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Telefonseelsorge: Noch nie so viele Anrufe

Die Pandemie ist auch bei den Beratungsstellen spürbar: Noch nie haben sich so viele Menschen an die Telefonseelsorge Vorarlberg unter der Telefonnummer 142 gewandt, wie heuer: 16.700 Anrufer sind um rund fünf Prozent mehr als im vergangenen Jahr.

Im langjährigen Durchschnitt rufen pro Jahr rund 13.000 Menschen die Vorarlberger Telefonseelsorge an. Die Coronavirus-Krise, Lockdowns und auch die Impfdiskussion haben die Zahl der Anrufer nun noch einmal nach oben getrieben. Heuer sind es mit 16.700 Anrufen noch einmal fünf Prozent mehr, als im vergangenen CoV-Jahr.

Klassische Sorgen überwiegen

Mehr als 20.000 Stunden lang haben die Freiwilligen der Telefonseelsorge heuer ein offenes Ohr gehabt. Es überwiegen dabei noch die klassischen Sorgen wie Einsamkeit, Trauer oder auch Streitereien innerhalb der Familie bei den Anrufern, aber auch Wut und Frust über die Impfdiskussionen werden abgeladen, sagt der Leiter der Telefonseelsorge, Sepp Gröfler.

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Die Telefonseelsorge ist auch auch an den Feiertagen kostenlos rund um die Uhr erreichbar unter Nummer 142.

Impfkonflikte zunehmend Thema

„Es hat insofern zugenommen, dass natürlich dieser Konflikt der Nichtgeimpften mit den Geimpften sich aufschaukelt“, so Gröfler: „Und wir haben da natürlich eine neutrale Position. Wir sind nicht die Menschen, die missionieren, sondern allein durch das Zuhören hoffen wir, dass sich etwas löst und dass jemand auf seine eigenen Lösungen kommt oder vielleicht einen Schritt weiter sich entwickelt.“

Stimmung hat sich verändert

Die Gespräche können mitunter etwas länger dauern, denn es ist ja wichtig für die Anrufer und ihre Anliegen, da zu sein, sagt Grübler. Er stellt aber auch fest, dass sich die Stimmung generell verändert hat: „Da merkt man schon, dass die Leute einfach jemanden brauchen, wo sie abladen können. Es sind auch Aggressionen darunter, aber natürlich auch Belastungen, die man nicht loswerden kann. Alte Konflikte brechen wieder auf, weil man eben mehr Zeit hat, über sich selber nachzudenken. Diese Dinge suchen einen Kanal. Und es ist wichtig, dass die Leute das auch loswerden können.“

Online-Beratung nimmt zu

95 Ehrenamtliche sind bei der Telefonseelsorge über das Jahr verteilt im Einsatz. Sie leisten im Schnitt fünf Arbeitswochen unentgeltlich pro Jahr.

Das Arbeitsfeld hat sich dabei auch ein wenig verlagert – die Online Beratung nimmt deutlich zu: „Bei der Online Beratung ist es so, dass die Mail-Beratung stagniert auf einem niedrigen Niveau, aber die Chat-Beratung ist explodiert. Auch in der Zeit der Corona-Krise, wo viele Menschen den Chat genutzt haben, um schnell irgendwo Entlastung zu finden.“

Insgesamt sind es derzeit rund 2.000 Online Beratungen. Früher waren es ca. 500, jetzt zu Weihnachten werden die Dienste der Telefonseelsorge doppelt besetzt, damit jemand da ist, der zuhören kann.