Demo gegen CoV Maßnahmen in  Bludenz – viele Menschen ohne Maske
Gerhard Scopoli
Gerhard Scopoli
Chronik

CoV-Demos: Die Motivation der Teilnehmer

An den Demos gegen die CoV-Maßnahmen nehmen Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund teil. Laut dem Soziologen Simon Burtscher-Mathis haben sie einen gemeinsamen Nenner: Die Unzufriedenheit mit der aktuellen Lebenssituation. Der Organisator der Demos in Vorarlberg, Armin Elbs, kritisiert eine Unverhältnismäßigkeit der Maßnahmen. Der ORF hat Elbs und Burtscher zum Interview geladen.

Gemessen an der Bevölkerung sei das zwar eine kleine Minderheit, die gegen die CoV-Maßnahmen auf die Straße gehe, sagt Burtscher-Mathis. „Allerdings sollte uns das nicht darüber hinwegtäuschen, dass es viel stillen Protest gibt, den wir noch gar nicht sehen oder hören“, so der Soziologe im ORF Radio Vorarlberg-Interview. Dieser stille Protest finde in den Social Media-Kanälen und in privaten Räumen statt, „wo dieser Frust über diese lang anhaltenden Einschränkungen im Alltag natürlich zunimmt“.

Was die Protestierenden laut Burtscher gemeinsam haben, ist die Unzufriedenheit mit Teilen ihrer Lebenssituation, mit Erfahrungen, die sie im Alltag machen – ohne ideologisch miteinander verbunden zu sein. „Es gibt da Menschen, die haben einen ideologischen Hintergrund, teilweise auch Menschen, die aus dem Lager der Verschwörungstheorien kommen. Es gibt da aber auch Menschen, die sind einfach frustriert und nützen jetzt diesen Kanal, sich Gehör zu verschaffen“, so Burtscher.

Das Interview mit Simon Burtscher-Mathis hat ORF-Redakteur Andreas Feiertag geführt.

„Verschwörungstheorien liefern einfache Antworten“

Auf die Frage, ob die Demonstranten von den Verschwörungstheoretikern vereinnahmt werden könnten, sagt Burtscher: „Ich denke nicht, dass automatisch alle, die bei den Demonstrationen mitgehen und sich für Freiheitsrechte einsetzen, automatisch von den Verschwörungstheoretikern gefangen werden. Das hängt sehr stark vom jeweiligen Persönlichkeitstypus ab.“

Pandemien seien Krisen und Zeiten von großer Verunsicherung, und Verunsicherung zeichne sich aus durch Orientierungslosigkeit. Und wenn Menschen Orientierungslosigkeit spürten, dann sei das mit Ohnmacht verbunden. „Und da gibt es dann eben auch Menschen, die dann besonders empfänglich sind für einfache Erklärungsmuster, die ihnen Sicherheit geben – und Verschwörungstheorien liefern einfache Antworten für sehr komplexe Fragestellungen“, so der Soziologe.

Burtscher: Unzufriedenheit ansprechen

Burtscher hält es für möglich, dass die Proteste weiter steigenden Zulauf haben: „Wenn wir diese Proteste als Lappalie oder Spinnerei abtun, dann ist es durchaus möglich, dass diese Proteste nochmal zunehmen. Wenn es uns gelingt, auch diese Unzufriedenheit, die damit verbunden ist, anzusprechen, dann kann ich mir auch vorstellen, dass das wieder abebbt.“

Demo gegen CoV Maßnahmen in  Bludenz – viele Menschen ohne Maske
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Demo-Organisator: Zielgerichtete Maßnahmen gefordert

Der Organisator der Demos in Vorarlberg, Armin Elbs, kritisiert im ORF Radio Vorarlberg-Interview, dass die Regierung rücksichtslos über alle Bevölkerungsgruppen drüberfahre und dabei auch unnötig Teile der Wirtschaft ruiniere. Statt eines „Gießkannen-Prinzips“ brauche es zielgerichtete Maßnahmen, um jene zu schützen, die am meisten gefährdet seien – ältere Menschen und Risiko-Patienten.

Ziel müsse es sein, möglichst viele Menschen wieder in ein halbwegs normales Leben zu bringen. Das erlebe er jetzt genau umgekehrt, kritisiert Elbs: „Es wird zugesperrt, verunmöglicht und das ist kein Krisenmanagement.“

Größter Kritikpunkt: „Unverhältnismäßigkeit“

„Mein größter Kritikpunkt an den Maßnahmen ist die Unverhältnismäßigkeit“, so Elbs. Man müsse differenzieren: Die ganz junge Altersgruppe sei so gut wie nicht von massiven Covid-19-Erkrankungen betroffen, „erst in der Altersklasse der 45- bis 54-Jährigen haben wir dann Zahlen, wo wir drüber diskutieren können“, so Elbs. Den Großteil der Sterbefälle gebe es in der Gruppe der alten Menschen.

Außerdem fordert Elbs, die Regierung müsse „endlich“ auch kritischen Stimmen Gehör schenken. Es gebe auch in Österreich Experten mit anderer Meinung und die würden nicht gehört. „Die werden von der Regierung selektiert und da hat man in diesem Zirkel das zu tun, was angesagt ist“, ist Elbs überzeugt. Es werde viel genutzt, um Gesellschaftsstrukturen umzubauen – „nach dem Ermessen von jenen, die sehr einflussreich sind“, so Elbs weiter.

Das Interview mit Armin Elbs hat ORF-Redakteur Andreas Feiertag geführt.

Mehr direkte Demokratie gefordert

Der Demo-Organisator fordert zudem mehr direkte Demokratie – also mehr direkten Einfluss der Bürger. In der österreichischen Verfassung heiße es, das Recht gehe vom Volk aus. Aber „dieser Bezug zum Bürger, der ist so wenig nur noch angebunden, dass die Regierung sehr viel tun kann, ohne das Volk mit hineinzunehmen“, ist Elbs überzeugt.

Stattdessen müsse die Regierung den offenen Diskurs eröffnen – unter den Experten, unter den verschiedenen Gruppen im Volk, fordert Elbs: Man müsse „die Bedürfnisse abholen, die Möglichkeiten erarbeiten“. Man müsse in den Altersgruppen genau betrachten, was ermöglicht werden könne und nicht „in einem Hygiene-Wahn“ das Land regieren.