Auer Riet
ORF Vorarlberg
ORF Vorarlberg
Politik

Wallner wehrt sich gegen EU-Renaturierungsgesetz

Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) hat am Mittwoch im Landtag auf den offenen Brief der Naturschützer in Sachen Renaturierungsgesetz der EU reagiert. Er sieht die Verordnung als Eingriff in Vorarlberger Kompetenzen: „Wenn diese Verordnung in die Flächenwidmung des Landes eingreift, dann brauchen wir sie nicht.“

Wenn die Europäische Union meine, in die Raumplanung eingreifen zu müssen, dann greife die EU in die Kompetenzen des Vorarlberger Landtags ein, sagte Wallner am Mittwoch im Landtag. Die Raumordnung sei Sache Vorarlbergs und nur in Teilen Sache Österreichs, aber niemals Sache der Europäischen Union, so Wallner weiter. „Ich brauche nicht jemanden, der uns von außen erklärt, was wir in Vorarlberg zu renaturieren haben.“ Vorarlberg werde in den nächsten 30 Jahren mit „Rhesi“ eines der größten Renaturierungsprojekt Europas auf den Weg bringen.

Offener Brief von Umweltschützern an Wallner

Zehn Vorarlberger Natur- und Umwelt-Institutionen haben sich zuvor in einem offenen Brief an Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) gewandt. Sie forderten eine öffentliche Stellungnahme des Landes zum geplanten Renaturierungsgesetz der EU. Derzeit stellen sich die Bundesländer nämlich gegen eine Zustimmung Österreichs zu diesem Gesetz.

Bereits im März hätte im EU-Parlament über ein geplantes Renaturierungsgesetz abgestimmt werden sollen. Darin ist unter anderem vorgesehen, mehr Wälder aufzuforsten, Moore wieder zu bewässern oder Flüsse in ihren natürlichen Lauf zurückzuführen.

Diese Abstimmung wurde abgesagt, weil für eine qualifizierte Mehrheit noch die Stimme eines Landes fehlen würde – mehr dazu unter Geplante Abstimmung zu Renaturierungsgesetz abgesagt. Auch wenn Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) grundsätzlich hinter dem Gesetz steht, musste sich Österreich enthalten – aufgrund eines Beschlusses der Bundesländer.

Kritik der Bundesländer

Wenngleich auch die Länder betonen, dass Naturschutz und Biodiversität wichtig seien – sowohl die ÖVP – als auch die SPÖ-regierten Länder lehnen die Richtlinie in ihrer jetzigen Form ab. Unter anderem war von nicht realisierbaren Zielvorgaben des Gesetzes die Rede, sowohl was den Inhalt und den Zeitplan betreffe. Zudem gebe es noch viele ungeklärte Fragen, wie die der Entschädigungszahlungen.

Auch sei rechtlichen und fachlichen Bedenken nur bedingt Rechnung getragen worden. Die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) erklärte, die Renaturierungsrichtlinie bedrohe die Landwirtschaft in Österreich. Wenn produktive Ackerflächen stillgelegt würden, bedeute das auch weniger heimische Lebensmittelproduktion und mehr Import. Eine neuerliche Abstimmung auf EU-Ebene ist für den 17. Juni angesetzt.

Wissenschaft drängt zur Zustimmung

170 österreichische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie die Umweltschutzorganisation WWF hatten bereits im April die österreichischen Landeshauptleute dazu aufgerufen, der Blockade seitens der Bundesländer für die Zustimmung Österreichs zum EU-Renaturierungsgesetz ein Ende zu setzen – mehr dazu in: Wissenschaft drängt zu Renaturierungsgesetz (science.ORF.at).

Nun haben sich zehn Vorarlberger Natur- und Umwelt-Institutionen ebenfalls in einem offenen Brief direkt an Landeshauptmann Wallner gewandt, mit der Forderung einer öffentlichen Stellungnahme. „Uns interessiert auch sehr, wie die Stellungnahme des Landes zu diesem Gesetz aussieht und wie diese intern zustande gekommen ist, auch wie die Stellungnahmen einzelner Abteilungen dazu lauten“, heißt es in dem offenen Brief.

Naturschützer: Auch in Österreich Handlungsbedarf

„Aus unserer Sicht ist dieses Gesetz jedenfalls ein entscheidender Schritt zur Erhaltung und Wiederherstellung europäischer Naturwerte und der immens wichtigen Ökodienstleistungen – auch in Österreich gibt es dazu ausreichend Handlungsbedarf, wie von Wissenschaft und Umweltorganisationen immer wieder aufgezeigt wurde“, heißt es in dem Brief der Vorarlberger Naturschutz-Organisationen weiter.

Wallner solle sich dafür einsetzen, dass Österreich diesem Gesetz zustimme. „Auch wenn es im Detail noch Herausforderungen geben mag, ist es eine riesige Chance, unsere Biodiversität zu erhalten“, so die Naturschutz-Organisationen. „Angesichts der Biodiversitätskrise und des Klimawandels fänden wir es jedenfalls ausgesprochen tragisch, dass diese Chance für den europäischen Naturschutz ausgerechnet durch Österreich und durch Vorarlberger Mitwirkung vertan würde.“

EU: 80 Prozent der Lebensräume in schlechtem Zustand

Laut EU sind mehr als 80 Prozent der Lebensräume in Europa in einem schlechten Zustand. Durch das Gesetz soll sich die Natur erholen können. Bis 2030 sollen mindestens 20 Prozent der Land- und Meeresflächen der EU sowie bis 2050 alle Ökosysteme abgedeckt sein, die einer Renaturierung bedürfen. Dazu gehört unter anderem, mehr Wälder aufzuforsten, Moore wieder zu bewässern oder Flüsse in ihren natürlichen Verlauf rückzubauen.