Schatz: „Wildfreie Alpen nicht überall nötig“

Für den Wildbiologen des Landes, Hubert Schatz, ist die Totalbejagung in den TBC-Kernzonen nötig. Die Alpen aber generell möglichst wildfrei zu machen sei überzogen - in gefährdeten Gebieten sollten die Älpler vielmehr darauf verzichten, gewisse Flächen zu bewirtschaften.

Selten treten Nutzungskonflikte in der Natur so deutlich zutage wie bei der Rinder-Tuberkulose. Dutzende Stück Vieh mussten schon gekeult werden, für die Bauern ist klar: Schuld an ihren finanziellen Einbußen ist der überhöhte Wildbestand. Leergeschossene Jagdreviere bedeuten aber weniger Pacht für die Jagd. Es gibt auch die Forderung der Älpler, den Wildbestand auf Alpen drastisch zu reduzieren, um den bevorstehenden Alpsommer nicht zum Russischen Roulette für die Viehbauern zu machen. Mehr dazu in TBC: Stärkere Bejagung vor Alpsommer gefordert.

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Wild nicht von Freiflächen vertreiben

Man wisse nicht genau, wo das Rotwild den Erreger seinerzeit aufgenommen habe, sagt Wildbiologe Schatz. Hohe Wilddichten begünstigten die Übertragung auf das Vieh, die Totalbejagung in den TBC-Kerngebieten Silbertal und Klostertal sei daher richtig, sagt Schatz, auch wenn das ihm als Anwalt des Wildes „große Schmerzen mache“. Weh täten ihm sowohl die Tatsache an sich als auch die Form, aber außergewöhnliche Situationen würden außergewöhnliche Maßnahmen erfordern.

Mit der Forderung der Älpler, die Alpen möglichst wildfrei zu halten, um den Alpsommer nicht zu gefährden, kann Schatz aber wenig anfangen, jedenfalls nicht außerhalb der TBC-Kernzonen. Das Wild von den Freiflächen zu vertreiben, würde völlig dem Grundsatz der vergangenen Jahre widersprechen, den Wald zu entlasten und dem Wild seinen natürlichen arttypischen Lebensraum zu geben. Den Bestand insgesamt zu reduzieren sei richtig, in der räumlichen Verteilung sei es aber wichtig, dem Wild seinen natürlichen Lebensraum zu lassen, und da seien im Sommer die Hochlagen ganz wichtig.

Moosbrugger fordert neue Strategie

Landwirtschaftskammerpräsident Josef Moosbrugger kann damit nichts anfangen. In der Alpzeit habe das Rotwild auf beweideten Flächen nichts verloren, Sicherheit habe Vorrang, so Moosbrugger. Wenn das Vieh nicht mehr auf die Alpen gebracht werde, sei nicht nur die landwirtschaftliche, sondern auch die toruistische Nutzung der Alpen gefährdet. Moosbrugger fordert, die Rotwild-Bewirtschaftungsstrategie des Landes aufgrund der TBC-Erfahrungen auf neue Beine zu stellen, der Wildbestand müsse auch außerhalb der TBC-Zonen verringert werden.

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Kuh oder Reh, das ist die Frage

Im Beitrag von Jürgen Sebö, Holger Weitze und Bernhard Torghele sehen Sie Hubert Schatz.

„Absprache zwischen Alpen und Jagd wichtig“

Damit das Ansteckungsrisiko für das Alpvieh verringert werden kann, ist es für Schatz wichtig, dass die Lage überwacht und sowohl Wild als auch Vieh laufend beprobt werden. Wenn es neue Entwicklungen gebe, müsse man über neue Maßnahmen nachdenken, derzeit sei es aber „unsinnig“, die Alpen von Wild freihalten zu wollen. Wichtig sei hingegen eine genaue Absprache zwischen Älplern und Jägern, man könnte etwa überlegen, bestimmte Gebiete, wo das Rotwild sich sehr gern aufhalte, vorerst nicht zu beweiden und sie durch andere Gebiete zu ersetzen.

„Kühlen Kopf bewahren“

Generell sei es aus Schatz’ Sicht sehr wichtig, kühlen Kopf zu bewahren und mit Hausverstand zu handeln, nicht aus Einzelfällen Dramen zu machen. Das Rinder-TBC werde uns noch länger begleiten, weil es eine Krankheit sei, die langsam komme und langsam gehe. Man müsse gegensteuern und wo nötig auch stärkere Maßnahmen ergreifen. Jetzt aber entweder das Wild ganz aus den Alpgebieten zu vertreiben oder die Alpen gar nicht mehr zu bewirtschaften, wäre seiner Ansicht nach völlig überzogen.

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