Gefängnis innen
Lettas/stock.adobe.com
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Gericht

Zu wenig Wachen für Verhandlungen

Seit Jahren leidet die Justizanstalt Feldkirch immer wieder unter Personalnot. Derzeit ist die Situation aber so angespannt wie seit langem nicht mehr. Das hat die Anstaltsleitung jetzt zu einem recht außergewöhnlichen Schritt bewegt: In einem Schreiben werden Gerichte gebeten, an einem Tag in der Woche keine Haftsachen mehr zu verhandeln.

Die Richterinnen und Richter waren einigermaßen verwundert, als sie das Schreiben von Cornelia Leitner erhielten. Die Leiterin der Justizanstalt Feldkirch bat darin um Hilfe: Wegen Personalmangels in der Justizwache sei es nicht mehr möglich, an jedem Tag Häftlinge als Angeklagte oder Zeugen zu einem Prozess vor Gericht zu begleiten.

Keine Haftsachen an einem Tag der Woche

Wenn möglich, solle die Richterschaft solche Haftsachen zumindest an einem Tag pro Woche nicht zur Verhandlung ausschreiben, sagt Leitner: „Das betrifft nicht alle Haftsachen, sondern nur planbare Verhandlungen/Hauptverhandlungen und das betrifft auch nur einen Tag pro Woche, zeitlich befristet für drei Monate.“

Personal wandert ab: Acht Stellen unbesetzt

Nötig sei das, weil immer mehr Justizwache-Personal den Job an den Nagel hängt und zum Beispiel bei privaten Sicherheitsfirmen in Vorarlberg, besonders aber in Liechtenstein und der Schweiz anheuert, sagt Leitner: „Wenn Sie bedenken, dass in der freien Marktwirtschaft mittlerweile sehr hohe Nettolöhne angeboten werden, verbunden mit einer Vier-Tage-Woche, dann können Sie sich vorstellen, dass der Schicht- und Wechseldienst, wie er eben in der Justizanstalt nötig ist, nicht sehr attraktiv für viele Arbeitnehmer ist.“ Das hat laut Leitner dazu geführt, dass derzeit acht Planstellen in der Justizanstalt unbesetzt sind.

Gefängnis außen
ORF Vorarlberg
Der Justizwache fehlt es an Personal – wegen Abwanderung in die Privatwirtschaft und Covid-Absonderungen

Quarantäne-Absonderungen nehmen zu

Zusätzlich belastet auch noch die Coronavirus-Pandemie die Justizwache. Die aktuell steigenden Infektionszahlen machten sich immer mehr auch beim Gefängnis-Personal bemerkbar. Zurzeit sind laut Leitner etwa sieben Prozent der Belegschaft in Quarantäne – Tendenz steigend.

Deshalb auch das zuvor genannte Schreiben an die Richterschaft: „Weil ich eben damit rechnen muss, dass ich ab September, wenn die ganzen Urlaubsrückkehrer kommen und auch die Schulen wieder Betrieb aufnehmen, noch mehr Absonderungen haben werde“, sagt Leitner: „Und deswegen ist es leider auch immer noch der Pandemie geschuldet, dass wir nicht immer alle Personen, die bei uns eine Planstelle besetzen, im Dienst zur Verfügung haben.“

Bund gefordert bei Personalpolitik

Den Personalmangel zu stoppen, liege jetzt in der Verantwortung der Bundespolitik, sagt Leitner. Sie wünsche sich, dass die Entscheidungsträger in der Regierung auf steigende Immobilienpreise und hohe Lebenshaltungskosten mit angepassten Löhnen im öffentlichen Dienst reagieren würden: „Wenn die Löhne steigen, dann ist das wieder ein guter Weg, um den Beruf attraktiv zu machen.“ Ob dieser Wunsch Realität wird, zeigt sich spätestens bei den nächsten Beamten-Gehaltsverhandlungen, die im Herbst beginnen werden.