Marina und Arina aus der Ukraine
ORF Vorarlberg
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Ukraine-Krieg

Geflüchtete Ukrainerin besucht ihre Heimat

Hunderttausende Menschen sind bereits vor dem Krieg in der Ukraine geflüchtet, rund 70.000 davon nach Österreich. Darunter auch die 32-jährige Marina mit ihrer vierjährigen Tochter Arina, die jetzt zum ersten Mal seit Februar ihre Heimat besucht haben.

Seit Februar hält der russische Angriff in der Ukraine nun bereits an. In den ersten Wochen nach Kriegsbeginn waren vor allem die Vororte von Kiew heftig umkämpft. Dabei wurden auch viele zivile Gebäude zerstört, so auch im Zentrum von Borodjanka, 30 Kilometer nördlich von Kiew. Beinahe nebenan liegt der Ort Stojanka-2, wo ebenfalls Spuren von russischem Artilleriebeschuss zu sehen sind.

Spuren von plündernden Soldaten sichtbar

Alexander und Marina zählen zu den wenigen verbliebenen Bewohnern in ihrem Wohnhaus. Die sichtbaren Schäden sind Spuren plündernder russischer Soldaten: „Sie haben unsere persönlichen Sachen gestohlen, Haustechnik, Frauenkleider und Parfum", erklärt Alexander. „Gestohlen haben sie auch unseren Fernseher und den Mikrowellenherd, der Computer wurde beschädigt. Alles war auf den Kopf gestellt, ein einziges Durcheinander“, berichtet Marina.

Das Ehepaar lebt gemeinsam mit ihrer vierjährigen Tochter Arina in einer Mietwohnung. Alexander ist 31 Jahre alt, ein Jahr jünger als Marina und ebenfalls ausgebildeter Lehrer. Ebenso wie Marina, die für eine österreichische Firma arbeitet, übt er seinen erlernten Beruf nicht aus: Er ist Bauarbeiter. „Arbeit gibt es sehr viel, doch die Menschen haben kein Geld. Die Kosten für Baumaterial sind stark gestiegen, daher ist es schwierig“, sagt Alexander.

Geflüchtete kehrt in Ukraine zurück

Rund 70.000 Ukrainerinnen und Ukrainer sind aufgrund des Krieges in ihrer Heimat nach Österreich geflohen. Marina und ihre vierjährige Tochter Arina haben in Klaus in Vorarlberg eine Bleibe gefunden. Nach vier Monaten sind die beiden zum ersten Mal wieder zurück zu ihrem Wohnort nach Kiew gekommen.

Ukraine ist und bleibt die Heimat der Familie

Wehrfähige Männer dürfen nicht aus der Ukraine ausreisen. Das hat Alexander auch nicht vor, jedenfalls nicht auf Dauer: „Ich liebe die Ukraine, und ich will auf jeden Fall bleiben, außer die Russen kommen. Marina hat mir erzählt, wie schön es in Österreich ist, und Fotos gezeigt. Ich würde nach Österreich kommen, um als Gastarbeiter etwas Geld zu verdienen. Doch ich hoffe, dass der Krieg endet, und wir alle in der Ukraine leben können, wenn alles gut ausgeht“, berichtet Alexander.

Marina wird mit ihrer Tochter wieder nach Vorarlberg zurückkehren, wo derzeit ihre Mutter lebt. Die junge Frau will ihren Deutschkurs fertig machen, derzeit lernt sie online, um mit der Sprache in Kontakt zu bleiben. Die Zukunft ihrer Familie sieht sie dennoch in der Ukraine:

„Österreich, Vorarlberg und Klaus sind schön und die Menschen sind sehr hilfsbereit. Doch daheim ist daheim; unsere Tochter hat hier ihre Spielkameraden und hängt sehr an ihrem Vater, der aber nicht ausreisen darf. Hier sind meine Großeltern und alle Verwandten, die man nicht nach Österreich bringen kann. Hinzu kommt: die Ukraine ist unsere Heimat“, beschreibt Marina.

Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste

Die Säcke im Wohnzimmer sind daher nicht die gepackten Sachen für eine Ausreise, sondern dafür, im Falle eines neuerlichen Angriffs nicht mehr packen zu müssen. Vorsicht ist schließlich die Mutter der Porzellankiste, daher verhalf Alexander Ehefrau und Tochter auch zur Flucht. Die erste Nacht nach Kriegsbeginn brachten sie im Keller ihres Hauses zu.

Die Pläne der Familie waren ganz auf die Ukraine ausgerichtet. In einem Rohbau sollte auch die neue Zwei-Zimmer-Wohnung der Familie nun fast fertig sein. Doch wegen des Krieges mussten die Arbeiten eingestellt werden. Für die 56 Quadratmeter hat das Paar bereits etwa 15.000 Dollar angezahlt, das entspricht 40 Prozent des gesamten Preises: „Wir haben unser Auto verkauft, und dann auch noch aus anderen Quellen Geld aufgebracht, und so haben wir mit all unseren Kräften die Summe finanziert,“ bedauert Marina.

Die vielen Baustellen zeigen, dass dieser Vorort von Kiew vor dem Krieg ein beliebtes Wohngebiet war.
Die meisten unmittelbaren Spuren sind hier beseitigt, doch den Krieg hat die Ukraine noch lange nicht überstanden. Daher gibt es keine Gewissheit, dass Arina und ihre Familie hier wirklich werden in Frieden und Sicherheit leben können.