Andreas Kruse
Philip Benjamin
Philip Benjamin
„Focus“

Zeit des Rückblicks und der Einsicht

Es ist nie zu spät, etwas Neues anzufangen und das Leben bis zum letzten Moment zu gestalten, sagt Professor Andreas Kruse. Er ist Psychologe, Gerontologe und Demograph und arbeitet als Professor auf Lebenszeit an der Universität Heidelberg. Dort war er auch bis 2021 Direktor des Instituts für Gerontologie.

Kruse verweist darauf, dass sich in der Alternsforschung viele empirische Belege für das gleichzeitige Auftreten von Verletzlichkeit (im körperlichen Bereich) und Reife (im seelischen und geistigen Bereich) finden lassen. Zum anderen können sich in der inneren Auseinandersetzung mit Verletzlichkeit Reifeschritte vollziehen.

In der antiken Philosophie – etwa bei Aristoteles- hieß es bereits, dass das Geistige über das Denken hinausgeht. Professor Andreas Kruse weist auf die Chance hin, dass sich das Geistige im ganzen Wesen des Menschen äußert. Dies müsse man erkennen und ansprechen. Die Entwicklung des Geistes hilft am Ende über die materielle Existenz hinauszutragen, meint Kruse.

Seelisch-geistige Existenz muss geschützt werden

Selbst stark demente Personen zeigen geistige und emotionale Klarheit, wenn man ihre „Insel des Selbst“ anspricht, wenn die Erinnerung an eine einstige Leidenschaft, ein Hobby aus dem früheren Leben wachgerufen wird. Die seelisch-geistige Existenz muss am Ende des Lebens geschützt werden, mahnt Professor Andreas Kruse von der Universität Heidelberg.

Sendungshinweis

„Focus“ – Themen fürs Leben bei ORF Radio Vorarlberg, 17. Februar 2024, 13.00 bis 14.00 Uhr

Professor Andreas Kruse spricht sich in diesem Vortrag, der beim Hospiz- und Palliativtag des Bildungshauses Batschuns im Kulturhaus in Dornbirn aufgezeichnet wurde, für einen Lebensrückblick aus. Ein solcher sei immer auch in die Zukunft gerichtet und er bietet- sagt der Psychologe, Gerontologe und Demograph – auch immer eine gute Möglichkeit ins Gespräch mit älteren Menschen zu kommen.

Er könne zudem dabei helfen etwa auch die eigene Schuld, die man im Leben angehäuft hat, zu reflektieren – um dann zur Erkenntnis zu kommen, dass das Leben, so wie es war, notwendig war, oder im besten Fall, dass es sogar ein gutes Leben war.