Die Forschenden um Philine Feulner vom Eawag-Institut untersuchten alte Schuppen von vier Felchenarten, die vor rund 90 Jahren im Bodensee gelebt hatten. Darunter finden sich Exemplare der heute ausgestorbenen Art namens Coregonus gutturosus.
Durch Überdüngung ausgestorben
Zum Verhängnis wurde dieser Felchenart die zunehmende Überdüngung des Sees ab den 1950er-Jahren, wie die Eawag in einer Mitteilung vom Donnerstag schrieb. Denn dieser Fisch bevorzugte Laichgebiete in der Tiefe des Sees, wo durch die Überdüngung ein Sauerstoffmangel herrschte.
Doch Coregonus gutturosus verschwand offensichtlich nicht spurlos: Er wurde in die Nischen der anderen Felchenarten gedrängt, wo er sich mit ihnen kreuzte und Teile seines Erbguts in den gemeinsamen Nachkommen hinterließen.
Nach Ende der letzten Eiszeit entwickelten sich in den großen Voralpenseen mehr als 30 endemische Felchenarten. Damit sind Arten gemeint, die einzigartig sind für einen See, wie die vier in der Studie untersuchten Felchenarten des Bodensees. Die Überdüngung im 20. Jahrhundert führte jedoch damals zu einem dramatischen Verlust der Felchenvielfalt.
Erbgut „überlebte“ in anderen Arten
Die Forschenden vermuten, dass sich im Vermächtnis der ausgestorbenen Felchenart auch Erbstücke befinden, die ein Leben im Tiefenwasser möglich machen. Somit könnten die heute lebenden Hybride einen Vorteil haben, um in diesem Lebensraum zurechtzukommen.
Lebensfeindliche Zone wieder zugänglich
Ob dem tatsächlich so ist, möchte das Team nun untersuchen. Obwohl nämlich in den tieferen Regionen des Bodensees noch keine Felchen vorkommen, wäre die einst lebensfeindliche Zone theoretisch wieder bewohnbar, weil sich der See von der Überdüngung inzwischen erholen konnte.
„SeeWandel“ erforscht Ökosystem Bodensee
Das interdisziplinäre Forschungsprojekt „SeeWandel: Leben im Bodensee – gestern, heute und morgen“ beschäftigt sich mit Fragen zur Widerstandsfähigkeit des Ökosystems Bodensee und untersucht den Einfluss von Nährstoffrückgang, Klimawandel, gebietsfremden Organismen und anderen Stressfaktoren. Die vorliegende Studie gehört zu einem von insgesamt 13 Projekten, an denen sieben Forschungseinrichtungen aus Deutschland, Österreich, Liechtenstein und der Schweiz beteiligt sind.