Die Frau war im Juli 2019 mit zwei Messern bewaffnet zum Haus des heute 81-Jährigen gefahren, nachdem sie dessen Stimme jeden Morgen in ihrem Kopf gehört habe. Als auf ihr Klingeln niemand öffnete, ging sie wieder weg. Das selbe Szenario wiederholte sich am nächsten Tag. Einige Tage später erzählte die Frau ihrem Psychiater von den zwei Besuchen und räumte ein, dass sie den Mann habe töten wollen. Daraufhin wurde die Untersuchungshaft verhängt.
Lange Vorgeschichte
Der 81-jährige Mann war früher ein Arbeitskollege des Vaters der Frau und soll sie, als sie zwischen sieben und elf Jahre alt war, sexuell schwer missbraucht und wiederholt brutal vergewaltigt haben. Das Mädchen vertraute sich damals niemandem an. Erst 1996 begab sie sich in Therapie, wo ihre Borderline-Störung behandelt wurde. Als sie im Jahr 2000 ihre Medikamente absetzte und die Therapie abbrach, lauerte sie dem heute 81-Jährigen bereits einmal auf. Sie wurde damals jedoch von der Polizei festgenommen, ein Angriff wurde verhindert.
Prozess wegen Mordversuchs
Am Mittwoch stand einer 49 Jahre alte, psychisch kranke Frau vor Gericht, die als Kind jahrelang schwer sexuell misshandelt wurde. 40 Jahre nach den ersten Übergriffen hat sie versucht, ihren Peiniger umzubringen.
Nicht zurechnungsfähig
Zur Frage, ob die Angeklagte freiwillig von den zwei Mordversuchen absah, stimmten die Laienrichter im Schwurgerichtsprozess mit zweimal Ja und sechsmal Nein. Die Laien waren sich einig, dass die Patientin bei der Tat, so wie das auch Gerichtspsychiater Reinhard Haller attestierte, nicht zurechnungsfähig war. Somit wurde sie zu einer Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher verurteilt, allerdings bedingt.
Die Einweisung erfolgt demnach nur, wenn die Patientin die gerichtlichen Auflagen wie regelmäßige Kontrollen und Medikamente nicht einhält. Werden die Auflagen befolgt, kann die 49-Jährige in Freiheit ambulant betreut werden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Die 49-Jährige sitzt seit September 2019 im Landeskrankenhaus Rankweil in Untersuchungshaft. Ihr Zustand habe sich seitdem deutlich gebessert, hieß es am Mittwoch bei Gericht.
Schwerer sexueller Missbrauch als Kind
Bereits Ende der 1990er-Jahre hatte die Frau den heute 81-Jährigen wegen schweren sexuellen Missbrauchs zwischen 1978 und 1982 angezeigt. Das Ermittlungsverfahren wurde 1997 von der Staatsanwaltschaft Feldkirch aber eingestellt – die Vorwürfe waren nach damaliger Rechtslage verjährt.
In einem Zivilprozess wurde der frühere Lagerarbeiter und Arbeitskollege des Vaters der Frau im Jahr 2000 aber vom Oberlandesgericht Innsbruck in zweiter Instanz rechtskräftig zur Zahlung von 750.000 Schilling (rund 54.500 Euro) Schadenersatz verurteilt. Nach Ansicht der Berufungsrichter hatte er das zwischen sieben und elf Jahre alte Mädchen mehr als 50 Mal schwer sexuell missbraucht und dadurch traumatisiert.