Radio-Vorarlberg-Diskussion über Zivildienst

Rot-Kreuz-Landesdirektor Roland Gozzi von der Plattform „Vorarlberg für Wehrpflicht und Zivildienst“ und Thomas Spöttl von der Berufsheer-Initiative „Unser Heer“ verdeutlichten in einer Radio-Vorarlberg-Diskussion ihre Standpunkte zum Zivildienst und möglichen Alternativen.

Die Berufsheer-Befürworter wollen den Zivildienst durch ein bezahltes, freiwilliges soziales Jahr ersetzen. Die Wehrpflicht-Befürworter wollen an der Verpflichtung festhalten, als Alternative zum Dienst mit der Waffe den Zivildienst zu absolvieren. Zudem solle der Zivildienst auch für Frauen geöffnet werden. Nur so sei der hohe Standard in Behinderten- und Altenbetreuung, aber auch im Rettungswesen garantiert. Die Berufsheer-Befürworter bezweifeln das.

Radio Vorarlberg hat Vertreter beider Seiten zur Diskussion eingeladen. Unter Moderation von ORF-Redakteur Erik Sandner legten der Feldkircher Jurist Thomas Spöttl von der Berufsheer-Initiative „Unser Heer“ und der Landesdirektor des Roten Kreuzes, Roland Gozzi, von der Plattform „Vorarlberg für Wehrpflicht und Zivildienst“ ihre Standpunkte zum Thema dar.

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Audio: Radio-Vorarlberg-Diskussion mit Roland Gozzi und Thomas Spöttl, moderiert von ORF-Redakteur Erik Sandner

Einigkeit über breitere Öffnung des Zivildienstes

Einig waren sich Gozzi und Spöttl darüber, dass es eine breitere Öffnung des Zivildienstes brauche. Gozzi ist der Meinung, dass jeder Vorschlag, der mehr Menschen und vor allem auch Frauen die Möglichkeit zu bezahltem sozialem Engagement gebe, sei zu begrüßen. Das Rote Kreuz in Vorarlberg habe mittlerweile einen Fraueantanteil von 40 Prozent.

Thomas Spöttl

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Thomas Spöttl.

Thomas Spöttl von der Berufsheer-Plattform „Unser Heer“ sagte, der Vorschlag der Grünen, den Zivildienst und das bestehende freiwillige soziale Jahr zu einer neuen Form des freiwilligen, bezahlten Zivildienstes zusammenzufassen, decke sich mit den SPÖ-Vorstellungen. Dabei hätten auch ältere Menschen die Gelegenheit, sich beruflich neu zu orientieren.

Spöttl: Zivildienst als „Zwangsarbeit“

Gegen die Beibehaltung des Zivildienstes spricht laut Spöttl, dass dieser als Zwangsarbeit, die mit großen Einschnitten verbunden sei, anzusehen sei. Junge Männer würden unter Androhung strenger Strafen zu Arbeiten gezwungen, für die sie sich nicht freiwillig zur Verfügung stellen würden. Das greife in die Souveränität des Einzelnen ein. Zudem erkenne er keinen Zusammenhang zwischen Solidarität der Gesellschaft gegenüber und Zwangsverpflichtung, so Spöttl.

Gozzi: Erster Schritt zu späterem Engagement

Gozzi befürchtet zwar nicht, dass die Freiwilligenarbeit durch den Wegfall des Zivildienstes Schiffbruch erleiden würde. Jedoch biete der Zivildienst jungen Menschen die Möglichkeit, Organisationen aus dem Sozialbereich kennenzulernen.

Roland Gozzi

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Roland Gozzi.

Fast jeder zweite Zivildiener bleibe dem Roten Kreuz auch danach noch erhalten. Eine Umfrage unter 1.300 Zivildienern vom vorigen Jahr habe zudem ergeben, dass sich 90 Prozent der Befragten nur wegen der Zivildienstverpflichtung für den Rettungsdienst gemeldet haben. Die Arbeit selbst sei dann aber von 87 Prozent als sinnvoll erachtet worden, wie aus der Umfrage hervorgehe. Das spreche dafür, dass über den Zivildienst Menschen dazu bewegt werden können, im Sozialbereich tätig zu sein, so Gozzi. Ohne Verpflichtung hingegen würden die jungen Menschen hingegen wohl gleich ins Berufsleben einsteigen oder sich anderweitig orientieren.

Spöttl argumentierte, dass es auch beim freiwilligen sozialen Jahr die Gelegenheit gebe, Organisationen kennenzulernen und sich umzuorientieren. Jedoch stünde diese Möglichkeit auch Frauen offen und sei würde zudem bezahlt.

Spöttl zu Kosten: Verdienstentgang nicht einberechnet

Zu den Mehrkosten von geschätzten 70 Mio. Euro, die das freiwillige soziale Jahr bringen würde, erklärte Spöttl, dass dabei der Verdienstentgang der Wehr- und Zivildienstpflichtigen nicht berücksichtigt würde. Beim freiwilligen sozialen Jahr käme man, so sei er überzeugt, nicht teurer, wenn man eben dies mit einberechne.

Gozzi: Erst Vorarbeiten erledigen

Nach Ansicht von Gozzi gibt es beim freiwilligen sozialen Jahr noch zu viele Unsicherheiten. Es gelte, erst alle Vorarbeiten zu erledigen und dann über die Sache zu reden anstatt die Bevölkerung über etwas abstimmen zu lassen, das noch „im Dunkeln“ läge.

Spöttl: Missbrauch von Leistungen

Spöttl argumentierte, dass es häufig zu Missbrauch von Dienstleistungen komme, weil man der Ansicht sei, Zivildiener kosten nichts. Zum Beispiel würden etwa Krankentransporte unnötigerweise bestellt: 10.000 Fahrten seien entbehrlich. Man käme dabei mit weniger Personal, das das auf freiwilliger Basis mache und besser ausgebildet sei, gleich gut oder besser aus, so Spöttl. Gozzi entgegnete dem, dass vom Arzt verordnete Krankentransporte ausgeführt werden müssen. Zivildiener würden dabei das gesamte Gesundheits- und Sozialsystem entlasten. Spöttl entgegnete dem, dass der Hauptnutznießer in diesem Bereich das Rote Kreuz und die Trägerorganisationen seien, die sich Lohnkosten ersparen würden.

Prognose zur Volksbefragung

Spöttl zeigte sich überzeugt, dass die Vorarlberger am 20. Jänner sich mehrheitlich für die Wehrpflicht aussprechen. Auf Bundesebene, so glaubt er, könnte es umgekehrt sein.

Gozzi schätzt, dass in Vorarlberg, Tirol, Salzburg und Niederösterreich eher für die Wehrpflicht gestimmt wird. In anderen Bundesländer könnte es hingegen „sehr knapp“ werden, so Gozzi. Er rechne mit einer geringen Beteiligung an der Volksbefragung.

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