Am 12. März 1984 ist „Focus“ erstmals auf Sendung gegangen. Der wesentliche Anspruch der Sendung, lebendiges Wissen zu vermitteln, das im täglichen Leben guttut, hat nach wie vor Gültigkeit. Die Intention ist geblieben: Themen fürs Leben zu vermitteln.
Zum Jubiläum hat der ORF einen renommierten Wissenschaftler aus Vorarlberg als Festredner eingeladen: Universitätsprofessor Dr.Dr. Alfried Längle. Er ist Psychotherapeut, Arzt für Allgemeinmedizin und psychotherapeutische Medizin sowie klinischer Psychologe.
Fotostrecke mit 6 Bildern
Im Mittelpunkt des Handelns
Professor Längle beschäftigt sich mit den großen Themen des Lebens: Mit der Suche nach dem Sinn im Leben, mit der Frage, was Glück ist oder was eine erfüllte Existenz ausmacht. Der Existenzanalytiker war deswegen immer wieder mal Gast der „Focus“-Sendung – bei allen vier „Focus“-Gestaltern. Auch sein für das Jubiläum gewählter Vortragstitel passt wunderbar zu „Focus“ und den Themen fürs Leben: „Ein gutes Leben führen“.
Ein gutes Leben führen verlangt Aktivität, dass man sich einbringt, involviert. „In meinem Leben – und darum bin ich auf die Welt gekommen – geht es darum, dass ich tatsächlich vorkomme. Das stellt mich in den Mittelpunkt des Handelns, nicht des wichtig sein, aber des Handelns. Ich soll mein Leben führen“, sagt Professor Längle.
Was ist ein gutes Leben?
Aber was ist denn ein gutes Leben? Alfried Längle zitiert dazu Stefan Zweig, der einmal sagte: „Viele Menschen sind glücklich, aber die wenigsten wissen es.“ Längle meint: „Könnte es sein, dass mein Leben besser ist, als ich es mir vergegenwärtige, als ich mir dessen bewusst bin, dass das, was ich jetzt lebe, eigentlich gutes Leben ist?“
Mit der Existenz eines jeden einzelnen Menschen ist eine Riesenfrage verbunden: Nämlich die Frage: „Was machst du da?“ Oder viel mehr die Fragen: „Was braucht es von dir? Was kannst du beisteuern? Wo kannst du etwas Positives beitragen? Wo kannst du wirksam werden? Wo kannst du etwas anstoßen?“
Was will das Leben von mir?
Das Leben fragt uns an, sagt Professor Längle. Meistens geht der Mensch eher mit der umgekehrten Haltung ins Leben, eher mit dem egozentrischen Gedanken “Was bringts mir? Was habe ich davon?“. So wird es sich nicht ausgehen, dass das Leben sinnvoll wird, sagt Professor Längle. Daher solle man mal versuchen, diesem Denken eine Wende um 180 Grad zu geben und mal genau umgekehrt zu fragen: „Was will das Leben von mir?“
Um das herauszufinden, muss man auf seine Gefühle achten, auf das, was einem im Leben berührt. Dann ist es nährend fürs Leben, sagt Längle. Etwas Wertvolles sei deshalb wertvoll, weil wir es als nährend für das Leben empfinden.
Gestaltung des Spielraums
Bei all den Fragen, die das Leben an uns richtet, haben wir einen Spielraum, weil wir frei in unseren Entscheidungen sind. Es geht laut Längle darum, diesen Spielraum zu gestalten.
Sendungshinweis
„Focus“ – Themen fürs Leben bei ORF Radio Vorarlberg, 23. März 2024, 13.00 bis 14.00 Uhr
Menschsein heiße, in Frage zu stehen, angefragt zu sein. Aber das Entscheidende sei dann, nachdem man die Frage verstanden hat, welche Antwort man selbst darauf habe. Die sollte für einen passen, stimmig und authentisch sein, sagt Längle. Mit dieser inneren Zustimmung zu agieren, könne ein erfülltes Leben bedeuten – das tiefste Glück.
Zur Person
Prof. Dr. Dr. Alfried Längle ist Psychotherapeut, klinischer Psychologe, Arzt für Allgemeinmedizin und psychotherapeutische Medizin. Er ist Professor an verschiedenen Universitäten und Instituten im In- und Ausland. Alfried Längle war ein Jahrzehnt lang der engste Mitarbeiter von Viktor Frankl und hat ein wichtiges Porträt über ihn geschrieben. Längle hat die Existenzanalyse zur Psychotherapie mit staatlicher Anerkennung weiterentwickelt. 2006 wurde Alfried Längle mit dem Wissenschaftspreis des Landes Vorarlbergs ausgezeichnet.