Politik

Vorarlberg zieht dritte Impfung für alle vor

In Wien und in Vorarlberg ist ab sofort eine Auffrischung der Corona-Schutzimpfung für alle Geimpften bereits sechs Monate nach dem Zweitstich möglich. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) gab diese Entscheidung am Montag bekannt. Danach entschloss sich auch Vorarlbergs Landesregierung, die Drittimpfung vorzuziehen.

Die beiden Länder griffen damit wahrscheinlich dem Nationalen Impfgremium (NIG) vor, das am Dienstag zusammentritt. Das Nationale Impfgremium werde sich wie geplant am Dienstag mit den Empfehlungen zur sogenannten Booster-Impfung befassen, hieß es zu Allerheiligen aus dem Gesundheitsministerium gegenüber der APA. Im Anschluss werde das Ministerium über die Entscheidung informieren.

Die EU-Arzneimittelbehörde hatte erst am vergangenen Montag das Vakzin von Moderna für Auffrischungen von erwachsenen Personen empfohlen. Zuvor war bereits für einen Booster mit dem Pfizer/Biontech-Impfstoff ab 18 Jahren grünes Licht gegeben worden.

Dashboard umgestellt

In Vorarlberg wurde das Dashboard aktualisiert, sodass Impfwillige bereits ab dem sechsten Monat (und nicht erst nach dem neunten) nach der Vollimmunisierung einen Zeitpunkt für die Boosterimpfung abfragen und sich einen Termin geben lassen können, wie Landesrätin Martina Rüscher am Dienstag bestätigte. „Nun haben sich die Hinweise verdichtet, dass der Impfschutz bereits nach einem halben Jahr nachlässt“, hatte Landeshauptmann Markus Wallner in den „Vorarlberger Nachrichten“ erklärt. Mit dem Vorziehen der Drittimpfung folge Vorarlberg jetzt der Mehrheit der Expertenempfehlung.

Impfstraßen werden hochgefahren

Gleichzeitig werden systematisch auch die Impfstraßen in Bregenz, Nenzing und Hohenems hochgefahren. Aktuell gibt es 15.000 Anmeldungen für den dritten Stich, bis zum Frühjahr werden 60.000 Auffrischungen benötigt. Die Regierungssitzung am Dienstag wird ganz im Zeichen der Pandemie stehen, für den Nachmittag hat Wallner – angesichts der starken Zunahme der Infektionen – den Krisenstab einberufen.

Freigabe ab 12 Jahren

In Wien ist eine Anmeldung für die Impfzentren oder bei niedergelassenen Ärzten verpflichtend. Termine sind ab morgen, Dienstag, zu haben, teilte Bürgermeister Ludwig mit. Die Freigabe der Drittimpfung nach sechs Monaten gilt bereits ab dem Alter von zwölf Jahren, bestätigte ein Sprecher von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) auf APA-Nachfrage. Bisher gab es Abstufungen nach Alter und Risikogruppe mit empfohlenen Auffrischungszeiträumen von bis zu neun bis zwölf Monaten für Erwachsene. Bei einer Einzeldosis mit dem Vakzin von Johnson & Johnson ist weiterhin ab 28 Tagen nach der Impfung eine Auffrischung mit einem mRNA-Impfstoff empfohlen.

„Wir wissen, dass die Impfwirkung nachlässt und dass daher ein dritter Stich notwendig ist“, appellierte Ludwig an alle Wienerinnen und Wiener, sich unbedingt nach sechs Monaten wieder impfen zu lassen, denn „nur dann kommen wir sicher durch die Pandemie“. Auch Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres rief dazu auf, das Impfangebot der Stadt Wien sowie der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte wahrzunehmen.

„Aggressivere Delta-Variante dominiert“

„Die aggressivere Delta-Variante des Corona-Virus dominiert mittlerweile das Infektionsgeschehen“, warnte der stellvertretende Präsident der Wiener Ärztekammer Johannes Steinhart, „umso wichtiger ist daher die Auffrischungsimpfung, vor allem für Personen, die bereits zu Anfang des Jahres ihre erste und zweite Impfdosis erhalten haben.“

Besonders wichtig sei sie für ältere Menschen, Pflegeheimbewohner, für Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen oder einem geschwächten Immunsystem, aber auch für Personen in Gesundheitsberufen, die Anfang des Jahres erstmals geimpft wurden.

Nachlassen der Impfwirkung nach sechs Monaten

Der Vorstand der Universitätsklinik für klinische Pharmakologie der Medizin-Uni Wien, Markus Zeitlinger, sowie der Mikrobiologe Michael Wagner sprachen sich indes gegenüber der APA klar für eine Empfehlung zum „Dritten Stich“ für alle Personen ab 18 Jahren bei der Corona-Impfung aus. Die Infektionszahlen werden zwar aktuell ganz eindeutig von den Ungeimpften getrieben, „aber man sieht, dass es auch bei den Durchbruchsinfektionen (bei Geimpften, Anm.) nach oben geht“, so Zeitlinger. Er rechnet mit einer nachhaltigeren Wirkung des Drittstichs als nach den ersten beiden Impfungen.

Wagner betonte im APA-Interview, dass sechs Monate nach dem Zweitstich schon ein deutliches Nachlassen der Impfwirkung zu verzeichnen sei. Vor allem der Schutz vor einer Ansteckung (und damit einer möglichen Weitergabe) gehe dann „sehr weit runter“, auch bei Jüngeren. Österreich würde im Winter stark profitieren, wenn sich jetzt möglichst viele den dritten Stich holen. Um die Weitergabe zu verhindern, plädiert Wagner vehement dafür, dass sich auch Geimpfte regelmäßig (PCR-)testen, vor allem wenn sie sich mit vielen anderen Personen in Innenräumen aufhalten oder mit Risikogruppen zu tun haben.