Kellnerin zapft Bier
APA/BARBARA GINDL
APA/BARBARA GINDL
Coronavirus

Wissenschafter befürworten Sperrstunde

Die Coronavirus-Sperrstunde in der Vorarlberger Gastronomie sorgt weiter für Unmut. Gäste sehen nicht ein, warum das Infektionsrisiko von der Tageszeit abhängen soll und Wirte beklagen massive Einbußen. Dennoch unterstützen Vorarlberger Gesundheits-ExpertInnen die Sperrstunde, obwohl Daten über ihre Wirksamkeit fehlen.

Vorarlberger Wirte-Sprecher beklagen Umsatzrückgänge von bis zu 60 Prozent und erklären, dass diese Coronavirus-Maßnahme in den vergangenen zwei Wochen mehr als 600 Arbeitsplätze vernichtet habe. Die Landesregierung aber bleibt dabei: In Lokalen und Restaurants ist weiterhin um 22.00 Uhr Schluss.

Genaue Zahlen schwer zu bekommen

Vorarlberger Wissenschafter unterstützen hingegen diese Regelung, obwohl es für deren Sinnhaftigkeit keinerlei wissenschaftlich fundierte Daten in Vorarlberg gibt, wie Gesundheits-Experte Armin Fidler erklärt: „Es ist sehr schwer, hier regionale Zahlen zu bekommen – wie ein genaues vorher/nachher und eine genaue Einberechnung, inwieweit das Infektionsrisiko vermindert würde durch irgendwelche Maßnahmen. Das ist numerisch-analytisch sehr schwierig.“ Aber man habe natürlich internationale Evidenz, so Fidler: „Man sieht, dass in fast ganz Europa zu ähnlichen Maßnahmen gegriffen worden ist.“

Epidemloge Armin Fidler
ORF Vorarlberg
Gesundheits-Experte Armin Fidler

Virus kennt keine Uhrzeit

Auch Gabriele Hartmann, Leiterin des Instituts für Infektions-Vorsorge am Landeskrankenhaus Feldkirch, kennt keine Zahlen, die belegen würden, dass die Vorverlegung der Sperrstunde das Infektions-Geschehen in Vorarlberg bereits beeinflusst hätte. Allerdings: „Tatsache ist, dass die Situation enge Räume, viele Menschen, lautes Sprechen, schlechte Belüftung, Feiern, Alkohol mit evtl. Nichtbeachtung der Hygieneregeln zu gehäuften Clustern geführt hat.“ Einen Zusammenhang mit der Uhrzeit gebe es zwar nicht, so Hartmann: „Aber wann ist es häufiger, dass es zu solchen Ansammlungen kommt? Vielleicht richtet man sich da nach der Uhrzeit. Das Virus selbst kennt keine Uhrzeit.“

Gäste weichen aus

Viele Gasthaus-Besucher offenbar auch nicht. Vor allem jüngere Gäste, so berichten Vorarlberger Wirte, würden nach der vorgezogenen Sperrstunde in der benachbarten Schweiz weiterfeiern, denn dort gab es diese Maßnahme bis Samstag noch nicht. Aber nicht mehr lange, vermutet Fidler: „Ich glaube nicht, dass die Schweiz weiterhin eine Ausflucht sein wird, weil dort das Infektionsgeschehen sehr sehr drastisch zugenommen hat.“ Tatsächlich gilt im benachbarten Kanton St. Gallen inzwischen u.a. ein Tanzverbot und eine Sitzplatzpflicht.

Privatpartys sind ein Problem

Nicht wenige Gäste entziehen sich aber nach der Sperrstunde dem behördlichen Zugriff und feiern mit Bekannten im privaten Raum weiter. An jene appelliert Fidler, vernünftig zu sein. Andernfalls könnten die Infektionszahlen explodieren.

Schon aufgrund der aktuellen Entwicklung wird das Gerücht immer lauter, dass – zumindest in den am stärsten betroffenen Regionen – ein weiterer Lockdown drohen würde. Fidler, der im Land und im Bund in der Ampel-Kommission sitzt, dementiert: „Also ich kann dezidiert sagen, dass ich in keinem Meeting und in keinen Diskussionen je dabei war, wo das wirklich ein Thema war. Das sind Akte der Verzweiflung, das will niemand!“ Umso wichtiger ist es laut Fidler und Hartmann, mit Rücksicht und Vorsicht die Infektionszahlen wieder zu senken.