Die Insel Reichenau mit ihren knapp über 3.000 Einwohnern ist seit dem Jahr 2000 UNESCO-Weltkulturerbe. Das betrifft nicht nur historische Gebäude, Kirche und Klöster oder andere Kulturschätze, sondern auch den Lebensraum und die Traditionen der Menschen. Die große Landesausstellung Baden-Württembergs bringt aber für einmal ganz besondere Schätze, die auf der 1.300 Jahre alten Klosterinsel entstanden sind, an zwei zentralen Orten zusammen.
Große Landesausstellung
noch bis 20. Oktober 2024 im Archäologischen Landesmuseum Baden-Württemberg in Konstanz und an den historischen Originalschauplätzen auf der Klosterinsel Reichenau
Kulturhistorische Kostbarkeiten
Zum einen werden die frisch restaurierten Reliquienschreine im Münster für Besucher zu sehen sein, erklärt Restauratorin Katrin Hubert: „Der Felix-Regula-Schrein, der die Stadtheiligen von Zürich enthält und auch noch weitere Reliquien, geht hier noch dreimal im Jahr auf die Prozession. Er ist bestechend in seiner Architekturform mit Wasserspeier-Drachen und besonders bemerkenswert ist, wie fein ausgeführt die Silbertreibarbeiten gemacht sind.“
Berühmte Bücherschätze aus dem Mittelalter
Unweit der Insel, im Archäologischen Museum Konstanz, sind weitere mittelalterliche Kostbarkeiten zu sehen. Allen voran die Bücher der Reichenau, die längst über ganz Europa verteilt für Aufsehen sorgen und hier für sechs Monate lang zusammengetragen wurden. „Die Bücher der Reichenau zeichnen sich vor allen Dingen durch ihre sehr bunte und reichhaltige Buchmalerei aus“, erklärt Marvin Gedigk, wissenschaftlicher Mitarbeiter Ausstellung.
„Wir sehen hier einen großen Reichtum an verschiedenen Formen und auch figürlichen Darstellungen, was von einer außerordentlichen Kunstfertigkeit am Bodensee, konkret auf der Klosterinsel Reichenau zeugt“, führt Gedigk aus: „Diese Handschriften sind eben nicht für die Klosterinsel Reichenau entstanden, sondern waren meist Auftragsarbeiten oder auch Geschenke an hochrangige Personen, an Erzbischöfe, Kaiser und Könige, die das ja auch wertzuschätzen wussten.“
1.300 Jahre Klosterinsel Reichenau
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Kloster hatte große Bedeutung für die Herrschenden
Das Reichenauer Kloster war nicht nur kulturell, sondern auch politisch enorm wichtig. Kaiser Karl III. liegt hier etwa begraben. Für die Karolinger generell waren die Klöster bzw. deren Äbte als Wissensvermittler und auch als Unterstützer von zentraler Bedeutung, sagt Eckart Köhne, der Direktor des Badischen Landesmuseums: „Man hat schon damals akzeptiert, dass man als Herrschender, als weltlicher Fürst nicht immer so ganz gottgefällig leben kann.“
Obwohl dieser Umstand irgendwie akzeptiert wurde, musste man dennoch versuchen, das Himmelreich zu erringen, also die Gnade in Gott zu finden: „Und da brauchte man jemanden, der für einen betet, wenn man das schon selber nicht so richtig konnte. Und das war die Kernaufgabe der Klöster. Die sollten mit dem Gebet für die anderen Gläubigen, aber natürlich für die Stifter des Klosters in besonderer Weise darauf hinarbeiten, dass dieses Seelenheil erreicht wurde.“
Spiritueller Ort und politischer Experimentierkosmos
Auf der Reichenau sind die Benediktiner seit 1.300 Jahren nicht wegzudenken. Heute existiert wieder eine kleine Zelle, die sich im täglichen öffentlichen Gebet mit den Menschen austauscht. Und schließlich ist die Reichenau nicht nur ein historisch interessanter Ort, sondern auch für die aktuelle politische Entwicklung so etwas wie ein Experimentierkosmos, meint der Reichenauer Bürgermeister Wolfgang Zoll.
Man ist zum Konsens verpflichtet, verdeutlicht der Bürgermeister: „In einer Gemeinde wie der Reichenau, insbesondere auf der Insel, auch wenn man unterschiedliche Ansätze verfolgt und unterschiedliche Interessen hat, muss man sich verständigen. Diese Herstellung eines Konsenses ist Hauptaufgabe der bürgerlichen Gemeinde. Unsere Verpflichtung ist, auch das Welterbe zu erhalten. Und ich denke, man kann hier im Modell lernen, was gesamtgesellschaftlich auch von Bedeutung ist.“