Eine Person steht auf einer Waage
Getty Images/iStockphoto/stockvisual
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Gesundheit

Halb Vorarlberg wiegt zu viel

Fast die Hälfte der Vorarlberger Bevölkerung wiegt zu viel. Das zeigt eine Auswertung der Statistik Austria. Demnach sind in Vorarlberg 33 Prozent der Menschen übergewichtig und 14 Prozent sogar fettleibig (adipös). Die CoV-Pandemie befeuert dabei einen über Jahrzehnte beobachteten Trend mit weitreichenden Folgen.

Es sei schon von gesundheitlicher Bedeutung, wenn knapp die Hälfte der Vorarlberger Bevölkerung nicht normalgewichtig ist, bestätigt der Primar der Inneren Medizin am Landeskrankenhaus Bregenz, Heinz Drexel, im Interview mit ORF-Redakteur Emanuel Broger.

Mit Anfang Dezember steht die Abteilung für Innere Medizin am LKH Bregenz unter neuer Leitung von Univ. Prof. Dr. Dr. h.c. Heinz Drexel. Der Experte, der am LKH Feldkirch 23 Jahre Primarius für die Innere Medizin war, kehrt aus seiner Pension zurück.
Lisa Mathis
Heinz Drexel, Primar Innere Medizin LKH Bregenz

Primar Drexel: „Aber nicht von heute auf morgen. Über die Jahre entwickelt sich dann halt leichter ein Bluthochdruck oder eine Zuckerkrankheit und andere folgen auch, insbesondere in den Gelenken. Aber das Wesentliche ist: Mit dieser Zeitverschiebung geht es dann an die Gefäße – Herzinfarkt, Schlaganfall sind deutlich erhöht und wenn man eine Ursache hervorheben will, dann ist es die Bewegungsarmut. Das moderne Leben, vor dem Fernseher sitzen, zur Arbeit fahren, nicht zu Fuß gehen, nicht wandern und alle diese Dinge. Also es ist mehr noch das, als die Ernährung an und für sich.“

ORF Vorarlberg: In der Statistik fällt auf, dass es bei Übergewicht und Adipositas ein Ost-West-Gefälle gibt. Also im Osten Österreichs sind mehr Menschen adipös und übergewichtig, als im Westen Österreichs. Warum ist das so?

Primar Drexel: „Das dürfte durch den Lebensstil bedingt sein. Sowohl Bewegungsarmut als auch Fehlernährung, Überernährung sind im Osten häufiger als im Westen. Und das ist übrigens auch ganz europaweit so. Also Westeuropa ist besser als Osteuropa. Und was vielleicht auch noch wichtig ist für uns in Vorarlberg: wir sind da natürlich ganz im Westen, aber wir sind ein bisschen eifersüchtig auf die Tiroler. Die sind noch ein bisschen besser bei der Übergewichtsrate. Wir sind am zweiten Platz in Österreich.“

Intensivstation Krankenhaus
Mathis Fotografie
Übergewicht spielt im Fall einer Covid-Erkrankung und insbesondere bei der Intensivbehandlung offenbar eine fatale Rolle

ORF Vorarlberg: In der Pandemie erlangt das Übergewicht eine besondere Rolle, weil Übergewicht und insbesondere auch Fettleibigkeit wesentliche Risikofaktoren für einen schweren Verlauf sind. Warum ist das eigentlich so?

Primar Drexel: "Ja, da sind wir eigentlich auch ein bisschen überrascht darüber. Das sehen wir jetzt eben in der medizinischen Praxis, dass Übergewicht wirklich ein schlechtes Vorzeichen ist, wenn Menschen Corona bekommen. Das ist noch nicht ganz erforscht, wie alles bei Corona. Aber wir können schon sagen: Bei Übergewicht fehlt die Fitness durch Sport und bei Übergewicht hat das Fettgewebe eine Dauerentzündung, kann man sagen. Das haben wir auch in Vorarlberg erforscht und diese Dauerentzündung ist halt dann schon ein höherer Level von Entzündung und wenn dann die Entzündung durch Corona dazukommt, ist das besonders schlecht.

ORF Vorarlberg: Übergewicht ist bei Corona also eine Frage von Leben und Tod…

Primar Drexel: „Es ist wirklich in der Intensivmedizin zum Teil lebensgefährlich. Und zwar wahrscheinlich auch deswegen, weil durch das viele Fettgewebe des Übergewichtigen die Lunge sich nicht gut entfalten kann, auch das Zwerchfell nicht. Und letztlich ist es auch so: Wenn wir beatmen müssen, dann ist gerade bei Corona eine Seiten- und Bauchlage sehr gut während der Beatmung und nicht den Menschen nur auf dem Rücken liegen zu lassen. Und genau das geht bei Übergewicht sehr schlecht. Also wir haben Ursachen durch das Übergewicht, aber auch Folgen durch das Übergewicht.“