Gas wird abgedreht
ORF Vorarlberg
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Wirtschaft

IV-Betriebe bereiten sich auf Gasausfall vor

Die Industriellenvereinigung Vorarlberg (IV) fordert angesichts des drohenden Gaslieferstopps einen „Masterplan Gas“ vom Bund. Man vermisse den Austausch mit den Betrieben und eine klare Kommunikation zu den Maßnahmen im Ernstfall. Hier seien Deutschland und die Schweiz deutlich weiter.

„Die Dramatik wird hierzulande immer noch unterschätzt“, so IV-Präsident Martin Ohneberg anlässlich der 75-Jahr-Feier der IV am Montag. In Panik verfallen dürfe man dennoch nicht, betonte er.

Heimische Industrie warnt vor Gas-Lieferstopp

Die Auftragsbücher sind zwar voll – aber gestörte Lieferketten als Folge der Pandemie und des Ukraine-Kriegs bremsen seit Monaten schon unsere Industriebetriebe. Vor allem aber die hohe Abhängigkeit von Gas macht den heimischen Unternehmen Sorgen. Dazu im Interview: IV-Chef Martin Ohneberg.

28.000 Jobs hängen am Gas

„Ohne Gas würde der direkte und vorgelagerte Wertschöpfungsverlust wöchentlich 74,4 Millionen Euro betragen, also über 23 Prozent der gesamten Wertschöpfung. Darüber hinaus hängen fast 28.000 Arbeitsplätze und damit jeder dritte der 76.700 Arbeitsplätze in der Industrie, dem Handwerk und dem Gewerbe am Gas“, sagte Ohneberg unter Berufung auf eine von der IV beauftragte Studie zur Bedeutung von Gas in der Vorarlberger Wirtschaft.

Darin noch nicht enthalten seien die nachgelagerten Wertschöpfungsverluste, diese dürften deutlich höher sein als die direkten Verluste, so Ohneberg. Wenn man sich klarmache, dass vieles dann nicht mehr hergestellt werden könnte, etwa Verpackungen und weiterverarbeiteter Stahl, würde sich der Wertschöpfungsverlust rasch auch in allen anderen Wirtschaftssektoren niederschlagen.

„Eintrübung“ der Stimmung in der Industrie

In der Vorarlberger Industrie gebe es angesichts der vielen Krisen bereits eine „Eintrübung“ der Stimmung. Die Auftragslage sei derzeit noch gut, aber anhaltender Fachkräftemangel und fehlende Rohstoffe machten sich bemerkbar. Die einzelnen Betriebe wären von einem Gasausfall unterschiedlich stark betroffen, die Gemengelage der vielen Krisen – von der Teuerung über Lieferengpässe bis hin zur Pandemie – bedeute aber eine große Herausforderung für alle. „Die Zuversicht und Hoffnung überwiegt jedoch immer, sonst darf man nicht Unternehmer sein“, meinte der IV-Präsident.

IV fordert Masterplan Gas

Angesichts des drohenden Gaslieferstopps warnte er davor, sich auf die europäische Solidarität zu verlassen. Vonseiten der Bundesregierung gebe es hier noch wenig Bewusstsein. „Es braucht einen klar kommunizierten ‚Masterplan Gas‘, der diesen Namen auch verdient, damit es in der Wirtschaft wieder ein sicheres Gefühl gibt, über den Winter zu kommen“, betonte er.

Es müssten schleunigst Initiativen für den Ernstfall und zum Energiesparen gesetzt werden. Hierzulande überwiege noch immer ein naives Prinzip Hoffnung, dass Russland schon weiter liefern werde. Dabei brauche man eine intensive Auseinandersetzung, was Energielenkung im Worst Case bedeute und eine Anlaufstelle, wo Betriebe Unterstützung erhalten.

Industrie bildet Taskforce

Die Industrie in Vorarlberg werde sich jedenfalls auf einen Gasausfall vorbereiten. Die IV initiierte dazu eine „Taskforce Gas“, damit es im Falle einer Energielenkung vonseiten des Bundes in Vorarlberg eine Plattform gebe, um gegenüber dem Bund mit einer Stimme sprechen zu können. Darin eingebunden seien die Wirtschaftskammer, die Illwerke/VKW und die größten Gasabnehmer.

Gemeinsam wolle man alle Szenarien durchdenken. Die Betriebe bemühten sich derzeit, alternative Lieferanten aufzubauen, Gas durch andere Energien wie Öl oder Biomasse zu ersetzen oder an anderen, weniger betroffenen Standorten zu produzieren. „Aber es ist kurzfristig schwer, eine Lösung zu finden. Das geht alles nicht von heute auf morgen“, gab Ohneberg zu bedenken.

Erneuerbare Energien alleine werden nicht reichen

Angesichts Österreichs großer Abhängigkeit von russischem Gas, von dem man ja auch dank günstiger Preise jahrzehntelang profitiert habe, werde es Jahre dauern, davon wegzukommen. Die Erneuerbaren müssten in einem Kraftakt maximal ausgebaut werden, aber mit realistischer Zielsetzung und unter Reduzierung von verzögernden Genehmigungs-, Widmungs- und UVP-Verfahren. Es werde jedoch nicht reichen, allein auf erneuerbare Energien zu setzen, betonte Ohneberg. Man werde weiter abhängig von anderen Ländern mit Rohstoffen bleiben und im Rohstoff- und Energieeinkauf akzeptieren müssen, dass das westliche Prinzip nicht das einzige Prinzip sei.