Gestrickter Tiger im Kinderbett – Kinderwunsch – Reproduktionsmedizin
Pixabay/congerdesign
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Gesundheit

Kinderwunsch: mit 73 noch Mutter werden?

Eine 73-jährige Frau aus Indien ist aktuell die älteste, bekannte Mutter weltweit, die mit Hilfe einer künstlichen Befruchtung Kinder geboren hat. Wo die Grenzen der modernen Medizin liegen, aber auch über neueste technische Fortschritte auf dem Gebiet der Reproduktionsmedizin disktutieren 120 Experten aus der ganzen Welt in Bregenz.

Im Bregenzer Festspielhaus findet bis Samstag die Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Reproduktionsmedizin (ÖGRM) in Kooperation mit dem Embryologenforum Austria (EFA) statt. Referierende aus den USA, der Schweiz, Italien, Österreich, Deutschland und weiteren Ländern sprechen über neueste Forschungen auf den Gebieten der gynäkologischen Endokrinologie, Embryologie und Reproduktionsmedizin.

Baby auf Bestellung

In Österreich ist die Erfüllung eines Kinderwunsches eine boomende Wirtschaftsbranche. Trotz fortschrittlicher Technik ist jedoch nicht jeder Kinderwunsch erfüllbar. 120 Experten auf dem Gebiet der Reproduktionsmedizin tagen derzeit im Bregenzer Festspielhaus.

Wissenschaftlich, technisch und medizinisch haben sich die neuen Erkenntnisse vor allem im vergangenen Jahrzehnt geradezu überschlagen, sagt James Wittliff, ein Pionier im Bereich der Hormonbehandlung. „Heute kann ein DNA-Strang in 30 Millionen Teile zerlegt werden und die Mutation eines Genes festgestellt werden. Das war bisher nicht möglich“, sagt Wittliff.

James Wittliff
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Einer der Pioniere im Bereich der Hormonbehandlung: James Wittliff aus den USA

Lässt sich der Wert von Eizellen messen?

Organisiert hat die Tagung das IVF-Zentrum Professor Zech mit Sitz in Bregenz. Das Zentrum für künstliche Befruchtung muss sich seit einiger Zeit einem Gerichtsverfahren stellen. Eine Patientin hat die Herausgabe zweier befruchteter Eizellen eingeklagt. Der Anwalt der Klägerin hat den Wert dieser Eizellen mit 100.000 Euro bewertet.

Es sei ein sehr schwieriges Unterfangen, zu bewerten, wieviel eine Eizelle wert ist, sagt der Wiener Experte für künstliche Befruchtung, Michael Feichtinger. Einerseits müsse wie überall in der Medizin der Schadensersatz finanziell bewertet werden. Das sei eine rein juristische Begutachtung und obliege einem Gutachter, das zu bewerten. „Eine Einzelle hat aber auch einen emotionalen und moralischen Wert, der nur schwer finanziell abgewogen werden kann“, so Feichtinger.

Verwechslungen bei künstlicher Befruchtung

Immer wieder kommt es zu Verwechslungen von Eizellen im Laborbereich. Um das in Zukunft zu verhindern, kommen im Bereich der Reproduktionsmedizin der Innsbrucker Klinik künftig speziell ausgestattete Labortische zum Einsatz, die eine Verwechslung von Proben verhindern sollen. Gerade bei einer künstlichen Befruchtung wäre ein Vertauschen von Proben katastrophal, so die Klinik – mehr dazu in Labortisch schlägt bei falschen Proben Alarm.

Kinderwunschexperte Michael Feichtinger
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Kinderwunschexperte Michael Feichtinger zeigt Grenzen der künstlichen Befruchtung auf

Erfolgsaussichten und Grenzen

Bei einem jungen Paar gebe es Erfolgsraten von bis zu 50 Prozent, bei einer Frau um die 40 Jahre lägen die Erfolgsquoten eher um die 15 Prozent, sagt der Kinderwunschexperte. „Auch bei jungen Paaren spielt die Biologie, Gott, das Schicksal auch eine Rolle, dass wir trotz der vielen Technik und der Fortschritte keine hundertprozentige Schwangerschaft gewährleisten können,“ so Feichtinger.

Kinderwunsch – boomende Branche

Der erste Mensch, der durch künstliche Befruchtung entstanden ist, ist heute 41 Jahre alt. Mittlerweile gibt es weltweit über acht Millionen Menschen, die nicht auf natürlichem Weg gezeugt wurden. Auch in Österreich ist die Erfüllung von Kinderwünschen eine boomende Branche.

2017 wurden in Österreich 10.000 künstliche Befruchtungen durchgeführt, was „relativ viel ist“, sagt Feichtinger. Das läge zum einen daran, dass der Kinderwunsch immer später einsetze, zum anderen unterstützten die Krankenkassen den Wunsch immer häufiger.

Baby krabbelt in einem Reagenzglas – Reproduktionsmedizin – künstliche Befruchtung
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10.000 Paare in Österreich haben sich 2017 künstlich befruchten lassen

Das Ende des Pillenknicks

„Der Pillenknick ist vorbei. Das ist eine andere Generation. Jede Frau bekommt heutzutage im Schnitt nicht mehr als 1,4 Kinder. Und das aber in einem deutlich späteren Lebensalter,“ ergänzt der Organisator der Tagung in Bregenz, Maximilian Murtinger vom Institut Professor Zech. Insofern betreffe das nicht allein die Reproduktionsmedizin, sondern auch die Familien- und die Gesellschaftspolitik.

In der Behandlung der Patienten werde die Vernetzung aller medizinischen Zweige und eine lebenslange Begleitung von Patienten immer wichtiger, sind sich die Experten einig.