Eine Mutter mit Baby im Haus Mutter & Kind
ORF
ORF
Soziales

Mehr Mütter und Kinder armutsgefährdet

Fast 2.500 Familien haben sich im ersten Quartal dieses Jahres an die Beratungsstellen der Caritas gewandt, weil sie finanziell am Limit sind. 1.900 Kinder sind armutsgefährdet und es werden immer mehr, so die Caritas, die in den nächsten Monat ihren Schwerpunkt auf Kinderarmut in Vorarlberg legt.

In Vorarlberg sind 10.600 Mütter alleinerziehend – ein Drittel davon sei armutsgefährdet, so die Caritas am Dienstag. Kinderarmut sei nicht so sichtbar, weil die Eltern meist alles daran setzen, wenigstens ihre Kinder die Not nicht spüren zu lassen.

Caritas im Kampf gegen Kinderarmut

Fast 2.500 Familien haben sich im ersten Quartal an die Caritas gewandt, weil sie finanziell am Limit sind.

Lerncafes und Haus Mutter & Kind

Laut Statistik Austria lebt in Österreich fast jedes fünfte Kind in dramatisch prekären Verhältnissen. Kinder, die in Armut aufwachsen, haben weniger Chancen auf eine gute Bildung und in Folge später auf eine entsprechend gut bezahlte Arbeitsstelle. Deshalb sollen die Lerncafes in Vorarlberg ausgebaut und das „Haus Mutter und Kind“ in Feldkirch erweitert werden.

Das Haus Mutter & Kind in Feldkirch
ORF
Das „Haus Mutter & Kind“ in Feldkirch soll erweitert werden.

Jedes Kind, das in Vorarlberg in Armut aufwachsen muss und dem dadurch Chancen verschlossen bleiben, sei ein Kind zu viel, so die Caritas. „Das Land Vorarlberg hat sich mit der Neupositionierung der Marke Vorarlberg vorgenommen, unser Land bis 2035 zum chancenreichsten Lebensraum für Kinder zu machen. Dieses Vorhaben fordert vor allem das Engagement für jene Kinder, die es aufgrund ihrer Ausgangssituation schwerer haben“, so Caritasdirektor Walter Schmolly.

Caritasdirektor Walter Schmolly im Haus Mutter & Kind
ORF
Caritasdirektor Walter Schmolly

Zahlen belegen den Bedarf

• So haben sich in den ersten drei Quartalen dieses Jahres 2.458 Haushalte in ihrer größten Verzweiflung an die Beratungsstelle „Existenz&Wohnen“ gewandt. Primäre Themen sind dabei die Existenzsicherung sowie der prekäre Wohnungsmarkt. Mit betroffen sind 1.922 Kinder.

• 28 Mütter mit insgesamt 38 Kindern haben von Jänner bis Anfang Oktober dieses Jahres nach Krisensituationen ein vorübergehendes Zuhause im „Haus Mutter&Kind“ gefunden. Im vergangenen Jahr gab es eine Steigerung von 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Kleinfamilien finden dort in stürmischen Zeiten einen Anker, bis sich ihre Situation wieder stabilisiert.

• 260 Kinder verbessern in den neun Lerncafés in Dornbirn, Lustenau, Lauterach, Wolfurt, Götzis, Rankweil, Nenzing, Feldkirch und Bludenz ihre schulischen Noten, verbringen miteinander einen Teil ihrer Freizeit und werden auch in ihrer Sozialkompetenz gefördert.

Am Monatsende: Essen oder heizen?

Der Anteil der Alleinerziehenden mit Armutsrisiko beträgt laut Caritas rund 40 Prozent. Armut bedeute für Betroffene, am Monatsende zu entscheiden, ob sie sich etwas zu essen kaufen oder die Wohnung heizen sollen. Armut bedeute für Familien, einen großen Teil des Einkommens für Wohnen und Energie auszugeben. Zusätzliche und unerwartete Ausgaben seien nicht zu schaffen, so die Caritas. Armut bedeute für Kinder, in feuchten, schimmligen Zimmern zu schlafen und zu spielen.

Jede dritte Alleinerzieherin armutsgefährdet

„Mindestens jede dritte Alleinerzieherin ist arm oder von Armut bedroht“, betont Fachbereichsleiter Michael Natter. Kernprobleme seien neben dem täglichen Lebenskampf mit einer materiellen Existenzsicherung auch die Schwierigkeit, leistbaren Wohnraum zu finden. Hier hätten Alleinerziehende klar schlechtere Chancen, gute Wohnlösungen zu finden. „Die Kinder sind die schwächsten Glieder in der Gesellschaft. Wir brauchen eine Unterbrechung der sozialen Vererbung von Armut, da sind wir als gesamte Gesellschaft gefordert", so Natter.

Schmolly: Politik in der Pflicht

Das Thema nehme auch die politisch Verantwortlichen in die Pflicht, so Caritasdirektor Walter Schmolly: "Konkret sind die neue Bundes- und Landesregierung gefordert in der Ausgestaltung der Sozialhilfe, der Weiterentwicklung des Bildungssystems im Sinne der sozialen Mobilität, bei der Ermöglichung von leistbarem Wohnraum aber auch von leistbarem und gesundem Essen für jede Familie und jeden Haushalt.“

Schwerpunkt Kinderarmut

„Der wachsenden Zahl von Kindern aus Familien, die in unseren Beratungsstellen ‚Existenz und Wohnen‘ vorsprechen, werden wir zusätzlich zur Sozialberatung auch mit finanziellen Überbrückungshilfen unter die Arme greifen müssen", sagt Schmolly. "Damit all das möglich ist, bitten wir die Bevölkerung um Unterstützung durch Spenden und wir sind unendlich dankbar für Menschen, die sich als Freiwillige engagieren.“