Rankweil am 12.9.2020  Gemeinderatswahl, Buergermeisterdirektwahl, im Bild: 
 Bisher sind die politischen Entscheidungsträger und -trägerinnen in Vorarlbergs Gemeinden überwiegend männlich, mittleren Alters und ÖVP-Mitglieder oder der Volkspartei zum
Mathis Fotografie
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GW2020

Interesse an Kommunal-Politik sinkt weiter

Das Interesse an der Vorarlberger Kommunal-Politik sinkt weiter. Das zeigt die Wahlbeteiligung bei den Gemeindewahlen am Sonntag: Mit nur knapp über 53 Prozent erreichte sie einen neuen Tiefstand. Zum Vergleich: Vor 20 Jahren haben noch fast 89 Prozent der Stimmberechtigten ihre Gemeinde-Vertreter und Bürgermeister gewählt.

Keine Wahlpflicht, sondern mehr Bürgernähe, mehr Emotion und mehr Spannung im Wahlkampf sind gefragt, um die Wahlbeteiligung zu steigern, sagt Politik-Wissenschafterin Kathrin Stainer-Hämmerle im Gespräch mit ORF-Redakteur Andreas Feiertag.

Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle
Gleiss
Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle

Von Online-Wahlen hält die Politologin weniger, Stainer-Hämmerle hat Bedenken, dass die Wahl am Handy weniger ernst genommen werde. Dann fehle das Ritual des Besonderen, und es sei nur noch ein Klick auf dem Handy.

Auch eine Wahlpflicht hält die Politologin für nicht sinnvoll, um die Wahlbeteiligung zu stigen, dann würden nur Menschen, die sich kaum politisch interessieren, gezwungen zur Wahl zu gehen. Mit großer Wahrscheinlichkeit würden dann auch die Zahl der ungültigen Stimmen steigen.

Geringe Wahlbeteiligung weltweites Phänomen

Das Phänomen der geringen Wahlbeteiligung sehe man weltweit, sagt Stainer-Hämmerle. Die Menschen hätten das Gefühl, dass ihre Stimme nichts zählt oder nichts bewirken könne. Vor allem in den Ballungszentren ist die Wahlbeteiligung bei der Gemeindewahl in Vorarlberg gesunken. Stainer-Hämmerle sieht dort das Problem, dass Menschen in einer größeren Stadt, weniger Kontakt zu den politischen Kandidaten haben. Oft fehle es aber an einem spannenden Wahlkampf, der dazu führe, dass die Wählerinnen und Wähler nicht zur Urne gehen.

15 Kommunen mit unter 50 Prozent

In 15 Kommunen lag sie unterhalb der 50 Prozent-Marke, während in acht Kleingemeinden die 80 Prozent-Hürde überschritten wurde. In dieser Statistik nicht erfasst sind die 13 Orte mit Mehrheitswahl.

Wahlbeteiligung in den Städten

Vor allem in den Städten und in den Großgemeinden ergab sich eine Wahlbeteiligung zumeist knapp unter- oder oberhalb der 50 Prozent-Grenze. So betrug sie in der Landeshauptstadt Bregenz exakt 50 Prozent, in Vorarlbergs größter Stadt Dornbirn mit über 50.000 Einwohnern 48,74 Prozent. In Feldkirch wurde mit 43,93 Prozent die zweitniedrigste Wahlbeteiligung des Landes überhaupt registriert. Nur in Kennelbach (Bez. Bregenz) fiel die Wahlbeteiligung mit 43,88 Prozent noch geringer aus. In sechs der 15 größten Kommunen des Landes wurde die 50 Prozent-Marke nicht geschafft.

Bludenz positiver Ausreißer

Positive Ausreißer bildeten hingegen Bludenz (60,83 Prozent) und Hard am Bodensee (56,97 Prozent): In diesen beiden Gemeinden war das Rennen eng. Das Wissen um eine knappe Entscheidung allein reichte aber offenbar noch nicht für eine Mobilisierung der Wähler. Sonst hätten auch in Bregenz, Feldkirch und Lochau (47,80 Prozent), wo es in zwei Wochen wie in Bludenz und Hard Bürgermeister-Stichwahlen geben wird, mehr Personen ihr Wahlrecht in Anspruch nehmen müssen.

Höchste Wahlbeteiligung in Damüls

In 55 – zum Großteil kleineren – Gemeinden lag die Wahlbeteiligung über 60 Prozent, in 15 davon über 70 Prozent und in acht über 80 Prozent. Die höchste Wahlbeteiligung überhaupt wurde aus Damüls im Bregenzerwald gemeldet. Obwohl dort nur eine Liste antrat, nahmen 85,43 Prozent der Berechtigten an der Wahl teil. Ebenfalls eine Wahlbeteiligung von über 80 Prozent gab es in Lech (81,09 Prozent), wo in zwei Wochen die sechste Bürgermeister-Stichwahl stattfinden wird.