Mehr Geld für Gerichtspsychiater

Die Justiz lenkt im Gutachter-Streit ein. Laut Landesgerichtspräsident Heinz Bildstein sollen die Honorare für Gerichtspsychiater deutlich erhöht werden. Grund für das Einlenken - es mangelt an Gerichtspsychiatern.

In Vorarlberg mangelt es an Gerichtspsychiatern. Der Präsident des Landesgerichts Heinz Bildstein befürchtet, dass sich dadurch in den kommenden Jahren Gerichtsverfahren weiter verzögern. Schließlich ist die anfallende Arbeit enorm: Die derzeit nur noch sechs psychiatrischen Sachverständigen müssen pro Jahr im Auftrag der Justiz bis zu 620 Expertisen erstellen. Als Hauptursache für die fehlenden Gerichts-Psychiater wird die vor allem schlechte Bezahlung genannt. Hier zeichnet sich jetzt aber eine Änderung ab.

Ministerium stellt Tariferhöhung in Aussicht

Der zuständige Vertreter des Justizministerium hat laut Landesgerichtspräsident Heinz Bildstein während der gestern Abend zu Ende gegangenen Tagung der Landesgerichtspräsidenten in Wels endlich eine Erhöhung der Tarife für Gerichtspsychiater in Aussicht gestellt. Bildstein hofft, dass dadurch der Gutachter-Mangel in Vorarlberg wenigstens abgemildert, wenn nicht sogar behoben werden kann.

Mangel an Gerichtspsychiatern in Vorarlberg

Wie berichtet, drohen der Vorarlberger Justiz schon in vier Jahren die psychiatrischen Gutachter abhanden zu kommen. Derzeit sind nur noch sechs Sachverständige tätig, der jüngste ist bereits 61 Jahre alt. Laut eigenen Angaben erstellen diese pro Jahr 620 Expertisen im Auftrag des Landes- und der Bezirksgerichte: Helmut Klien (Dornbirn) an die 160, Walter Kovacsovics (Rankweil) bis zu 70, Othmar Mäser (Feldkirch) etwa 100, Franz Riedl (Bregenz) bis zu 130, Thomas Seifert (Hohenems) an die 80 und Reinhard Haller (Frastanz) bis zu 80.

Geringe Honorierung für Gutachten

Als Hauptursache für den eklatanten Nachwuchsmangel nennen die Sachverständigen die Honorierung für die vom Gericht beauftragten Expertisen: Für ein normales Gutachten, für das die Vorarlberger Sachverständigen eigenen Angaben zufolge zwischen zwei und vier Stunden Arbeitszeit aufwenden, erhalten sie pauschal 116 Euro netto, für eine komplexe Expertise, die Dutzende Stunden dauern kann, gibt es 195 Euro. Mit kleinen Zulagen wie beispielsweise der zeitlichen Abgeltung für die Gutachtenserörterung während der Gerichtsverhandlung, Spesenabrechnungen und der gesetzlichen Umsatzsteuer ist das Bruttohonorar knapp das Doppelte des Nettobetrags.

Zum Vergleich: Psychologen und andere Gutachter können in Österreich ihren normalen Stundensatz verrechnen und erhalten pro Gutachten oft über 1.000 Euro netto. In Deutschland und der Schweiz können die Gerichtspsychiater anders als in Österreich ebenfalls ihren normalen Stundensatz verrechnen und erhalten laut Othmar Mäser pro Gutachten zwischen 2000 Euro und 3000 Franken.

Gutachterei in Zivilprozessen kostendeckend

Freilich: Bei Expertisen für Zivilprozesse – ob vom Gericht beauftragt oder von der klagenden respektive beklagten Partei als Privat-Gutachter beigezogen – kann auch ein Psychiater seinen normalen Stundensatz in Rechnung stellen. Dies wird aber – anders als bei den vom Gericht beauftragten Gutachter beispielsweise zur Feststellung der Zurechnungsfähigkeit in Strafprozessen oder der Geschäftsfähigkeit in Sachwalterangelegenheiten – nicht von der Justiz und damit der öffentlichen Hand, sondern von jener Partei bezahlt, die den Zivilprozess verliert. Es sei denn, die betroffene Partei erhält Verfahrenshilfe.

In solchen Zivilfällen sei die Gutachterei für die Psychiater durchaus kostendeckend, doch fallen laut Helmut Klien wesentlich weniger solcher Zivilgerichts-Gutachten an – er selbst macht hier etwa 50 pro Jahr, im Vergleich zu rund 160 Expertisen, die er im Auftrag der Gerichte anfertigt.

Werbekampagne starten

Entscheidend für den Nachwuchs seien laut den Gutachtern aber die Tarife für die vom Gericht beauftragten Gutachten. Wie hoch die bei der Landesgerichtspräsidenten-Tagung seitens der Justiz in Aussicht gestellten Honorare sein werden, weiß Bildstein zwar nicht. Er ist aber zuversichtlich, dadurch wieder Nachwuchs zu finden. Vorarlbergs Justiz wird laut Bildstein, vermutlich gemeinsam mit der Ärztekammer, jedenfalls eine entsprechende Werbekampagne starten.

Bis dahin freilich hätte der heute schon eklatante Mangel an Gerichtspsychiatern negative Auswirkungen auf die Arbeit der Gerichte: „Einige Verfahren dauern wegen dieses Mangels heute schon länger als sie sollten und ich befürchte, dass sich diese Situation in nächster Zukunft weiter verschlechtern wird.“ Zumindest so lange, bis die Justiz ihr angekündigtes neues und – laut Bildstein „hoffentlich ausreichendes“ – Tarifmodell bis zur Gültigkeit umgesetzt haben wird.

Andreas Feiertag, ORF Vorarlberg

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