älteres Paar Nähe
IMAGO/Westend61
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„Focus“

Ulrich Schaffer: Sehnsucht nach Nähe

Weihnachten ist ein Fest, das wie kein zweites Sehnsucht erweckt. Niemand will es allein verbringen müssen – man wünscht sich bei seinen Liebsten zu sein. Der Schriftsteller, Poet und Fotograf Ulrich Schaffer spricht in „Focus“ über die Sehnsucht nach Nähe. Er ergründet generell Möglichkeiten, jemandem nahe zu sein.

Ulrich Schaffer ist Schriftsteller rund Fotograf. Er wanderte vor 70 Jahren als Zehnjähriger mit seinen Eltern nach Kanada aus. Seit 25 Jahren lebt er abgeschieden in Gibsons an der Pazifikküste. Er hat bisher über 200 Bücher und große Fotokalender veröffentlicht. Als Schriftsteller und Fotograf widmet er sich den großen Themen Spiritualität, Beziehung und Schönheit.

Vortrag in St. Arbogast
Aufgenommen wurde der Vortrag im Bildungshaus St. Arbogast.

Nähe zu Menschen aufbauen und leben

Schaffer spricht in der aktuellen „Focus“-Sendung über die Sehnsucht nach Nähe. Er ergründet generell Möglichkeiten, jemandem nahe zu sein. Er tut das ganz losgelöst von Weihnachten, er fasst den Begriff der Nähe sehr weit: Es muss nicht die Nähe des geliebten Menschen sein, der Partnerin oder des Partners, auch nicht die Nähe der Familie. Ulrich Schaffer zeigt auf, wie man Nähe zu jedem Menschen aufbauen und leben kann. Und er macht deutlich, dass es absolut wert ist, die Nähe zu suchen, sich nach Nähe zu sehnen.

Die Sehnsucht danach versteht Ulrich Schaffer als Lebenselixier, das hilft, nicht oberflächlich zu bleiben. „Die Sehnsucht nach mehr hält unser ganzes Leben offen. Darum ist sie auch nicht unbedingt zu stillen, sondern sie muss offengehalten werden, damit unser Leben sich immer weiter auftut“, sagt Ulrich Schaffer.

Ulricht Schaffer
privat
Ulrich Schaffer

Gefahren von Nähe

Der Schriftsteller und Fotograf sieht einige Gefahren für die Nähe, aber auch Gefahren, die die Nähe mit sich bringt: „Die Nähe ist charakterisiert durch eine ständige Veränderung und wir neigen dazu, alles, was gut ist, festzuhalten – und dann stirbt es. Meine Art, Nähe zu leben, muss sich daher auch verändern."

Die Gewöhnung an einen nahen Menschen kann sogar in Verachtung umschlagen, warnt Ulrich Schaffer. „Wo das Geheimnis aufhört, da hört die Nähe auf.“ Man kennt das: Wenn wir einem Menschen ganz nahe sind und glauben all seine Gewohnheiten zu kennen, dann geht uns jeder Tick, den ein Mensch hat, auf den Geist. Schaffer sagt: „Dann müssen wir an unserer Liebe arbeiten, damit diese größer ist als die Verachtung.“

Leben in der inneren Welt

Ulrich Schaffer weist darauf hin, dass wir eigentlich in einer inneren Welt leben. „Wir finden in der Liebe statt. Wie es uns in unserer Primärbeziehung geht, in der Liebe zu unserem Partner, das färbt unser ganzes Leben.“ Darauf zu achten, würde dem Menschen guttun, sagt er. In dieser inneren Welt zu leben, sei heute aber kaum mehr möglich – es widerspreche unserer Kultur.

Sehnsucht nach dem Unermesslichen

Aus der Sicht von Schriftsteller und Fotograf Schaffer kann die Nähe noch mehr: Sie sei wie ein Pfeil, der über sich hinausweist. Es gehe um das Eintreten in einen viel größeren Raum, in den wir eingebettet sind, erklärt Schaffer, in eine transzendente, in eine spirituelle Wirklichkeit.

„Das hört sich immer so hochtrabend an. Aber das ist es eigentlich gar nicht. Ich glaube, dass wir alle auch eine Sehnsucht nach dem Unermesslichen haben. Wir können das auch die Sehnsucht nach Gott nennen, die Sehnsucht nach einem tieferen Verständnis für die Welt. Es gibt viele Ausdrücke dafür, aber ich glaube, dass sie in uns allen existiert.“

Sendungshinweis: „Focus“, Radio Vorarlberg, 23.12.2023, 13.00 bis 14.00 Uhr

Gegen die Einsamkeit

Die Nähe zu suchen, einen anderen, unmittelbaren Umgang zu Menschen zu suchen und zu pflegen ist aus Sicht von Ulrich Schaffer auch notwendiger denn je. Denn die Einsamkeit ist laut Psychiater Manfred Spitzer die bedrohlichste Krankheit in den westlichen Ländern.

Ulrich Schaffer macht sich für eine nahbare Welt, einen intensiveren, verbindenden Umgang unter den Menschen stark. Abweisend wirkt die Welt ohnehin oft, da dürfe sich nicht obendrein noch Einsamkeit breit machen.

Gegen die Einsamkeit an Weihnachten

Für alle diejenigen, die sich am Weihnachtsfest einsam fühlen – vorarlberg.ORF.at hat einige Möglichkeiten zusammengestellt, wo man gemeinsam mit anderen Menschen Weihnachten feiern kann.