patient im gespräch
Vorarlberger Landeskrankenhäuser
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Erstmals Hüftgelenk ambulant eingesetzt

Das Landeskrankenhaus Feldkirch hat etwas geschafft, was bisher nicht möglich war: Dem ehemaligen Leistungssportler Thomas Jochum wurde ein künstliches Hüftgelenk eingesetzt – und das unter ambulanten Bedingungen: Der Ringer und WM-Teilnehmer konnte wenige Stunden nach dem erfolgreichen Eingriff das Spital wieder verlassen.

Morgens anreisen, vormittags OP, abends wieder zu Hause. Was bei ausgewiesenen tageschirurgischen Eingriffen – wie etwa Krampfadern und Leistenbrüchen – bereits möglich ist, haben Spezialisten am Schwerpunktkrankenhaus Feldkirch nun erstmals in Österreich auch auf einen größeren Eingriff übertragen.

„Herr Jochum war ein optimal geeigneter Patient, um erstmals dieses ambulante Verfahren anzuwenden, da er als ehemaliger Leistungssportler beste körperliche Voraussetzungen mitbringt“, erklärt Johannes Abel, der leitende Oberarzt, der die Operation geleitet und durchgeführt hat. Der Eingriff selbst ist routinemäßig und ohne Komplikationen verlaufen.

Überdurchschnittlicher Anspruch ans Gelenk

Thomas Jochum hat nach eigenen Angaben erstmals im Jahr 2013 – bei der Vorbereitung zur Weltmeisterschaft „Beschwerden in der Leistengegend“ gespürt. Nach einem Arztbesuch hat der heute 50-Jährige erfahren, dass die Schmerzen von deutlichen Abnutzungserscheinungen im Hüftgelenk verursacht werden.

„Durch einen breiten Oberschenkelhalsknochen kam es bei Herrn Jochum zu einem Anstoßen des Schenkelhalses am Becken (Hüftimpingement), was wiederum zu einer frühen Arthrose führt. Zudem war er semi-professioneller Ringer mit einem überdurchschnittlichen Anspruch an das Gelenk, das hat sich zusätzlich negativ ausgewirkt“, so Abel. Der Schaden war zum Zeitpunkt der Erstuntersuchung zu fortgeschritten, um das mechanische Problem noch gelenkserhaltend, etwa durch eine Hüftarthroskopie, korrigieren zu können.

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Persönliche Entscheidung zum ambulanten Eingriff

Eine längere Zeit ohne seinen geliebten Sport zu leben, war für Jochum zunächst undenkbar, die unvermeidbare Operation hat er deshalb noch ein paar Jahre hinausgeschoben. Die Möglichkeit, den Eingriff nun nach Wunsch auch ambulant durchführen zu lassen, hat ihn sofort überzeugt: „Ich verbringe nicht gerne Zeit im Krankenhaus“, schmunzelt er. „Ich bin der Meinung, dass ich zu Hause genauso gut für meine Heilung sorgen kann, wenn die Umstände passen.“

Seine behandelnden Ärzte haben schlussendlich das Okay gegeben und Jochum ist damit als erstem Patient im Land unter ambulanten Bedingungen ein künstliches Hüftgelenk eingesetzt worden. „Da wir wirtschaftlich und medizinisch keinen Druck haben, Hüft-Patienten ambulant zu versorgen, ist es überaus wichtig, dass die Betroffenen selbst von dem Verfahren überzeugt sind und der Wunsch danach von ihnen ausgeht“, hält Abel fest. Thomas Jochum bekräftigt: „Ich hatte die ganze Zeit über und auch am Tag der OP ein sehr gutes und lockeres Gefühl. Ich habe mich gut aufgehoben gefühlt.“

Langzeitergebnisse wissenschaftlich bestätigt

Hüftprothesen unter ambulanten Bedingungen einzusetzen, kennt man vor allem in den USA, in Kanada, Skandinavien und in den Niederlanden schon seit längerem. „Dass man eine Hüftprothese auch ambulant sicher einsetzen kann, ist in mehreren Untersuchungen belegt und in wissenschaftlichen Artikeln veröffentlicht“, erklärt Abel.

Die Langzeitergebnisse sind dabei dieselben wie bei einem Eingriff im stationären Setting. Auch die Operation an sich unterscheidet sich nicht. Die Verfahren unterscheiden sich darin, dass der Patient erst am Morgen des OP-Tages ins Krankenhaus kommen muss, am selben Tag operiert und wenige Stunden später wieder nach Hause entlassen wird.

Nicht für ältere Patienten empfohlen

Die Frage, welche Patienten für eine derartige Hüftoperation unter ambulanten Bedingungen überhaupt zugelassen werden können, ist noch nicht abschließend beantwortet. „Man muss sich langsam herantasten. Deswegen kommen zunächst sicher nur junge und körperlich fitte Patienten ohne relevante Vorerkrankungen in Frage."

Keine Indikation, zumindest in dem Setup wie es bei Herrn Jochum der Fall war, sieht Abel für ältere Patienten sowie für jene, die in ihrer Mobilisation schon eingeschränkt seien, relevante Nebenerkrankungen vorweisen oder keine gute Unterstützung zu Hause haben.

Ambulante Eingriffe als Ausnahme

Hüftprothesen werden am LKH Feldkirch daher nach wie vor im Rahmen eines stationären Aufenthalts geplant. Ambulante Eingriffe werden die Ausnahme bleiben, denn aus rein medizinischer Sicht sieht der Fachmann wenige Vorteile gegenüber einem stationären Eingriff. Aber: „Mögliche positive Auswirkungen in Bezug auf eine schnellere Erholung im vertrauten Umfeld und der subjektive Vorteil für den einzelnen Patienten, schneller zu Hause zu sein, sprechen für das ambulante Verfahren", so Abel.

Dosiert die Belastung steigern

Thomas Jochum kann sich nun daheim in gewohnter Umgebung erholen. Er hat bereits mit der rund sechswöchige Physiotherapie begonnen: „Ich werde hier drei Mal pro Woche trainieren“, ist Jochum motiviert. Nach diesen sechs Wochen steht ein Kontrolltermin samt Röntgen an. Bei einem normalen Verlauf kann der Arzt dann seinem Patienten alle Belastungen in der Arbeit und im Sport erlauben – trotz des künstlichen Gelenks.

Für Thomas Jochum ist es zunächst einmal nur wichtig, „nach jahrelangen Schmerzen den Alltag ohne Einschränkungen leben zu können, wieder unbeschwert Sport zu betreiben und mich den verschiedenen Herausforderungen stellen zu können. Ich würde diesen Eingriff weiterempfehlen, weil alles sehr gut verlaufen ist und ich die häusliche Umgebung zur Heilung nur empfehlen kann.“