Heinrich Neisser
APA/GEORG HOCHMUTH
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Coronavirus

Europa-Experte Neisser sorgt sich um EU

Der Europa-Experte und frühere Nationalratspräsident Heinrich Neisser sorgt sich um die EU. Die Grenzbefestigungen wachsen und die Leute würden anfangen, die Nachbarn aus anderen Staaten als Gesundheitsrisiko zu sehen.

Bis zur Coronavirus-Krise waren die offenen Grenzen ein Markenzeichen der Europäischen Union. Nun sind die Grenzen geschlossen. Europa-Experte Neisser sorgt sich im ORF Vorarlberg-Interview um die Idee eines gemeinsamen Europas.

Die EU sei aus verschiedenen Gründen nicht auf die Coronavirus-Krise vorbereitet gewesen, sagt Neisser, der auch einen Lehrstuhl für Politikwissenschaft an der Universität Innsbruck innehatte. So spiele etwa das Gesundheitswesen im Bereich der Aufgaben der EU keine starke Rolle.

„Jeder ist sich selbst der Nächste“

Es zeige sich, dass sich jeder Staat selbst der nächste sei, was bis zu einem gewissem Grad auch verständlich sei, so der 84-Jährige. Die Grundidee der EU sei jedoch ein grenzenloses Europa. Diese werde jedoch immer mehr ins Gegenteil verkehrt.

Die Idee, dass Staaten beginnen, das Militär zum Schutz der Grenzen einzusetzen, sei mit dem ursprünglichem Konzept der EU absolut unvereinbar, so Neisser.

„Keine Sensibilität für die Europapolitik“

Der frühere ÖVP-Politiker kritisiert, dass die österreichische politische Führung „überhaupt keine Sensibilität für die Europapolitik hat“. Österreich hätte als kleiner Staat eine Reihe von Möglichkeiten, Initiativen zu geben und den Stillstand des europäischen Integrationsprozesses weiterzuführen. Das geschehe aber nicht.

Die Grenzbefestigungen wachsen, zeigt sich Neisser besorgt. Die Leute würden anfangen, ihre Nachbarn als Gesundheitsrisiko zu sehen.