Sprachförderung: Appell an Eltern

Nach dem schlechten Abschneiden der Vorarlberger Viertklässler bei den jüngsten Tests soll der Deutschunterricht in den Volksschulen stärker kontrolliert werden. Außerdem wird die frühe Sprachförderung intensiviert - und auch an die Eltern wird appelliert.

Über 3.700 Vorarlberger Schüler haben den Test absolviert, in dem verschiedene Fähigkeiten wie Lesen, Schreiben und Textverständnis überprüft wurden. Das sind 90 Prozent der Vorarlberger Viertklässler. Das ernüchternde Ergebnis: Vorarlberg kommt gemeinsam mit Wien auf dem letzten Platz.

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Lese- und Schreibschwächen: Was tun?

Nicolas und Esra (Schüler); B. Mennel (ÖVP-Landesrätin), K. Engstler (Pflichtschul-Landesinspektorin), B. Jagg (Direktor der VS Bregenz-Schendlingen)

40 Prozent der Viertklässler erreichen hierzulande die Lernziele beim Lesen nicht oder nur teilweise. Beim Schreiben sieht es noch schlechter aus: Über die Hälfte der Kinder erreicht hier die Lernziele nicht. Bei 600 Kindern (ca. 16 Prozent) wird die schulischen Laufbahn gar als massiv gefährdet eingestuft - mehr dazu in: Deutschtest: Vorarlbergs Viertklässler Schlusslicht.

Bildungsferne Schichten stärker betroffen

Unter anderem brachte die Überprüfung ans Tageslicht, dass die Unterschiede zwischen den Ergebnissen von Kindern mit und ohne Migrationshintergrund teilweise groß sind. Dasselbe stellte sich heraus beim Vergleich von Kindern aus bildungsfernen Schichten mit Kindern aus bildungsaffinen Elternhäusern. Die Heranwachsenden aus bildungsfernen Haushalten lagen im Lesen bis zu drei Lernjahre hinter den Schülern aus akademischen Haushalten zurück.

Mennel: Sprachförderung intensiviert

Die Ergebnisse des Deutschtests seien alles andere als erfreulich, so Schul-Landesrätin Bernadette Mennel (ÖVP). Ziel der Volksschulen müsse es sein, die Kernkompetenzen der Schüler - also Lesen, Schreiben und Rechnen - zu stärken.Das Land setze eine Reihe von Maßnahmen, mit dem der „gesamte Bildungsbogen im Auge behalten“ werde, so Mennel. Das beginne in der Frühpädagogik mit intensiver Sprachförderung, die man auch jetzt noch einmal intensiviert habe.

Engstler: „Bildungssprache“ statt Dialekt

Die Landesschulinspektorin für Pflichtschulen, Karin Engstler, betont, dass der Deutschunterricht in den Volksschulen künftig stärker kontrolliert werde. „Wir wollen die Ergebnisse nicht beschönigen. Das ist für uns ein klarer Auftrag, noch genauer hinzuschauen, auch was den Gebrauch der deutschen Sprache im Unterricht angeht“, so Engstler, „es ist uns ein großes Anliegen, dass in der Schule die `Bildungssprache´ gesprochen wird und nicht Dialekt.“

Direktor nimmt Eltern in die Pflicht

Jürgen Sprickler, Direktor an der Volksschule Dornbirn-Haselstauden, nimmt auch die Eltern in die Pflicht. Aus dem Elternhaus komme oft zu wenig Unterstützung was zum Beispiel das Lesen von Büchern in der Freizeit betrifft. Vor allem auf Kinder mit Migrationshintergrund oder aus bildungsfernen Haushalten wirke sich das erschwerend aus, so Sprickler. Dem stimmten auch Bernadette Mennel und Karin Engstler zu.

Auch Bruno Jagg, Direktor der Volksschule Bregenz-Schendlingen, schlägt in dieselbe Kerbe. Immer mehr Eltern würden sich von der Schule entfernen. Kinder hätten zu Hause oft keine Unterstützung beim Lernen, Lesen und Hausaufgaben machen.

Frühstück schlägt „Task Force“ vor

ÖVP-Klubobmann Roland Frühstück fordert in einer Aussendung die Bildung einer „Task Force“, in der sich Experten und Bildungspolitiker intensiv mit der Problematik auseinander setzen. Von einer „Task Force“ möchte Mennel nicht sprechen, aber man werde demnächst gemeinsam mit dem Bundesinstitut für Bildungsforschung die Ergebnisse genau analysieren und dann die nächsten Schritte setzen.

Grüne: Reformstau im Bildungssystem

Auch die Bildungssprecher anderer Parteien drängen angesichts dieser Ergebnisse vor allem auf die Verbesserung der Frühförderung. So fordert Grünen-Bildungssprecher Daniel Zadra erneut den Ausbau der Ganztagsschulen und Investitionen in die frühe Sprachförderung vor Schuleintritt. Die Ergebnisse würden jedenfalls den Reformstau im Bildungssystem deutlich machen, so Zadra.

SPÖ: Kleinkind-Betreuung zu teuer

Auch SPÖ-Bildungssprecherin Gabi Sprickler-Falschlunger drängt nach den Ergebnissen der Bildungstests darauf, verstärkt auf Frühförderung zu setzten. Solange in Vorarlberg allerdings die Kleinkind-Betreuung so teuer sei wie derzeit, bleibe Kindern einkommensschwacher Eltern die Türe dazu verschlossen, so Sprickler-Falschlunger. Daher müsse das Angebot kostenfrei sein und ausgebaut werden.

NEOS: Auf die Drei- bis Neunjährigen konzentrieren

NEOS-Bildungssprecherin Martina Pointner wertet die schlechten schulischen Leistungen als Alarmsignal. Zwar investiere das Land durchaus ansehliche Mittel in die Volksschulen - offenbar komme dieses Geld aber nicht bei den Schülern an, kritisiert Pointner. Statt über die Schule der 10- bis 14-Jährigen zu lamentieren, solle man sich endlich auf die drei- bis Neunjährigen konzentrieren, denn bei ihnen würden die Grundsteine gelegt.

FPÖ: Verstärkte Investitionen in Frühpädagogik

Für FPÖ-Bildungssprecher Christoph Waibel zeigen die Bildungsstandards die Bedeutung der sprachlichen Frühförderung deutlich auf. Die Ergebnisse seien aus Vorarlberger Sicht niederschmetternd - verstärkte Investitionen in die Frühpädagogik, die sprachliche Frühförderung in den Schuleingangsbereich seien ein Muss. Denn dort werde letztendlich das Fundament für eine erfolgreiche Bildungskarriere gelegt, so Waibel. Die ÖVP sei daher angehalten, in diesem Bereich noch konsequenter Akzente zu setzen und nicht immer nur Task-Forces einzurichten.