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Medizin

Erstes CoV-Jahr: Jede zweite Krebstherapie verzögert

Krebskranke zählen bei einer CoV-Infektion zur Hochrisikogruppe. Im ersten Pandemie-Jahr – als es noch an Impfung und Medikamenten mangelte – waren sie einem extrem hohen Risiko ausgesetzt, wie eine österreichweite Studie unter Mitwirkung des LKH Feldkirch zeigt. Zudem wurde mehr als jede zweite Krebsbehandlung coronavirusbedingt verzögert oder unterbrochen.

Heute weiß man, dass ein Teil der Krebspatientinnen und -patienten die Coronavirus-Impfung gut verträgt und so vor schweren Covid-Verläufen geschützt werden kann. Und für den anderen Teil stehen inzwischen wirksame Medikamente zur Verfügung. Im ersten Jahr der Pandemie war das nicht so – wie die Studie zeigt.

16 Prozent der Patienten starben

Ausgewertet wurde der Zeitraum von März 2020 bis April 2021. Von 230 Krebspatientinnen und -patienten, die sich in dieser Zeit mit dem Coronavirus ansteckten und deren Daten für die Studie ausgewertet wurden, starben mehr als 16 Prozent. Das ist vergleichsweise viel und allein schon schlimm genug.

Die Untersuchung hat aber noch etwas gezeigt, das selbst die Studienautoren erschrecken ließ: Bei mehr als 60 Prozent der Betroffenen wurde coronavirusbedingt die nötige Krebsbehandlung verzögert oder unterbrochen.

Therapieverzögerung mögliche Ursache für Sterblichkeit

Gut möglich, dass auch deswegen die Sterbezahlen so hoch gewesen seien, sagt Primar Thomas Winder, dessen Abteilung für Innere Medizin am LKH Feldkirch an der Studie beteiligt war. „Wir wissen, dass eine Therapieverzögerung schlecht für die Patienten ist und damit auch die Überlebensdauer reduziert und die Sterblichkeit erhöht werden können.“

Dass in einigen Fällen die Krebsbehandlung von mit dem Coronavirus infizierten Onkologie-Patienten unterbrochen wurde, sei aber nur ein Grund für die Therapieverzögerungen, sagt Winder. Ein weiteres Problem seien verspätete Diagnosen gewesen, weil durch den Lockdown Vorsorgemaßnahmen, etwa für Darm- oder Brustkrebs, nicht mehr in normalem Maß wahrgenommen worden seien.

Verzögerte Erstdiagnosen

„Dadurch gab es natürlich auch eine Verzögerung in der Erstdiagnose, so dass die Patientinnen und Patienten möglicherweise erst in einem späteren Stadium diagnostiziert worden sind.“ Das bringe natürlich auch eine Verschlechterung der Prognose mit sich.

Winder gibt aber auch zu bedenken, dass es damals kaum Medikamente gegen das Virus gab. Zumindest keine, von denen man gewusst hätte, dass man sie risikolos auch gemeinsam mit Krebsmedikamenten hätte verabreichen können.

„Deutlich, deutlich besser geworden“

Menschen mit Krebs bräuchten nun aber aufgrund der Studien-Ergebnisse nicht in Panik verfallen, sagt Winder. Denn Medizin und Forschung hätten inzwischen viel gelernt und geleistet: „Wir haben mittlerweile viele Möglichkeiten der prophylaktischen und der therapeutischen Maßnahme.“ Die Zahlen hätten sich gewandelt.

„Weil wir besser damit klar kommen, weil wir viel dazu gelernt haben“ und mit den Impfungen, mit den prophylaktischen Gaben, den Virusmedikamenten, in der Lage seien, zu behandeln. „Damit sind wir da deutlich, deutlich besser geworden.“ Zudem, sagt Winder, werde es solche Lockdowns wie damals, als auch die Früherkennung von Krebs so gut wie völlig zum Erliegen kam, wohl kaum mehr geben.