Die HTL Rankweil
Chronik

Fragwürdige Zahlungen an HTL-Lehrer

An der HTL Rankweil sollen mehrere Lehrer und Bedienstete der angeschlossenen Versuchsanstalt hohe Zusatzgehälter und Spesen kassiert haben, obwohl sie eigentlich keinen Anspruch darauf hatten. Bildungsdirektorin Evelyn Marte-Stefani spricht im ORF-Interview von einem „gewaltigen Systemfehler“.

Wenn die am Mittwoch in den „Vorarlberger Nachrichten“ veröffentlichten Vorwürfe stimmen, ist die Bildungsdirektion Vorarlberg mit einer bisher noch nie dagewesenen Vergütungs- und Spesenaffäre beschäftigt, die laut Bildungsdirektorin Marte-Stefani Konsequenzen haben wird: „Die Bildungsministerin hat sicher recht, wenn es heißt, es war ein gewaltiger Systemfehler. Das wurde uns auch vom Ministerium klar angeordnet, es sind zwei Disziplinaranzeigen, eine Strafanzeige und eine Ermahnung auszusprechen.“

Das ganze Interview mit Bildungsdirektorin Evelyn Marte-Stefani zum Nachhören:

Versuchsanstalt und Landesschulrat betroffen

Von dem Verdacht betroffen seien Personen in der Versuchsanstalt und, in kleinen Bereichen auch der ehemalige Landesschulrat. „Es sind sowohl in der Fachabteilung des Bundesministeriums, als auch im damaligen Landesschulrat Fehler passiert“, sagt Marte-Stefani.

HTL Rankweil Versuchsanstalt
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Wirtschaftsunternehmen können an den HTL mit Versuchanstalten ihre Produkte überprüfen lassen

Strafanzeigen folgen, keine Suspendierungen

Bis dato seien noch keine Strafanzeigen gestellt worden, man sei erst am Dienstag informiert worden, so die Bildungsdirektorin: „Das wird rasch erfolgen, in ein paar Tagen. Die Betroffenen wissen Bescheid.“ Spuspendiert worden sei niemand, die Betroffenen seien teilweise in Pension und teilweise noch im Unterricht. „Es ist keine Anweisung erfolgt. Es war nicht so gravierend, dass da eine Suspendierung notwendig wäre“, sagt Marte-Stefani. Für die Lehrer gibt es keine Konsequenzen. Das Ministerium geht davon aus, dass diese das Geld in gutem Glauben erhalten haben.

Bildungsdirektorin Evelyn Marte-Stefani
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Bildungsdirektorin Evelyn Marte-Stefani spricht von gewaltigem Systemfehler

Auslöser für die Kontrollen waren die Ungereimtheiten letztes Jahr an der Wiener HTL TGM. In Folge wurden in Österreich alle 19 HTL mit angeschlossener Versuchsanstalt überprüft. Das Ergebnis: An neun Schulen gab es ebenfalls unrechtmäßige Doppelzahlungen in Höhe von ingesamt 330.000 Euro. Auch an der HTL Rankweil wurden sechs Personen unrechtmäßig doppelt bezahlt – mehr dazu in Anzeigen wegen Unregelmäßigkeiten an HTL-Anstalten.

Strukturen müssen getrennt werden

Die Dimension der Summen habe weder das Ministerium noch die Bildungsdirektion gesehen. Darum sei eine klare Trennung von Schule und Versuchsanstalt wichtig, damit so etwas nicht passiert, so die Bildungsdirektorin. Dass der ehemalige Schulleiter diese Summen durchgewunken haben soll, will Stefani nicht kommentieren. Sie kenne ihn als sehr sorgfältigen Leiter. Aber es müsse jetzt alles daran gesetzt werden, klärend tätig zu werden und zu sein.

Falsche Abrechnungen an HTL Rankweil

Gerade an Schulen wie einer HTL wird erwartet, dass dort ordentlich und sauber gearbeitet wird. Gänzlich unordentlich, ja geradzu illegal, wurden aber Lehrer offenbar an der HTL Rankweil bezahlt.

Untersuchungen gegen Bezahlung

In den an die HTL angeschlossenen Versuchsanstalten können Unternehmen gegen Bezahlung ihre Produkte prüfen lassen. Diese Einkünfte werden von den Schulleitern auf die dabei tätigen Mitarbeiter aufgeteilt – aber nur, wenn diese Arbeit nicht ohnehin schon im Lehrergehalt berücksichtigt ist.

HTL Rankweil außen
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HTL Rankweil

Strafanzeige und Disziplinarverfahren drohen

Dem seit einem Jahr im Ruhestand befindlichen Direktor drohe nun eine Strafanzeige und ein Disziplinarverfahren, er selbst habe sich überrascht gezeigt und wolle weitere Informationen abwarten.

Das Bildungsressort habe außerdem festgestellt, dass Verträge und Zeitaufzeichnungen fehlten und „unglaubliche Fehler bei der Reisespesenabrechnung“ passiert seien. Eine Reisespesenabrechnung belaufe sich zum Beispiel auf über 20.000 Euro.

Hohe Zusatzgehälter

Nicht nur Doppelzahlungen, sondern auch zum Teil überraschend hohe Zusatzeinkünfte sollen insgesamt 15 Personen für ihre Tätigkeit in der Versuchsanstalt erhalten haben. Von 2015 bis 2017 seien insgesamt über 1,3 Millionen Euro geflossen, von denen 220.000 die erwähnten, strafrechtlich relevanten Doppelzahlungen waren.

Von den restlichen etwa 1,1 Millionen Euro für Tätigkeiten an der Versuchsanstalt seien über 700.000 Euro an nur zwei Lehrer gezahlt worden. Umgerechnet auf 14 Monatsgehälter wären das in beiden Fällen über 8.500 Euro monatlicher Zusatzverdienst.

Es gilt in allen erwähnten Fällen die Unschuldsvermutung.