PK zur aktuellen Situation der Coronavirus-Pandemie mit Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher.
VLK/ Elena Huber
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Politik

Ziel: Ohne Lockdown bis zum Sommer

Seit fast zwei Wochen ist Vorarlberg Corona-„Modellregion“. Die Lockerungen spiegeln sich jetzt aber in den Infektionszahlen, sie steigen wieder. Vor allem die Virus-Cluster im Leiblachtal haben die 7-Tage-Inzidenz bis Freitagabend auf 102,7 klettern lassen. ORF Vorarlberg-Redakteur Andreas Feiertag hat Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) dazu befragt.

Andreas Feiertag: Wie beurteilen Sie die Lage im Leiblachtal?

Martina Rüscher: Es sieht danach aus, dass zwischen 30 und 40 Prozent der positiven Fälle auch Mutationsfälle sind. Die Zahlen stagnieren seit gestern. Tatsächlich können wir aber erst in einigen Tagen sagen, ob das jetzt schon die Spitze war, ob wir es geschafft haben, diesen Trend umzukehren oder ob es doch noch leicht nach oben geht. Wir hoffen natürlich, dass diese Maßnahmen, die wir sehr schnell ergriffen haben, jetzt auch Früchte tragen.

Andreas Feiertag: Wie hoch ist denn der Anteil der Mutationen bei den Neuinfektionen im gesamten Land derzeit?

Martina Rüscher: Laut unseren Zahlen liegt der Mutationsanteil derzeit bei rund 40 Prozent. Er steigt auch bei uns.

Andreas Feiertag: Gesundheitsexperte Armin Fidler hat vor zwei Wochen im ORF davon gesprochen, dass bei einem Anteil von 40 Prozent Mutationen, die Infektionszahlen und damit auch die Zahl der Menschen, die auf den Intensivstationen landen, rapide ansteigen wird. Was bedeutet das dann für die „Modellregion“ Vorarlberg?

Martina Rüscher: Ja, im Moment versuchen wir natürlich, mit allen Kräften und sofortigen Maßnahmen gemeinsam dazu beizutragen, dass uns diese Modellregion so lange wie möglich erhalten bleibt. Steigende Inzidenzen sind noch keine Gefahr für die Modellregion. Insbesondere ist es dann die gesamte Risikoabwägung und dort natürlich der Anteil der Patientinnen und Patienten in den Spitälern. Insbesondere dort ist die Lage immer noch sehr stabil. Wir haben keine großen Anstiege dort. Im Gegenteil – wir stellen derzeit Kapazitäten auch für andere Bundesländer in Aussicht, wenn dort Notsituationen auftauchen. Aber selbstverständlich beobachten wir diese Zahlen sehr genau. Und sollte es zu diesem enormen Anstieg kommen, werden auch wir reagieren müssen.

Andreas Feiertag: Die jüngsten Prognosen sagen für Vorarlberg voraus, dass mit Ende dieses Monats die 7-Tage-Inzidenz bei etwa 120 liegen könnte. Das wäre eine Verdoppelung innerhalb von nur 14 Tagen. Die Prognosen sagen weiter, dass auch die Zahl der Intensivpatienten um etwa das Doppelte oder mehr steigen werden.

Martina Rüscher: Wir hatten auch schon Prognosen, die viel schlechter waren, aber nicht eingetroffen sind. Wir beobachten die realen Zahlen. Selbstverständlich aber müssen wir von einem Anstieg der Zahlen ausgehen. Eine Verdoppelung der Intensivpatienten würde im Moment den Anstieg von zwei auf vier bedeuten und ist wirklich weit entfernt von einer intensiven Auslastung unserer Spitäler. Dass die Zahlen steigen werden, wenn wir eine Modellregion machen und viel mehr Kontakte möglich sind, das ist uns allen klar. Wir haben Chancen ohne weiteren Lockdown bis zum Sommer zu kommen. Aber versprechen können wir es natürlich nicht.

Andreas Feiertag: Das heißt, das entscheidende Kriterium ist die Anzahl der Menschen auf den Intensivstationen. Ob ich dabei eine Inzidenz von 400, 500 vielleicht habe, spielt keine Rolle.

Martina Rüscher: Ganz genau so ist es. Wir versuchen mit dem raschen Impfen vor allem in der älteren Personengruppe, es zu schaffen, dass wir auch mit einer etwas höheren Inzidenz gut leben können, weil wir viel weniger schwere Verläufe haben.

Trotz steigender Fallzahlen und trotz Clusterbildung im Leiblachtal sieht Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher also durchaus Chancen, dass Vorarlberg ohne Lockdown-Verschärfungen bis in den Sommer kommt.