Nach Bericht: Zank um Prüfkompetenz

Nach dem Bericht über Missstände in Vorarlberger Betreuungseinrichtungen bahnt sich ein Konflikt zwischen Land und Landesvolksanwaltschaft an. Letztere beklagt mangelnde Kontrollmöglichkeiten, beim Land stellt man diese Notwendigkeit in Frage.

Bei allen punktuell aufgezeigten Missständen darf man laut Sandra Wehinger, Leiterin der damaligen Prüfungskommission, das gewonnene Gesamtbild nicht aus den Augen lassen: „Ich bin davon überzeugt, dass wir in Vorarlberg einen sehr hohen Standard haben, was die Unterbringung von Klienten/Klientinnen betrifft.“

Dennoch gebe es zwei strukturelle Probleme in allen Einrichtungen: Einerseits habe sich anlässlich der Überprüfung gezeigt, „dass gerade im Pflegebereich die hohen Personalanforderungen nicht erfüllt wurden.“ Vielfach seien Pflege- und Betreuungstätigkeiten von nicht qualifiziertem Personal durchgeführt worden.

Die für Pflegeheime zuständige Landesrätin Katharina Wiesflecker (Grüne) weist den Vorwurf, die Zahl der Pflegekräfte liege unter dem gesetzlichen Mindestschlüssel, zurück. Die Erhebung des Schlüssels sei nicht einfach und zudem mit einer Stichtagsregelung verbunden und „muss in Korrelation mit der Ergebnisqualität betrachtet werden“. Eine angemessene Pflege sei auf alle Fälle sichergestellt.

Einrichtungen kooperativ

In Einzelfällen kam es auch zu Verletzungen der Privat- und Intimsphäre, mangelnder Dokumentation von Gewaltvorfällen, Verabreichung abgelaufener Medikamente, und in einem Fall wurde auch ein sexueller Missbrauch von der Heimleitung nicht angezeigt - mehr dazu in Missstände bei Betreuung behinderter Menschen.

Die betroffenen Einrichtungen hätten sich sehr kooperativ gezeigt. Wehinger geht deswegen davon aus, dass sie die unterbreiteten Verbesserungsvorschläge auch umgesetzt haben. Landesvolksanwalt Florian Bachmayr-Heyda ist sich da nicht so sicher, bisher habe es „keine strukturierte Nachkontrolle gegeben. Es weiß niemand, ob die Empfehlungen tatsächlich alle umgesetzt worden sind.“ In der Vergangenheit hätten dafür die Mittel gefehlt.

Wiesflecker kündigt Lösung an

Das Jahresbudget für die fünfköpfige Kommission beträgt laut Bachmayr-Heyda nur 50.000 Euro, die Prüfung einer Einrichtung kostet 10.000 Euro. Damit brauche es bis zu 15 Jahre, um alle 50 Pflegeheime und Dutzende weitere Betreuungseinrichtungen wenigstens einmal zu prüfen. An Nachkontrollen sei gar nicht zu denken, so Bachmayr-Heyda.

Laut Wiesflecker gibt es tatsächlich Unklarheiten, wer was nachprüft, doch würden auch der Bund und das Land immer wieder prüfen. Dass die Volksanwaltschaft auch die Nachprüfungen durchführen soll, stellt sie überhaupt in Frage. Wiesflecker will aber bald eine Lösung finden.

Leitfaden seit Monaten angekündigt

Der Bericht über Pflege- und Behinderteneinrichtungen dokumentiert auch einen sexuellen Missbrauch durch einen Pflegeheim-Mitarbeiter. In diesem Fall gab es seitens der Heimleitung weder eine Anzeige noch wurden die Angehörigen verständigt. Als Grund wird Überforderung und juristische Unkenntnis vermutet.

Wiesflecker hat laut Landesvolksanwalt Florian Bachmayr-Heyda daher schon vor Monaten versprochen, für die Einrichtungen einen Leitfaden erarbeiten zu lassen, eine Handlungsanleitung für solche Vorfälle. Doch passiert sei bis heute gar nichts.

Das muss auch Wiesflecker bestätigen - sie habe die Einrichtung einer entsprechenden Arbeitsgruppe in Auftrag gegeben und sei nun selbst verwundert, dass diese noch nicht getagt habe. Sie werde sich dieser Sache aber umgehend annehmen.