Es sitzen mehrere Menschen in einem Sitzkreis zusammen.
ORF Vorarlberg
ORF Vorarlberg
Chronik

Sucht: Beratungsstellen verzeichnen Anstieg

Für viele Menschen mit psychischen Erkrankungen waren die letzten Wochen eine große Belastung. Das Krankenhaus Maria Ebene meldet einen deutlichen Zuwachs von Patienten auf der Warteliste für Therapieplätze. Auch die verschiedensten Beratungsstellen verzeichnen eine Steigerung.

Die zweimonatige Phase der massiven Coronavirus-Beschränkungen hat bei den Beratungsstellen der Stiftung Maria Ebene zu einem deutlichen Anstieg an suchtkranken Klienten geführt. Auch bei der Suchtberatung der Caritas Vorarlberg gab es von Mitte März bis Mitte Mai einen Zuwachs.

Laut Monika Chromy, der Leiterin der Caritas-Suchtberatung habe die Caritas allein in diesem Zeitraum mehr als 600 Personen beraten. Das sei zwar eine hohe Zahl, sie hänge aber damit zusammen, dass andere Anlaufstellen während dieser Zeit nicht geöffnet hatten. Thomas Neubacher, Drogenkoordinator des Landes, spricht von einem Nachholbedarf an Beratungsgesprächen, der die Nachfrage momentan erhöht. Ob die Coronavirus-Krise die Suchtproblematik nachwirkend verschärft, könne man derzeit jedoch noch nicht sagen.

Drogenkonsum stark gestiegen

Die Auswirkungen der Corona-Krise kommen auch im Gesundheitsbereich immer mehr zum Vorschein. Existenzielle Sorgen oder isolierte Familien in beengten Wohnverhältnissen führen zu enormen Belastungen. Psychische Erkrankungen wie Süchte, aber auch Depressionen und Angstzustände können die Folge sein.

Dennoch sprechen die Fachleute von einem ersten Alarmsignal, denn es gebe bereits jetzt auffallend viele neue Suchterkrankte. „Es haben sich auch vermehrt besorgte Angehörige bei uns gemeldet, denn während der Coronavirus-Krise hat man viel mehr von den Familienmitgliedern mitbekommen als es sonst vielleicht der Fall ist“, erklärt Wolfgang Grabher, Leiter der Beratungsstelle „Clean“.

Nicht-süchtige Menschen gerieten mehr in Versuchung

Durch die sich plötzlich verändernde Lebenssituation während der Krise, gerieten auch nicht-süchtige Menschen eher in Versuchung legale und illegale Drogen zu konsumieren. „Man ist viel mehr zuhause gewesen, viele hatten auf einmal keine Arbeit mehr und viele Menschen flüchten sich dann in Suchtmittel – seien sie legal oder illegal“, sagt Martin Schwall, Sozialpädagoge bei „Die Fähre“.

Laut Grabher hätte die Krise vorrangig einen Anstieg an legalen Süchten zur Folge. Tabak, Alkohol und auch das Glücksspiel waren während der letzten Wochen allgegenwärtig und sind in Krisenzeiten noch verlockender. Positiv sei jedoch, dass durch die geschlossenen Grenzen der Schwarzmarkt von illegalen Drogen ausgehungert wurde. Dieser Umstand trieb Suchtkranke auch dazu sich Hilfe zu suchen, so Grabher.

Auch Anstieg bei Depressionen und Ängsten erwartet

Die Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation führt oft zu großen psychischen Belastungen. „Wir wissen aus Erfahrung, dass dann sehr wohl ein Anstieg an allen psychischen Erkrankungen der Fall sein wird. Also nicht nur bei Suchterkrankungen, sondern auch bei Ängsten und Depressionen“, klärt Thomas Neubacher auf.

Süchte sind vorwiegend ein Männerproblem, rund 65 bis 75 Prozent der Süchtigen sind Herren und das Problem zieht sich durch alle Altersschichten. Mehr betroffen seien jedoch ältere Menschen, bei denen die Zukunftsängste stärker wirken, sagt der Experte. „Solche Belastungen sind jedoch gut behandelbar, wenn sich die Leute wirklich Unterstützung holen. Wenn sie zum Beispiel zu einem Psychotherapeuten gehen aber auch, wenn sie ihre Ängste im Freundeskreis ansprechen. Solche Dinge sind entlastend“, so Neubacher abschließend.