertransporte: Abkommen laut Juristen rechtswidrig

Die Kälbertransporte von Vorarlberg nach Bozen stehen erneut in der Kritik, dieses Mal aber von juristischer Seite: Das Abkommen zwischen Österreich und Italien, das die Transporte regelt, widerspreche dem EU-Recht, sagt unter anderen die Vorarlberger Juristin Patricia Patsch. Auch, weil der Standard niedriger geworden sei.

Jahrelang ist die Aufregung um Kälbertransporte groß gewesen. Mehrere tausend Jungtiere wurden jährlich von Vorarlberg über Salzburg nach Bozen transportiert. Sogar im Libanon wurden Vorarlberger Kälber entdeckt. Das war Anfang des Jahres 2020. Mittlerweile ist es um das Thema ruhiger geworden.

Hinter den Kulissen haben sich allerdings Juristinnen und Juristen mit den Transporten auseinandergesetzt. Sie nehmen jetzt ein Abkommen ins Visier, das zwischen Österreich und Italien ausgehandelt wurde. Vermutlich stammt es aus dem Jahr 2019. Darin werden die Tiertransporte nach Bozen und darüber hinaus geregelt.

Neue Begriffe im Abkommen machen Transportziele unklar

Die Juristin Patsch stellte fest, dass das Abkommen rechtswidrig sein könnte – unter anderem, weil neue Begriffe eingeführt wurden. Im Abkommen ist nämlich von einem „vorläufigen“ und einem „endgültigen“ Bestimmungsort die Rede. Das mache es unmöglich, zu überprüfen, wohin die Tiere wirklich transportiert werden sollen, erklärt Patsch.

„Eigentlich müsste die Behörde vor Ort überprüfen, ob das Ganze Sinn macht, im rechtlichen Rahmen liegt und plausibel ist. Dadurch, dass nicht festgelegt ist, wo die Tiere schlussendlich hinkommen, ist dies der Behörde eigentlich nicht möglich“, so Patsch. Wenn der Zielort nicht bekannt sei, könne sich die Fahrt verlängern, was sich negativ auf das Tierwohl auswirke.

Abkommen soll Transporte über lange Strecken legalisieren

Tiertransporte sind grundsätzlich in einer EU-Verordnung geregelt. Staaten dürfen darüber hinaus zwar eigene Regeln beschließen, doch die EU-Verordnungen geben den Mindeststandard vor. Mit dem Abkommen sei der Standard allerdings geringer geworden, was dem EU-Recht widerspreche, argumentiert Patsch.

Hinzu komme, dass EU-Regeln lediglich innerhalb eines Staates verschärft werden können, nicht aber zwischen zwei Staaten, fügt Patsch hinzu. Das Abkommen verfolge demnach vor allem einen bestimmten Zweck: „Jetzt versuchen die beiden Staaten, die Transporte gerade zum Beispiel von Vorarlberg über Bergheim in Salzburg runter nach Bozen und dann weiter zu den einzelnen Betrieben zu legalisieren“, erklärt Patsch. „Die Kälber stehen dadurch stundenlang in den Transportern und werden nicht einmal mit Wasser versorgt“, kritisiert sie.

Gutachten liegt der EU-Kommission vor

Der Fachartikel, in dem Patricia Patsch gemeinsam mit dem Tiertransportexperten und Tierarzt Alexander Rabitsch sowie der Juristin Barbara Felde das Abkommen begutachtet hat, ist bereits erschienen. Auch der EU-Kommission haben die Juristinnen und Juristen schon ihre Erkenntnisse präsentiert.

„Selbst der Europäischen Kommission war dieses Abkommen nicht bekannt“, berichtet Patsch. Man habe der Kommission eine Frist bis Jänner 2023 gegeben. „Sollte sie bis dahin nicht tätig werden, werden wir weitere Schritte in Erwägung ziehen“, erklärt Patsch. In Österreich sei das Abkommen nie offiziell kundgemacht worden. Auch das sei eigentlich rechtswidrig, sagt Patsch.