Eine Polizeibeamtin und ein Polizeibeamter kontrollieren eine Person
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Coronavirus

Verfassungsjurist rechnet mit Beschwerden

Um ein Ausbreiten des neuartigen Coronavirus zu verhindern, werden auch viele unserer Grundrechte beschnitten. Der Vorarlberger Verfassungsjurist Peter Bußjäger rechnet allerdings damit, dass einige der Maßnahmen bald auch die Höchstgerichte beschäftigen werden.

Der Staat dürfe zwar nicht gar alles tun, aber entsprechend dem Gewicht der öffentlichen Interessen an der Gesundheit dürfe er in die Freiheitsrechte und Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger eingreifen, so Verfassungsjurist Bußjäger. „Es besteht ein erhebliches öffentliches Interesse, die Verbreitung des Virus zumindest zu verlangsamen“, so Bußjäger.

Verfassungsjurist Bußjäger zu den Coronavirus-Maßnahmen

Verfassungsjurist Peter Bußjäger über die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Maßnahmen gegen die Coronavirus-Krise.

Verhältnismäßig und zeitlich begrenzt

Deshalb sei es auch erlaubt, relativ massiv in unsere Rechte einzugreifen – allerdings nicht unbeschränkt: „Das muss verhältnismäßig sein, also nur insoweit, als es tatsächlich zur Bekämpfung der Verbreitung des Virus unbedingt erforderlich und auch nützlich ist.“

Auf der anderen Seite müssten diese Maßnahmen auch zu dem Zeitpunkt wieder zurückgenommen werden, an dem die Gefahr sich wieder reduziert haben werde: „Das ist sicherlich eine Abwägung, die von den Behörden zu treffen ist, wo sie auch ein relativ großes Ermessen haben, aber die Verfassung verlangt das.“

Beschwerden vor Höchstgerichten zu erwarten

Es gebe in den Randbereichen der Coronavirus-Maßnahmen sicherlich Fragen, die vor die Höchstgerichte kommen, meinte Bußjäger: „Dürfen sich beispielsweise zwei Menschen, die nicht miteinander zusammenwohnen, verabreden zu einem Treffen auf einer Parkbank? Das ist nach bestehender Rechtslage so verboten. Wenn das bestraft wird, dann wird sicherlich der eine oder andere Fall zunächst einmal vor die Verwaltungsgerichte und dann ggf. vor den Verfassungsgerichtshof oder den Verwaltungsgerichtshof gelangen.“

Epidemiegesetz veraltet

Das über 100 Jahre alte Epidemiegesetz müsse zudem ganz sicher überarbeitet werden, so der Verfassungsexperte: „Da sind Bestimmungen dabei, die greifen so nicht mehr gut. Wenn man beispielsweise fragt, welche Veranstaltungen dürfen untersagt werden, da geht die Praxis sehr weit an den Wortsinn heran, und das wird sicherlich zu überarbeiten sein."